Ennepetal. Aus Sorge, sich mit dem Coronavirus anzustecken, stornieren Axel und Elke Just aus Ennepetal ihre Reise nach Sizilien. Zahlen müssen sie trotzdem.
Sieben Tage Sizilien, darauf hatten sich Axel Just (66) und seine Frau Elke (70) gefreut. Jedes Jahr machen sie gemeinsam mit einem befreundeten Ehepaar eine Rundreise. In Spanien und an der Amalfiküste waren sie schon, jetzt wollten sie die italienische Mittelmeer-Insel mit dem Bus erkunden. Geplanter Abreisetag: 27. März.
Anfang Januar hatten sie die Reise über „Berge & Meer“, einem deutschen Touristikunternehmen, gebucht. Da war die Welt noch in Ordnung. Das Coronavirus wütet zu diesem Zeitpunkt nur in China. Doch Ende Januar werden die erste Fälle in Italien bekannt. Ab da steigt die Zahl täglich.
Die Justs und ihre Freunde beobachten die dortige Entwicklung mit Sorge: „Es zeichnete sich ab, dass die Situation immer schlimmer werden würde“, sagt Axel Just.
Der erste Corona-Fall auf Sizilien wird bekannt
Und tatsächlich: Im Februar gibt es die ersten Todesfälle, Kommunen in Norditalien werden abgeriegelt. Die Gruppe beschließt, die Reise nicht anzutreten. „Wir gehören zur Risikogruppe und das wollten wir uns nicht zumuten“, erklärt der 66-Jährige. 30 Tage vor Reisebeginn informiert Just den Reiseveranstalter am 25. Februar schriftlich über den Wunsch, von der Reise zurücktreten zu wollen. Einen Tag später wird der erste Corona-Fall auf Sizilien bekannt. „Berge & Meer“ antwortet, dass eine kostenfreie Stornierung nicht möglich sei und verweist im Falle eines kostenpflichtigen Rücktritts auf die zu zahlenden Gebühren: 25 Prozent der Reisekosten. Das entspricht der Anzahlung von etwa 1000 Euro, die die beiden Ehepaare nach der Buchung bereits geleistet hatten.
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Corona in Italien: „Berge & Meer“ sieht kein Sicherheitsrisiko und wünscht schönen Urlaub
„Daraufhin habe ich mitgeteilt, dass wir anstelle einer Erstattung auch einen Reisegutschein akzeptieren würden“, berichtet Axel Just von seinem zweiten Schreiben. Auf diesen Vorschlag sei „Berge und Meer“ nicht eingegangen. In der Antwort vom 2. März heißt es, man habe Verständnis für die Verunsicherung und beobachte die Ereignisse „kritisch und sehr genau“, doch sehe man die Absage aller Sizilien- oder Italien-Reisen nicht als notwendig an. Sobald ein Sicherheitsrisiko vorliege, werde man ihn umgehend informieren.
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Unabhängig davon, dass sich die vier Betroffenen angesichts ihres Alters durchaus einem Risiko ausgesetzt gesehen hätten, ärgert Axel Just besonders die „Frechheit“ des Veranstalters, der den Rücktritt noch immer nicht akzeptieren wollte. Stattdessen sei man „trotz aller Umstände [...] davon überzeugt“, dass die Reisenden „eine erholsame Zeit auf Sizilien verbringen und unvergessliche Erinnerungen mit nach Hause nehmen werden“. Eine Rechnung für die Restzahlung in Höhe von etwa 3000 Euro gab es dazu. „Noch zynischer geht es ja wohl nicht“, kommentiert der Ennepetaler.
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Einreiseverbot in Italien: „Berge & Meer“ sagt Reise ab
Am 4. März bestätigt „Berge & Meer“ die Stornierung schließlich, die Anzahlung behält das Unternehmen ein. Hätten die Justs noch ein paar Tage gewartet, hätten sie und ihre Freunde ihr Geld wohl zurückbekommen. Denn wegen des am 9. März in Kraft getretenen Einreiseverbots für Italien hat der Veranstalter die Reise schließlich abgesagt.
Axel Just weiß, dass das Unternehmen auch mit anderen Kunden so verfahren ist, die ebenfalls ihre Anzahlung verloren haben. Auf dem Onlineportal www.trustpilot.com sind einige Beschwerden nachzulesen. „Gerade für die, die womöglich lange auf ihren Urlaub gespart hatten, ist es besonders traurig, wenn so etwas dann passiert.“
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Axel Just aus Ennepetal: Die großen Reiseveranstalter handeln „unverantwortlich“
Die beiden Ehepaare wollen jetzt versuchen, die 1000 Euro über ihre Rechtsschutzversicherung einzuklagen. Axel Just aber geht es weniger ums Geld als darum, wie sich „Berge & Meer“ angesichts der dramatischen Entwicklungen bis zum Schluss quergestellt hat: „Die wollten uns wirklich eine Reise mit tödlichem Risiko zumuten. Ich meine, in dem Bus hätten wir doch täglich dicht gedrängt mit 50 Leuten gesessen“, so Just.
Es ärgert ihn, dass viele der großen Reiseanbieter so „unverantwortlich“ gehandelt und die Absage der Reisen „bis zuletzt“ hinausgezögert haben: „Sie haben wider jede Vernunft Zehntausende Menschen durch die Welt geschickt, die jetzt irgendwo gestrandet sind und zurückgeholt werden müssen.“