Viele Menschen fragen sich, ob sie wegen Corona nun ihren Jahresurlaub stornieren sollten. Die Verbraucherzentrale Witten gibt Antworten.
Viele Menschen sind verunsichert, ob sie wegen der Ausbreitung des Coronavirus ihren Urlaub für das komplette Jahr stornieren sollten. Nadine Schröer, Beraterin bei der Verbraucherzentrale Witten, gibt Antworten.
Werden alle Reisen, die bis zum 30. April stattgefunden hätten, aufgrund der weltweiten Reisewarnung von den Veranstaltern kostenfrei storniert?
Diese Frage können wir leider nicht pauschal beantworten, weil uns nicht von allen Veranstaltern die Informationen vorliegen. Da die Grenzen aber in weiten Teilen geschlossen und der Flugverkehr stark eingeschränkt ist, werden die Reiseveranstalter in der Regel nicht in der Lage sein, die Pauschalreisen durchzuführen. Die Reisewarnung führt dazu, dass den Kunden die Möglichkeit gegeben wird, Pauschalreisen kostenfrei zu stornieren. Bei Individualreisen kann es unter Umständen anders geregelt sein.
Sollte ich denn jetzt auch alle anderen Reisen in diesem Jahr stornieren?
Das muss letztlich von jedem selbst abgewogen und entschieden werden. Bei Reisen, die erst nach April 2020 beginnen, läuft man bei einer frühen Stornierung Gefahr, dass sie nicht unter den Schutz der Möglichkeit einer kostenfreien Stornierung durch eine Reisewarnung fallen und vertraglich vereinbarte Stornierungskosten gezahlt werden müssen. Wir raten deshalb sich mit den Vor- und Nachteilen einer frühen Stornierung genau zu beschäftigen: 1. Wer, wenn irgend möglich, verreisen will, kann abwarten, erfährt im Zweifel aber erst sehr kurzfristig, ob die Reise tatsächlich stattfindet. Wir empfehlen daher sich, besonders bei teuren Reisen, im Zweifel unabhängig beraten zu lassen, bevor Sie größere Zahlungen dafür vornehmen. 2. Wer nicht mehr verreisen will und mit einer Stornierung wartet, läuft Gefahr, dass sich die Stornoentgelte erhöhen, falls zum Reisezeitpunkt keine unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umstände mehr vorliegen, die zum kostenlosen Rücktritt vom Reisevertrag berechtigten. Außerdem wird wohl kurz vor Antritt der Reise in vielen Fällen eine Restzahlung fällig, die man je nach Situation zum Reisezeitpunkt ganz bzw. teilweise wieder zurückverlangen müsste. Bei frühzeitiger Stornierung geht man andererseits das Risiko ein, schon gezahlte bzw. einbehaltene Stornoentgelte (bei unklarer Rechtslage) wieder zurückverlangen zu müssen, falls sie zum Reisezeitpunkt zur kostenlosen Stornierung berechtigt wären.
Wenn ich aus Sorge meinen Urlaub vor der Reisewarnung storniert habe und der Veranstalter erst hinterher die Reise absagt, muss ich dann trotzdem Stornogebühren zahlen?
Diejenigen, die frühzeitig unter Hinweis auf den Coronavirus stornieren oder bereits storniert haben, sollten unserer Ansicht nach die Stornierungsgebühren zurück erhalten, wenn zum Reisezeitpunkt eine Reisewarnung des Auswärtigen Amts gilt und/oder andere Indizien für einen unabwendbaren, außergewöhnlichen Umstand vorliegen. Es ist aber nicht gesagt, dass der Reiseveranstalter das auch so sieht. Darüber kann es zu Streit kommen.
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Hilft mir jetzt nicht meine Reiserücktrittsversicherung?
Wegen Corona helfen diese Versicherungen oft nicht (mehr). Eine Reiserücktrittsversicherung tritt grundsätzlich nicht ein, wenn es Krisen im Reiseland gibt. Vielmehr geht es um Fälle, in denen man selbst krank wird oder durch bestimmte Ereignisse (z.B. Tod von Verwandten, Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit) verhindert ist und nicht wie geplant reisen kann. Auch wird eine Erstattung wohl dann schwierig, wenn man selbst an Corona erkrankt ist und eine Reise nicht antreten kann oder abbrechen muss. Denn viele Versicherer sehen vor, dass „Schäden, Erkrankungen und Tod infolge von Pandemien“ nicht versichert sind. Im Zweifel sollte man einen Blick in die Bedingungen der jeweiligen Versicherung werfen.
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Muss ich denn die Restzahlungen für geplante Reisen noch zahlen?
Rechtlich ist die Frage leicht zu beantworten: Man ist vertraglich verpflichtet, die Restzahlung zu leisten. Da Pauschalreisen bis Ende April unter die aktuell gültige Reisewarnung fallen und kostenfrei storniert werden können, sollte man dafür keine Zahlungen mehr vornehmen - wenn überhaupt noch welche ausstehen. Falls die Zahlung nicht geleistet wird, besteht die Gefahr, Mahnkosten zahlen zu müssen. Außerdem kann der Veranstalter - allerdings nur unter Fristsetzung und der Androhung vom Vertrag zurückzutreten - von sich aus den Vertrag kostenpflichtig stornieren und Schadensersatz verlangen. Ungeachtet der rechtlichen Einschätzung raten wir dazu, bei einer anstehenden Reise umgehend mit dem Reiseveranstalter Kontakt aufzunehmen. Reiseveranstalter reagieren selbst auf die neueren Entwicklungen. Viele Reisen sind bereits abgesagt. Gleiches gilt für Fluggesellschaften. Wir erhalten immer mehr Beschwerden, dass die Unternehmen (auch vor dem Hintergrund der Vielzahl der Anfragen) erst gar nicht reagieren, Stornierungs- oder andere Rechte der Verbraucher kategorisch ablehnen und nur Gutscheine oder Umbuchungsmöglichkeiten anbieten. In diesem Fall müssen Sie Ihre Forderungen weiter verfolgen und dranbleiben. Hier muss sicherlich auch die politische Entwicklung im Auge behalten werden.