Schwelm/Ennepetal/Gevelsberg. In wenigen Tagen öffnen die Kitas wieder für alle Kinder. So bereiten sich die Einrichtungen in Schwelm, Ennepetal und Gevelsberg darauf vor.
Die Nachricht, dass Kindergärten nun doch schon ab nächsten Montag, 8. Juni, wieder für alle Kinder öffnen dürfen, kam für viele überraschend. Und so erleichternd sie auch für die Eltern sein mag, die Betreuung wird trotzdem anders als gewohnt ablaufen. Das zuständige NRW-Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration spricht von einem „eingeschränkten Regelbetrieb“. Wir haben mit unterschiedlichen Trägern in Schwelm, Ennepetal und Gevelsberg gesprochen, was das genau heißt und wie sie sich darauf vorbereiten.
„Mit dem Wort ‘Öffnung’ verbinden Eltern verständlicherweise ganz andere Vorstellungen“, sagt Kerstin Kolodziej, Fachbereichsleitung der Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege des DRK-Ortsvereins Schwelm. „Aber wir müssen sehr viele Einschränkungen hinnehmen. Aktuell ist es wichtig, den Eltern die neuen Rahmenbedingungen zu erklären.“
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Die neuen Leitlinien für die Öffnung ab 8. Juni hat das Ministerium in einer Handreichung zusammengestellt. Demnach reduziert sich der Betreuungsumfang für jedes Kind um zehn Wochenstunden. Das bedeutet, wer eigentlich 45, 35 oder 25 Stunden gebucht hat, bekommt jetzt nur 35, 25 und 15. Wie diese Stunden verteilt werden, können die Kitas individuell mit den Eltern bestimmen.
Neu ist auch der Begriff des Gruppensettings. Ein Gruppensetting besteht aus immer denselben Kindern und möglichst festem Personalstamm sowie fest zugeordneten und genutzten Räumlichkeiten. Zwischen den Gruppen sollte jeglicher Kontakt vermieden werden. „Das ist für die Kinder natürlich schwer zu verstehen, warum sie im Kindergarten nicht miteinander spielen dürfen, aber draußen auf dem Spielplatz schon“, sagt Antje Kühndahl von der Evangelischen Kirchengemeinde Gevelsberg.
Die Handreichung gilt vorbehaltlich der Entwicklung des Infektionsgeschehens bis zum 31. August dieses Jahres. Deshalb müssen die Einrichtungen bei ihren Planungen auch die Kinder berücksichtigen, die zum 1. August für das neue Kindergartenjahr dazu kommen.
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Zu wenig Personal vor Ort
Wie viele Kinder genau ab Montag wieder in die Kitas gehen, kann Heike Wallis van der Heide, Leitung der Kindertageseinrichtungen und Tagespflege der AWO für den Unterbezirk Ennepe-Ruhr, noch nicht sagen. „Aber nach der jetzigen Planung bekommen wir das gut gestemmt.“ Die Evangelische Kirchengemeinde Gevelsberg hingegen geht davon aus, „dass unsere Häuser voll sein werden“, so Antje Kühndahl. „Derzeit prüfen wir, mit welchem Personalstamm wir in den Kitas an den Start gehen können, wir sind nicht überall zu 100 Prozent besetzt.“ Wo die Kapazitäten ausreichen, werde man probieren, die täglichen Betreuungszeiten ggf. nach hinten auszuweiten.
Das möchte Kerstin Kolodziej auch, aber: „Das Kinderbildungsgesetz(KiBiz) gibt uns sowieso schon nicht genügend Personal, und durch die Separierung der Gruppen brauchen wir noch mehr. Wenn ich genug Hände hätte, könnte ich die Stunden anders verteilen.“ Trotzdem, und da spreche sie für alle Träger: „Wir wollen für die Kinder und Eltern die bestmögliche Lösung finden.“
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Abstands- und Hygieneregeln gelten weiterhin
Durch die Mehrzahl an Kindern wird die Phase des Bringens und Abholens besonders kritisch. Das Ministerium empfiehlt daher, die Zeiten für die Gruppensettings zu staffeln. Die Kinder sollen, wie schon in der Notbetreuung, nur von einem Elternteil gebracht und abgeholt werden. Eltern sollten, wenn möglich, weiterhin die Einrichtung nicht betreten. Hier müssen die Träger und Leitungen, abhängig von den räumlichen Voraussetzungen Lösungen finden.
Auch das Mittagessen wird mit der Aufnahme aller Kinder eine „hohe Herausforderung“, schreibt das Ministerium. Ein Buffet oder gemeinsames Zubereiten– wie in vielen Einrichtungen der Fall – darf nicht angeboten werden.
Beschäftigte und Eltern müssen Abstand halten und im direkten Kontakt miteinander einen Mund-Nase-Schutz tragen. Mit den Kindern lässt sich der Mindestabstand jedoch nicht einhalten, da sind sich die drei Ansprechpartnerinnen einig. „Wenn es einem Kind schlecht geht, geht das Wohl des Kindes vor“, so Kerstin Kolodziej.
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Einbußen bei der Qualität der pädagogischen Arbeit
Was die Damen ebenfalls alle bedauern, sind qualitative und quantitative Einbußen der pädagogischen Arbeit vor Ort. „Ein großes Thema ist die Partizipation, die wir jetzt stark einschränken müssen. Die Kinder haben sich sonst ihr Essen selbst geholt. Auch so etwas wie Tisch decken oder aufräumen fällt komplett weg“, sagt Heike Wallis van der Heide. Die Förderung der Kinder in ihrer Selbstständigkeit sei unter den aktuellen Umständen nicht gegeben, meint auch Antje Kühndahl: „Wir können nur alles dafür tun, dass die Qualität der Arbeit nicht komplett verloren geht.“
>>>Eingewöhnung mit Hürden: Regeln erschweren Kindern das Kennenlernen<<<
Sowohl für Kinder, die in den vergangenen Wochen nicht betreut wurden, als auch jene, die ab dem 1. August die Kita besuchen, darf eine Eingewöhnung stattfinden. In diesen Fällen darf ein Elternteil das Kind begleiten, unter Einhaltung der Abstandsregel und der Maskenpflicht gegenüber dem Personal.
Gerade für die neuen Kinder sei die aktuelle Situation sehr schwierig, sagt Kerstin Kolodziej: „Den Kontakt mit Maske aufzubauen, ist unmöglich.“ Schon jetzt habe die Phase der Eingewöhnung gelitten, „weil sie nicht so frühzeitig und intensiv wie sonst stattfindet“. Kolidziej rechnet damit, dass es länger dauern wird, bis sich die neuen Kinder zurechtfinden werden.
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Erzieher und Träger versuchen aber, kreative Abhilfe zu schaffen. Weil die Regelungen momentan für viel Verwirrung sorgen, hat zum Beispiel die AWO kurzfristig entschieden, einen Film in Auftrag zu geben, der Eltern und Kinder über die unbekannten Abläufe aufklärt: „Wir hoffen, dass er am Freitag fertig ist“, so Heike Wallis van der Heide.