Die heimische SPD sendet den Menschen katastrophale Signale meint Redaktionsleiter Stefan Scherer.

Zerlegen sich die Genossen nach Vorbild der Bundespartei jetzt auch vor Ort selbst? Dass die Delegierten im Rahmen der Wahlkreiskonferenz auch tatsächlich eine Wahl zwischen zwei Kandidaten haben, ist ja grundsätzlich erstmal eine gute Sache im Sinne der Demokratie. Wie das allerdings zustande kommt, ist beschämend. Auf der einen Seite der Amtsinhaber im Herbst seiner Karriere, auf der anderen Seite der brave Parteisoldat, der sein Zückerchen einfordert und möglicherweise seine berufliche Lebensplanung mit einer recht überschaubaren Erwerbstätigkeitsvita schon lange auf ein Mandat ausgerichtet hat.

Dass der Jüngere der beiden zwar mit einem Generationswechsel wirbt, aber die eigene Nachwuchsorganisation nicht hinter sich weiß, ist erstaunlich. Die Jusos wollen Röspel. Ob der ein falsches Spiel spielt oder sein Herausforderer, ist unterm Strich egal, denn die Botschaft, die die SPD sendet, ist diese: Die Entscheidung, wer die Menschen aus unseren Städten im höchsten demokratischen Gremium unseres Landes vertritt, hat nichts mit Demokratie, mit Delegiertenversammlungen oder den persönlichen Fähigkeiten der Kandidaten zu tun, sondern reduziert sich auf ein Hinterzimmergespräch unter vier Leuten.

Geht es hier um gesellschaftliche Verantwortung? Um Repräsentanz des Wahlkreises in der Hauptstadt? Um das Erfüllen des Wählerauftrags? Eher nicht. Denn auch die Zustimmung aus dem Unterbezirk EN fußt darauf, dass man sich hier die Unterstützung der Hagener in umgekehrte Richtung nicht kaputt machen will, um den eigenen Kandidaten ins Landesparlament zu bekommen. Parteipolitisches Taktieren für die eigene Position lässt das Wohl und die Bedürfnisse der Menschen vor Ort in der Prioritätenliste auf einen hinteren Platz rutschen. Ist das nur bei der SPD so? Nein. Ist das etwas Außergewöhnliches? Nein. Es ist nur der nächste Vertrauensbruch mit den Wählern, die die Hoffnung nicht aufgeben, dass Triebfedern für Engagement in einem demokratischen System nicht von Egoismen bestimmt sind.