Gevelsberg. Mit „Urban Gardening“ können sich Bürger in der Stadt selbst mit Gemüse versorgen. Auch in Gevelsberg gibt es Möglichkeiten, das zu tun.
„Urban Gardening“, das ist die gärtnerische Nutzung städtischer Flächen innerhalb von Siedlungsgebieten. Bürger können dort Lebensmittel lokal anbauen. Beispiele dafür sind der interkulturelle Bürgergarten und der Breddepark in Gevelsberg.
Der Bürgergarten: Eine Initiative der Zukunftsschmiede Gevelsberg
Auf 2500 Quadratmetern hinter der Realschule Gevelsberg an der Wittener Straße pflanzen und ernten Mitglieder der Zukunftsschmiede. Vorsitzende Annette Bußmann konnte die Stadtverwaltung im Jahr 2011 von ihrer Idee eines interkulturellen Bürgergartens überzeugen. Da sei das Thema Urban Gardening noch nicht so präsent gewesen wie heute. „Mittlerweile haben die Menschen Lust auf Natur. Sie wollen sie wachsen sehen und viel mehr selbst machen“, so Bußmann, die ebenfalls leidenschaftlich gern gärtnert.
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Ihr habe der Austausch mit anderen gefehlt und eben auch der Ort, wo dieser stattfinden kann. Doch sollte es kein klassischer Schrebergarten sein, sondern ein interkultureller Treffpunkt, „der sich organisch entwickelt“, beschreibt Annette Bußmann ihre Intention. Und die geht auf: Die Gärtner kommen aus der Türkei, Thailand oder Italien. Auch das Städtische Jugendzentrum und das Familienzentrum Habichtstraße engagieren sich jeweils in einer Parzelle. „Genauso haben wir Mitglieder, die nur wenig zur Verfügung haben und so ihren Speiseplan aufstocken“, erzählt die 57-Jährige.
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Artischocken und Weißwein-Trauben reifen in Gevelsberg
Man tausche Rezepte aus und lerne voneinander: „Jeder ist in seinem Bereich Experte, zum Beispiel profitieren wir gerade von unserem Bürgergärtner aus Sizilien, der weiß, wie man bei Trockenheit gärtnert.“
Die Vielfalt der Kulturen findet sich natürlich auch in den Beeten wieder. Da wachsen Artischocken, Zitronengras, Mangold und verschiedene Kräuter, sogar Weißwein-Trauben reifen bei Gevelsberger Klimabedingungen. An den Produkten bedienen sollen sich nur die Bürgergärtner selbst, „weil wir ja wollen, dass man sich bei uns einbringt“, erklärt Annette Bußmann. Allerdings ist der Bürgergarten nicht abgesperrt und es seien bereits „Sachen abhanden gekommen“. An Zäune denkt Bußmann trotzdem nicht: „Wir schauen jedes Jahr aufs Neue.“
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Mit dem Bürgergarten auf dem Weg zur „essbaren Stadt“
Das Grundstück hinter der Realschule bekommt die Zukunftsschmiede als Verein von der Stadt gestellt. Ansonsten trägt sich der Bürgergarten selbst über Fördermittel und Mitgliedsbeiträge. Denn alle Bürgergärtner müssen Mitglieder Zukunftsschmiede sein, damit sie versichert sind. Das ist zu einem erschwinglichen Beitrag von zwölf Euro pro Jahr möglich. Aktuell sind auch noch wenige Parzellen frei. Die Gärtner beteiligen sich über ihre Gartenarbeit hinaus an verschiedenen Aktionen des Vereins und laden zum Beispiel regelmäßig im Frühjahr zur Pflanzentauschbörse ein, wegen der Corona-Krise konnte die in diesem Jahr jedoch nicht stattfinden.
Der Bürgergarten soll der Anfang sein, „um ein Netzwerk von Gärten auf den Weg zu bringen“, so Annette Bußmann. Wenn es nach ihr geht, soll aus Gevelsberg eine „essbare Stadt“ werden, der Begriff steht für eine Vielzahl von Projekten, mit denen die lokale Versorgung gefördert wird.
Der Breddepark: „Urban Gardening“ am Vogelsang
Im Sommer 2018 startete im Rahmen der Umgestaltung des Breddeparks das Urban-Gardening-Projekt in Gevelsberg östlichstem Stadtteil, umgesetzt durch die Unterstützung der Zukunftsschmiede, der Stadt, dem Kleingartenverein Vogelsang, des Fördervereins Bürgerhaus Alte Johanneskirche und der Kita Vogelnest. Eine Anwohnerin hatte gemeinsam mit der damaligen Quartiersmanagerin Regina Potarczyk vorangetrieben, dort Hochbeete zu errichten.
„Ziel war es, den interessierten Bürgern das Gärtnern im öffentlichen Raum und gleichzeitig in der Nähe ihres Wohnortes zu ermöglichen“, sagt Anja Steller, die das Projekt im Oktober 2019 als neue Quartiersmanagerin übernommen hat.
Kein Saisonstart wegen Corona
In vier Hochbeeten können die Anwohner Salat, Tomaten, Zucchini, Möhren und anderes Gemüse selbst setzen und ernten. Menschen ohne eigenen Garten sollen durch diese Möglichkeit an die Natur herangeführt werden, sie lernen von ihren Nachbarn und können Freundschaften knüpfen. Es sei ein wichtiges Projekt „zur Verstetigung eines Gemeinschaftsgefühls“, so Steller. Aufgrund der Corona-Pandemie findet der soziale Austausch momentan allerdings nur eingeschränkt statt, auch der diesjährige Saisonstart mit einer gemeinsamen Aktion kam nicht zustande.
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Zukünftig soll mit dem Urban-Gardening-Projekt im Breddepark neben Spiel- und Bolzplatz, Tischtennisplatten, Fitnessgeräten und Erholungsflächen ein „zusätzlicher Kommunikationsort für Jung und Alt“ entstehen. Der Breddepark als „grünes Herz des Quartiers“ habe Vorbildcharakter für einen nachhaltigen Umgang mit der Natur und setze damit auch für andere Stadtteile „ein positives Zeichen, miteinander und füreinander auf etwas zu achten“.
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„Urban Gardening: Stadt Gevelsberg sieht Ausbaupotential
Im Zuge der weiteren Planungen in berge-Knapp habe man das Thema Urban Gardening bereits auf dem Schirm, heißt es aus dem Rathaus. Die Stadtverwaltung sieht hier durchaus Ausbaupotenzial: „Da in Gevelsberg eine großzügige ,grüne’ Infrastruktur und viele klassische Kleingärten vorhanden sind, ist die noch immer eher großstädtische geprägte Urban-Gardening-Kultur hier noch nicht so weit entwickelt wie in einigen der großen Städte im näheren oder weiteren Umfeld.“ Jedoch lebten solche Projekte von engagierten Bürgern, die sich einbringen.
Wer Interesse hat, am Bürgergarten mitzuwirken, kann sich bei Annette Bußmann unter oder per Mail an melden.