Gevelsberg. Einer der beiden Täter, die in der Gevelsberger Obdachlosenunterkunft einen Mann lebensgefährlich verletzten, ist verurteilter Totschläger.
Das Milieu, in dem ermittelt wird: sehr schwierig. Die Täter: erheblich alkoholisiert. Die Tat: ausgesprochen brutal. Das Motiv: möglicherweise der Schutz einer Frau. Die Vorstrafen des mutmaßlichen Haupttäters: Totschlag und zahlreiche Körperverletzungen. Die Bluttat in der Gevelsberger Obdachlosenunterkunft an der Gartenstraße schockierte die Menschen über die Stadtgrenzen hinaus. Jetzt hat Staatsanwältin Sandra Ley Anklage gegen die beiden Täter wegen Totschlags erhoben. Im Oktober beginnt das Verfahren vor dem Hagener Landgericht. Brisant: Einer der beiden Männer tötete nicht zum ersten Mal. Von 1999 bis 2012 saß bereits er eine Gefängnisstrafe wegen Totschlags und gefährlicher Körperverletzung ab.
Urteil Mitte November
Der Prozess gegen Klaus-Peter S. (50) und Martin B. (38) beginnt am Freitag, 11. Oktober, ab 9 Uhr vor dem Schwurgericht im Landgericht Haben.
Insgesamt hat das Gericht sieben Verhandlungstage terminiert. Der Urteilsspruch ist vorläufig geplant für Freitag, 15. November.
Auch das Opfer war kein unbeschriebenes Blatt, wurde zuletzt im Jahr 2017 wegen Körperverletzung verurteilt.
Zudem soll die Obduktion ergeben haben, dass er vor der Prügelei in weitere körperliche Auseinandersetzungen verstrickt gewesen sein muss. Dies soll sich aus dem Verletzungsmuster ergeben haben.
18. März 2019: Ein Bewohner der Obdachlosenunterkunft findet einen blutüberströmten 57-Jährigen in seinem Zimmer. Seit Stunden hatte er dort bereits schwer verletzt gelegen. Die Ermittlungen ergeben, dass die beiden Angeklagten – zum Tatzeitpunkt 50 und 38 Jahre alt – mit einem Stuhlbein und einer Eisenstange auf ihr Opfer eingeprügelt haben sollen. Die beiden Verdächtigen sitzen seitdem in Untersuchungshaft, das Opfer verstarb einige Zeit später im Krankenhaus.
Unmengen Alkohol getrunken
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Die Tat ereignete sich in der Obdachlosenunterkunft der Stadt Gevelsberg. Die beiden Angeklagten tranken gemeinsam mit der Freundin ihre späteren Opfers. Er habe wohl zehn Flachen Bier und eineinhalb Flaschen Wodka in sich hineingeschüttet, wird Klaus-Peter S. (50) später bei der Polizei zu Protokoll geben. Während des Gelages kommt das Thema auf, dass das spätere Opfer schon wieder seine Freundin verprügelt habe. S. und der 38-jährige Martin B. sollen sich mit einem Stuhlbein und einer Eisenstange bewaffnet haben, in das Zimmer des 52-Jährigen gegangen sein, um ihm eine Lektion zu verpassen. „Sie sollen mit dem Stuhlbein und der Eisenstange gegen Arme, Beine und den Kopf ihres Opfers geschlagen haben“, sagt Bernhard Kuchler, Vorsitzender Richter am Landgericht Hagen und dort auch für die Pressearbeit zuständig.
Nach der Tracht Prügel lassen sie ihr extrem verletztes Opfer in seinem Blut legen und verlassen den Tatort wieder, bis der Schwerletzte schließlich gefunden wird. Als Notarzt und Sanitäter in der städtischen Einrichtung eintreffen, sind sie selbst geschockt, wie grausam das Opfer zugerichtet wurde. Schnell ist klar: Der Mann schwebt in Lebensgefahr und ist Opfer eines Verbrechens geworden.
Von seinen Verletzungen – unter anderem hat er eine Hirnblutung erlitten – erholt er sich nicht mehr. Er wird bettlägerig, bekommt eine Lungenentzündung und verstirbt.
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Die beiden mutmaßlichen Täter werden noch in der Nacht nach dem Verbrechen geschnappt, dem Haftrichter vorgeführt und sitzen seitdem in Untersuchungshaft. Die Ermittlungen zu diesem Fall gestalten sich derweil für die Beamten extrem schwierig, weil sich die Tat in der Obdachlosen- und Trinkerszene abgespielt hat. Sowohl für die Täter als auch für sämtliche Zeugen sind Blutalkoholwerte von deutlich mehr als zwei Promille nichts Außergewöhnliches. Nicht zuletzt deshalb werden auch beide Angeklagte dahingehend begutachtet.
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Während Martin B. laut Anklage eher eine Mitläuferrolle bei zugeschrieben wird, gilt der 50-jährige Klaus-Peter S. als Haupttäter. Ein Blick in sein Vorstrafenregister zeigt eine fast beispiellose Knastkarriere – seit 20 Jahren ausschließlich wegen diverser Gewaltdelikte. Die lange Liste seiner Verurteilungen beginnt im Jahr 1992 im Alter von 23 Jahren wegen Diebstahls. Im Jahr darauf folgen Raub, Diebstahl und Waffenbesitz, 1994 noch ein Diebstahl. Im Jahr 1999 steht er schließlich vor dem Landgericht Hagen. Totschlag und gefährliche Körperverletzung lautet die Anklage. Der damals 30-jährige wird am 10. Juni 1999 zu zwölf Jahren und sechs Monaten Gefängnis verurteilt. Während er die Haft verbüßt, folgt ein weiteres Urteil wegen Betrugs am Amtsgericht Bochum. Eine frühzeitige Entlassung kommt für S. nicht in Frage, so dass er erst im März des Jahres 2012 wieder auf freien Fuß kommt.
Gefängniskarriere nimmt Fahrt auf
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Doch Gewaltverbrechen sind jetzt erst recht zu seinem Metier geworden. Rein, raus, rein, raus, rein, raus – seine Gefängniskarriere nimmt richtig Fahrt auf. Vier Monate wegen Körperverletzung gibt es vom Amtsgericht Schwelm im Jahr 2013, sechs Monate im Jahr 2014, fünf Monate im Jahr 2015. Kurz nach dieser Entlassung findet sich Klaus-Peter S. vor dem Amtsgericht in Soest auf der Anklagebank wieder und wird verurteilt zu einem Jahr und neun Monaten Gefängnisstrafe wegen: Körperverletzung.
Das bislang letzte Mal verlässt er das Gefängnis am 11. Januar des Jahres 2018 und bleibt auf freiem Fuß bis er am 18. März 2019 in der Gartenstraße auf sein Opfer eingeprügelt haben soll. Die Anklage wegen Totschlags ist übrigens nicht die einzige wegen der er sich vor dem Hagener Landgericht verantworten muss. Die Staatsanwaltschaft klagt ihn wegen einer weiteren Körperverletzung an. Er soll ausgerechnet die Freundin des Toten, die er vor den Schlägen seines späteren 52-Jährigen Opfers schützen wollte, verprügelt haben.