Gevelsberg. Die Technischen Betriebe stellen nach langer Winterpause die Lechner-Figuren in Gevelsberg wieder auf. In Corona-Zeiten sorgen sie für gute Laune.

Als der Kipplaster der Technischen Betriebe Gevelsberg in die Fußgängerzone rollt, ist die Quarantäne auch für diese lange vermissten Zeitgenossen endgültig beendet. Die Alltagsmenschen sind zurück im Gevelsberger Stadtbild.

Lars Kornowski, Uwe Wirsching und Heiko Riesner von den Technischen Betrieben sind bei prächtigem Sonnenschein unterwegs, um die schweren Betonfiguren an ihre Bestimmungsorte zu bringen. Und eine Frage muss das Trio am laufenden Band beantworten. „Sind die denn auch gesund?“ Die Antwort gibt Reinhold Lorch, Chef der Technischen Betriebe Gevelsberg. „Bei allen haben wir Abstriche gemacht, niemand hat sich angesteckt“, sagt er lachend.

Keine Maskenpflicht für Betonköppe

Für die 18 Betonköppe, die zu den bekanntesten Gevelsberger Mitbürgern und zu den beliebtesten Fotomotiven der Stadt zählen, gelten übrigens Ausnahmeregeln: Sie müssen untereinander keinen Mindestabstand halten, dürfen sich ohne Maske dort aufhalten, wo sie sind, und jeder darf ihnen so nah kommen, wie er denn möchte.

Überall Alltagsmenschen

Von Sylt bis Straßburg, von Chemnitz bis Heilbronn – die Lechner-Figuren blicken einen immer wieder in zahlreichen Städte an.

Die Künstlerin stellt diese seit 1988 her, seit dem Jahr 2000 bestückt sie damit öffentliche Ausstellungen.

Sie zeigen immer Menschen in alltäglichen Situationen.

Die Menschen, die in der Stadt sind, setzen sich ihre Masken auf, schauen zu, wie Lars Kornowski, die Figuren mit dem Kran von der Ladefläche balanciert und sie schließlich absetzt. Erste Hürde: Wo waren denn jetzt ganz genau die Löcher, in denen die Figuren verschraubt werden? Nach einigen Versuchen sind sie gefunden und die beiden Damen beobachten von ihrem Stammplatz am Eingang der Fußgängerzone wieder das Geschehen. Das ist schwere Arbeit. „Ich schätze mal, dass die Figuren etwa eineinhalb bis zweimal so viel wiegen wie ein echter Mensch in dieser Größe“, sagt Riesner, der seit mehreren Jahren bereits die Alltagsmenschen zum Winter ab- und zum Frühjahr wieder aufbaut.

Bei den Technischen Betrieben gehen die Figuren aus der Fußgängerzone, vor dem Volkshochschulgebäude an der Mittelstraße und an der Sparkasse in den Winterschlaf. Der Reisende vor dem Rathaus wird direkt in dem Verwaltungsgebäude eingelagert, bis er zum Sommer hin wieder an die frische Luft darf. In diesem Jahr mussten sich die Männer und Frauen, die die Wittener Künstlerin Christel Lechner produziert hat, etwas länger gedulden, bis sie wieder ‘rausdurften.

Verspätet aus Winterschlaf zurück

Und das liegt tatsächlich in der Corona-Pandemie begründet. „Natürlich läuft auch bei uns einiges anders als normalerweise. Wir müssen ebenso Vorschriften einhalten, unsere Aufgaben haben sich ein wenig verschoben. Deshalb kommen die Alltagsmenschen ein paar Tage später wieder an ihre angestammten Plätze“, sagt Reinhold Lorch.

Die Maske trägt der Mann vor dem Rathaus nur für das Foto.
Die Maske trägt der Mann vor dem Rathaus nur für das Foto. © Stefan Scherer / WP | Stefan Scherer

Neben den erwähnten Figuren finden sich im Stadtgebiet noch einige weitere. Diese gehören aber entweder Firmen wie dem Bauverein, von dessen Balkon sie an der Wasserstraße die Autofahrer und Passanten grüßen, oder Privatleuten, die sie oft auch den Winter über im Freien belassen.

18 Alltagsmenschen eingebürgert

Die Betonmenschen hielten Einzug in die Stadt Gevelsberg, als diese im Jahr 2011 ihren 125. Geburtstag feierte. Seinerzeit verteilten sich 75 der lebensgroßen Figuren im gesamten Stadtgebiet als Ausstellung. 18 von ihnen bürgerte die Stadt Gevelsberg dauerhaft ein. Immer wieder sind sie Opfer von Vandalismus, die meisten Gevelsberger und Auswärtige erfreuen sich aber an den zumeist etwas fülligen Männern und Frauen mit den freundlichen Gesichtern.

Und – da sind sich fast alle einig – es ist auch schön, wieder in Gesichter zu schauen, die keine Maske tragen – selbst, wenn sie nur aus Beton sind.