Ennepetal. Die Gaststätte „Zur Bummel“ war im Ennepetaler Ortsteil Voerde lange Zeit eine Institution. Nun wird das Haus an der Bergstraße abgerissen.
Nach und nach verschwindet in diesen Tagen ein Stück Voerder Geschichte. Die ehemalige Gaststätte „Zur Bummel“ an der Bergstraße wird abgerissen. An der Stelle soll ein Mehrfamilienhaus neu gebaut werden.
Für Ingold Schneider ist es ein besonders trauriger Anblick. Einige Jahre lang führte sie (damals hieß sie Ingold Kranz) mit ihrem früh verstorbenen Mann Hartmut Kranz die traditionsreiche Gaststätte. „Das waren schöne Zeiten“, sagt Ingold Schneider gegenüber dieser Zeitung. Sie hatte die „Bummel“ 1986 mit ihrem Mann übernommen und bis 1993 geführt.
Lange Heimat der Voerder Schützen
Lange Zeit hatte dort der Voerder Schützenverein seine Heimat, der Heimatverein Voerde wurde dort unter Federführung von Gerd Himmen gegründet. Der hatte dort auch das Grünkohlessen initiiert. „Beim ersten Mal hatte er 60 Leute angemeldet, es kamen aber nur 30“, so Ingold Kranz. Die Stammgäste und Besucher der Kegelbahnen hätten darauf hin eine Woche lang Grünkohl essen müssen. Am Ende seien zu dem Essen bis zu 140 Gäste gekommen, so Ingold Schneider, was die Kapazitätsgrenze des großen Saals schon gesprengt habe.
Mehrfamilienhaus geplant
An Stelle der „Bummel“ soll ein Mehrfamilienhaus mit Tiefgarage entstehen.
Ende August sei bei der Stadt ein entsprechender Bauantrag eingegangen, so Stadt-Pressesprecher Hans Günther Adrian. Eine Baugenehmigung sei noch nicht erteilt.
In den in diesem Jahr erschienenen Ennepetaler Forschungen Nr. 35 des Arbeitskreises Ennepetaler Stadtgeschichte hatte Karl-Heinz Giesick sich mit den Voerder Kneipen und ihrer Geschichte befasst. Demnach hatte Robert Kleine, der im Hauptberuf Landwirt und Kleinschmied war, im Jahr 1900 eine Schankerlaubnis erhalten und fortan zusätzlich eine Gastwirtschaft betrieben. Dort hätten aber schon vor Jahrhunderten Menschen halt gemacht, um etwas zu trinken, meint Ingold Schneider. Ein alter Fuhrweg über die Aske bis ins heutige Gevelsberg habe daran vorbeigeführt, die Pferde hätten Wasser, die Fuhrmänner ihr Bier bekommen. „Es war wohl eine der ältesten Schankwirtschaften auf heutigem Ennepetaler Gebiet“, so Schneider.
Der Sohn von Robert Kleine, der ebenfalls Robert hieß, modernisierte und erweiterte das Haus, eine Bundeskegelbahn mit zwei Doppelbahnen und ein großer Festsaal wurden im Souterrain gebaut, zudem mehrere Fremdenzimmer eingerichtet. Die Voerder Schützen hatten dort für Jahre ihr Quartier und ihre Schießanlage, bevor sie sich am Helkenberg den Traum vom eigenen Schützenheim verwirklichten. „Dienstagabends schossen die Frauen, freitagabends die Männer“, berichtet Ingold Schneider. Dadurch und durch den Heimatverein sei immer Leben in der „Bummel“ gewesen.
1993 gab Ingold Schneider die Gaststätte ab, nachdem ihr Mann schwer krank geworden war, zudem wären einige bauliche Änderungen notwendig geworden. Mit dem früheren Motorrad-Vizeweltmeister Ralf Waldmann (†2018) kaufte ein Voerder Junge das Haus. Doch mit der „Bummel“ ging es bergab. Franz-Josef Schlotmann habe die Gaststätte ab 1997 noch einmal nach vorn gebracht, meint Ingold Schneider. Doch im Jahr 2000 war für Schlotmann Schluss, die „Bummel“ Geschichte. Mit dem Abriss verschwindet nun – wie zuletzt das Haus Lohmann (Breckerfelder Straße) – eine weitere der einst so vielen Voerder Gastwirtschaften.