Gevelsberg. Der Gevelsberger SPD-Chef Helge Mannott galt als designierter Landtagskandidat: „Für solche Schmierenkomödie stehe ich nicht mehr zur Verfügung.“

Lange Zeit hatte das Bild der SPD Gevelsberg gut gehalten. Obwohl in Fraktion und Partei massive Grabenkämpfe ausgetragen werden, schafften es die Genossen bislang, nach außen eitel Sonnenschein und gegenseitige Loyalität zu demonstrieren. Erhielt die Fassade zunächst nur kleine Risse, ist bei der Aufstellung des Landtagskandidaten für Gevelsberg, Ennepetal, Breckerfeld und Teile der Stadt Hagen nun auch öffentlich nicht mehr zu übersehen, wie zerrüttet es in der größten sozialdemokratischen Hochburg des Landes zugeht. Jüngstes Kapitel: Der Gevelsberger Parteivorsitzende Helge Mannott zieht seine Bewerbung um die Kandidatur zurück, „weil ich für eine solche Schmierenkomödie nicht zur Verfügung stehe.“

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Um sprachlich kurz in der Theaterwelt zu bleiben, ist Mannotts Abgang sogar schon der vorläufige Höhepunkt des zweiten Akts im städteübergreifenden Wahlkreis-Komödchen. Erst vor wenigen Monaten hatte sich der Hagener Stadtverbandsvorsitzende Timo Schisanowski nach einer aufwendigen Jagd nach Delegiertenstimmen gegen Amtsinhaber René Röspel bei der Kandidatenkür zur Bundestagswahl durchgesetzt. Das hatte parteiintern für heftige Dispute gesorgt und die Außendarstellung der heimischen SPD massiv angekratzt.

Nun besteht seit ungezählten Jahren das ungeschriebene Gesetz, dass bei der Bundestagswahl alle anderen Stadtverbände dem Hagener Vorschlag zustimmen und bei der Landtagswahl im Gegenzug alle für den Gevelsberger Vorschlag die Hand heben. Dort hatte Stadtverbandsvorsitzender Helge Mannott (34) unmittelbar nach dem Image-Desaster in Hagen mitgeteilt: „Das wollen wir auf keinen Fall bei der Landtagswahl wiederholen.“

Keine Mehrheit für SPD-Chef

Bereits da deutete sich an, dass Mannott selbst gern in die Fußstapfen des noch aktuellen SPD-Landtagsabgeordneten Hubertus Kramer treten möchte. Er hatte den Gevelsberger, der aus gesundheitlichen Gründen nicht erneut zur Wahl antreten wird, bereits an der Spitze des Stadtverbands beerbt und wollte ihm gern auch nach Düsseldorf folgen. Das tat der Gevelsberger SPD-Chef auch öffentlich kund, als Kramer Mitte April seinen offiziellen Verzicht auf eine weitere Legislatur bekannt gab. Das Verhältnis von Helge Mannott und Hubertus Kramer gilt jedoch bereits seit Längerem als angespannt.

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Das besserte sich nicht, als Ina Blumenthal (40) Mitte Mai parteiintern bekannt gab, ebenfalls für den Landtag kandidieren zu wollen. Die Gevelsbergerin war bis vor acht Jahren eine der hoffnungsvollsten Nachwuchspolitikerinnen in der Stadt Gevelsberg gewesen. Seit Juso-Tagen war sie ein parteipolitischer Aktivposten, bis sie sich aus der Gevelsberger Öffentlichkeit mehr oder minder zurückzog und sich auf ihre Arbeit im Düsseldorfer Landtag konzentrierte. Dort arbeitet sie unter anderem für Hubertus Kramer. „Ich habe keine Ortsvereinsnominierung, ich habe keine Stadtverbandsnominierung, ich kandidiere für alle Städte“, sagt Ina Blumenthal, die sich seit einiger Zeit in den Ortsvereinen vorstellt, im Gespräch mit dieser Zeitung.

Ina Blumenthal will für die SPD Gevelsberg in den Landtag.
Ina Blumenthal will für die SPD Gevelsberg in den Landtag. © WP | Privat

Und auch, wenn sie keine Kandidatin der Gevelsberger SPD ist, so hat ihr Vorhaben, in den Landtag einzuziehen, dennoch massiven Einfluss auf die Vorgänge in der Partei zur Landtagswahl. Denn bald war klar: Die Ortsvereine Gevelsberg, dessen Vorsitzende Hubertus Kramers Frau Elke ist, sowie Silschede und Berge stehen nicht hinter der Kandidatur des Stadtverbandsvorsitzenden Mannott. Auf einer Mitgliederversammlung, die schließlich abgebrochen wurde, verkündete Mannott: „Ich sehe, dass der Rückhalt für mich nicht vorhanden ist. Für diese Schmierenkomödie stehe nicht weiter zur Verfügung.“ Er sehe sich durch unsaubere Spielchen ausgebremst und wolle sich dies nicht antun, teilte er den Gevelsberger Genossen mit, die nun erstmals in der Nachkriegszeit ohne eigenen Landtagskandidaten dastehen.

Auch Majid Iqbal zieht zurück

„Ich telefoniere auch nicht tagelang herum, um mir Mehrheiten zusammen zu klauben“, sagt Mannott mit Seitenhieb in Richtung des Hageners Timo Schisanowski, der exakt so seine Mehrheit für die Bundestagskandidatur gesichert hatte. Nach Informationen dieser Zeitung soll Schisanowski in den Hagener Ortsvereinen aber bereits dafür gesorgt haben, dass Mannott eine Mehrheit erhalten hätte, egal wie die Gevelsberger abgestimmt hätten. Denn mehrere einflussreiche Parteimitglieder hatten versucht, den verärgerten Stadtverbandsvorsitzenden noch einmal umzustimmen – erfolglos.

So tauchte plötzlich mit Majid Iqbal (43) bei der Delegiertenkonferenz in Ennepetal ein anderer Gevelsberger auf, der gegen Ina Blumenthal antreten wollte. Das war allerdings auch nur ein kurzes Gastspiel auf der Kandidatenbühne, denn auch Iqbal zog mittlerweile seine Bewerbung um die Kandidatur zurück.

Blieb zunächst nur Ina Blumenthal übrig, die im Gespräch mit dieser Zeitung sagt: „Ich habe einfach richtig Lust darauf, im Landtag für den Wahlkreis zu arbeiten. Und ich habe sehr viele gute Ideen.“ Einen Gegenkandidaten hat sie allerdings doch noch. Wird der Breckerfelder Matthias Reichert (39) am Ende für eine faustdicke Überraschung sorgen? Er wolle die Chance ergreifen, und sich dem Votum der SPD-Delegierten aus Gevelsberg, Ennepetal, Breckerfeld und Hagen stellen. „Ich rechne mir als Kandidat gute Chancen aus, und gehe die Sache sehr positiv an“, sagt der Mann aus einem sehr kleinen, dafür aber auch ausgesprochen friedlichen SPD-Stadtverband in der CDU-Stadt Breckerfeld.