Gevelsberg. Prozess zum Toten in Gevelsberger Obdachlosenunterkunft mit überraschenden Wendungen. Klaus-Peter S. belastet Mitbewohner und sich selbst.
Stille. Für eine Sekunde herrschte absolute Stille im Saal des Hagener Schwurgerichts, als Klaus-Peter S. seine Ausführungen beendet hatte. „Das wäre auch ohne Amphetamine und ohne Alkohol passiert, weil ich es auf den Tod nicht ausstehen kann, wenn jemand Frauen und Kinder schlägt. Ich hatte ihn am Vortag noch gewarnt, dass es kracht, wenn er sie noch einmal anfasst.“ Und dann krachte es – derart heftig, dass Peter W. (57) an den Folgen der Schläge verstarb. Mit seinen Worten hat Klaus-Peter S. aber womöglich eine kleine Tür auf ein mildes Urteil selbst zugeschlagen. Denn: In dem Prozess zur Bluttat in der Gevelsberger Obdachlosenunterkunft am 18. März wird eine ganz wesentliche Frage die der Schuldfähigkeit der beiden Angeklagten sein.
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Die äußerten sich am zweiten Prozesstag erstmals nach ihren polizeilichen Vernehmungen zu den Vorwürfen gegen sie. Zunächst verlas Rechtsanwältin Sarah Schulz eine Einlassung für ihren Mandanten Martin B., der anschließend keine Fragen des Gerichts beantworten wollte. Die von Zeuge zu Zeuge völlig abweichenden Zeitangaben einmal ausgeklammert, sei der Tag wie folgt verlaufen: In seinem Zimmer hätten die Angeklagten Wodka und Bier getrunken, dann sei die weinende Freundin des späteren Opfers gekommen, habe geklagt, erneut von ihrem Freund geschlagen worden zu sein.
Aussage bei Polizei widerrufen
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Daraufhin hätte sich der 38-Jährige eine Eisenstange genommen, der 53-Jährige sein Stuhlbein. Martin B. habe bei Peter W. an der Tür geklopft, der habe geöffnet und sofort die ersten Schläge von B. mit der Eisenstange vor die Knie bekommen. Nur S. habe auf den Kopf geschlagen. „Ich habe den S. dann von dem W. weggezogen, weil es aus meiner Sicht reichte“, verlas die Verteidigerin für ihren Mandanten.
Bereits als die Verteidigerin des Martin B. die Einlassung vortrug, verfinsterte sich die Mine von Klaus-Peter S., der immer wieder das Gespräch mit seiner Verteidigerin Sonka Mehner suchte. „Ich widerrufe als erstes Mal alles, was ich bei der Polizei gesagt habe. Da habe ich die Schuld auf mich genommen, weil wir das so abgesprochen hatten und ich die beiden anderen schützen wollte. Die haben so ‘rumgeheult, dass sie nicht in den Knast wollen“, begann er seine Ausführungen. Er habe kein Alkoholproblem, trinke nie vor 16 Uhr, auch mal zwei Wochen gar nicht. Er wisse ja auch, dass Schnaps ihn immer so aggressiv mache, es sei aber wohl seiner guten Laune nach dem Aufstehen geschuldet, dass er mit Martin B. und dem Zeugen G. mit Wodka in den Tag gestartet sei.
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Davon habe er bis mittags mehr als eine Flasche getrunken, dazu seien drei, vier Bier gekommen. Die Stimmung sei gekippt, als die Frau das Zimmer betrat. Man habe sich bewaffnet, und an der Eingangstür des Opfers trennen sich der Versionen. „Die Tür war kaputt. Da brauchte niemand klopfen.“ Er habe das Opfer angesprochen und im Gegenteil sei es der Angeklagte B. gewesen, der ausgerastet sei und von ihm weggezogen worden sei. Und: „Als wir mit ihm fertig waren, war der W. kaum verletzt.“
Seit dem Morgen Drogen geschnupft
Es sei der Zeuge G. gewesen, der später noch einmal in das Zimmer des Opfers gegangen sei. „Ich habe gesehen, wie er mit einer Bierflasche auf den Kopf geschlagen hat. Er ist der Haupttäter nicht ich“, sagt der 53-Jährige vor Gericht. Neben dem Alkohol habe ihn vor allem das Amphetamin durcheinander gebracht, das er ebenfalls seit dem frühen Morgen zu sich genommen habe. „Ich habe bis zur Tat etwa vier Gramm geschnupft“, sagte er, bevor er klar machte, dass auch ein nüchterner Kopf seine Tat nicht verhindert hätte. Amphetamin ist laut Gutachten in seinem Blut allerdings überhaupt nicht festgestellt worden, wohl aber Kokain.
Der Prozess vor dem Hagener Landgericht wird am Mittwoch ab 9 Uhr vor dem Schwurgericht fortgesetzt. Dann steht das medizinische Fachpersonal im Zentrum der Befragungen durch den Vorsitzenden Richter Marcus Teich und sein Team.
Dritter Verdächtiger ist auf freiem Fuß
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Die Polizisten, die das schwer verletzte Opfer in der Tatnacht im evangelischen Krankenhaus in Hagen Haspe vernommen haben, berichteten übereinstimmend: Peter W. sei zwar schwer zu verstehen gewesen, habe aber eindeutig drei Namen genannt, die ihn an diesem Tag derart heftig zusammengeschlagen hatten, dass er an den Folgen der Hiebe schlussendlich verstarb. Nur wenige Stunden nach der Vernehmung verhaftet die Polizei auch drei Verdächtige. Davon müssen sich jedoch aktuell nur zwei wegen Totschlags vor Gericht verantworten.
Während Klaus-Peter S. (53) und Martin B. (38) in zwei verschiedenen Justizvollzugsanstalten sitzen, kam der dritte Verdächtige bereits wenige Stunden nach seiner Verhaftung wieder auf freien Fuß. „Der Verdacht gegen ihn hat sich nicht erhärtet“, sagt die mit dem Fall betraute Staatsanwältin Sandra Ley auf Nachfrage dieser Zeitung. „Das Ermittlungsverfahren wegen Totschlags gegen ihn läuft weiter, ist auch nicht ausgesetzt worden“, fährt die Anklagevertreterin fort. Was mit dem 51-jährigen Verdächtigen passiere, hänge auch davon ab, wie das aktuell laufende Verfahren gegen Martin B. und Klaus-Peter S. ende.
Staatsanwaltschaft ermittelt
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In diesem hat der dritte Verdächtige zum Prozessauftakt als Zeuge ausgesagt. Demnach hatte er Peter W. in seinem Zimmer aufgesucht, nachdem die Angeklagten ihm aufgetragen hätten, nach diesem zu schauen. Er haben ihn auf die Wange geküsst, und ihm gesagt, dass er selbst Schuld für die Prügel trage.
Laut Klaus-Peter S. war der Zeuge G. jedoch deutlich mehr involviert. Nachdem S. und B. auf ihr Opfer eingeprügelt hatten, sei der 51-Jährige später allein in das Zimmer des Verletzten gegangen. „Der hat ihm mit der Bierflasche vor den Kopf geschlagen. Daran ist der W. erst gestorben“, sagte Klaus-Peter S. vor den Richtern des Schwurgerichts.
Mit Spannung erwarten die Prozessbeobachter nun, wie das Gericht und vor allem die Staatsanwaltschaft die Rolle des möglichen dritten Täters beurteilen.