Ennepetal. . Das Kapitel um die Roma in Hasperbach bei Ennepetal neigt sich dem Ende entgegen. Von einst mehr als hundert Personen leben aktuell nur noch 27 in den Häusern an der Hagener Straße – und auch sie wollen bis Ende des Jahres aus Ennepetal wegziehen.

Die Umstände, unter denen sie sich dazu entschlossen haben, und die jüngste Entwicklung klingen alles andere als erfreulich. Die Sozialarbeiter vom Verein „Zukunftsorientierte Förderung“, kurz ZOF, die sich um die Roma kümmern, haben die Stadt Anfang dieser Woche darüber informiert, dass die letzten drei verbleibenden Familien Ennepetal bis zum Monatssende verlassen wollen. Sie wollen nach Hagen ziehen, wohin es schon die Roma-Familien zog, die zuletzt aus Hasperbach wieder weggingen.

Aus welchem Grund nun auch die letzten Roma Ennepetal verlassen, ist unklar. Fakt ist: Die Familien, die zuletzt gingen, fühlten sich dazu gezwungen, weil ihnen zwischenzeitlich das Kindergeld – wie zu hören war, ihre einzige Einnahmequelle – gestrichen wurde.

Der Reihe nach: Wie mehrfach berichtet, hatten die Roma bei ihrer Ankunft im März Mietverträge unterschrieben, die eine zeitliche Befristigung enthielten. Sie wurde von Mietrechtsexperten als nicht gültig eingeschätzt. Anders gesagt: Es handelte sich um unbefristete Mietverhältnisse.

Mangelhafte Zustände in Hapserbach zeigten Wirkung

Die mangelhaften Zustände in Hapserbach wurden im Sommer zu einem öffentlichen Thema. Der Vemieter beglich Wasserrechnungen nicht, und füllte die Öltanks im Keller nicht auf. Mehrfache Androhungen seitens des Vermieters, er poche auf die Befristung und lasse die Wohnungen notfalls räumen, wurden nicht umgesetzt. Aber sie verfehlten ihre Wirkung nicht. Die ersten Roma-Familien zogen davon beeindruckt im Oktober weg. Von einst 115 Menschen blieben noch 70, aufgeteilt auf acht Familien.

Auch interessant

Dabei sollte es nicht bleiben. Nun kam die Kindergeldkasse ins Spiel. Obwohl faktisch ein unbefristetes Mietverhältnis vorlag, orientierte sich die Behörde in Iserlohn an der schriftlich fixierten, aber ungültigen Frist in den Verträgen. Sie zahlte den Roma-Familien das Kindergeld bis zum Ende der Frist und informierte sie darüber, dass ein laufender Mietvertrag vorgelegt werden müsse, um weiterhin Kindergeld zu bekommen.

Kindergeld abhängig von gültigen Mietverträgen

Gültige Mietverträge bei der Bewilligung von Kindergeld heranzuziehen, sei im Fall von nicht-deutschen EU-Bürgern durchaus gängige Praxis, teilte die für die Kindergeldkasse zuständige Agentur für Arbeit in Hagen mit. Es obliege nicht der Behörde, zu beurteilen, ob eine Befristung in einem Mietvertrag rechtens ist. Die Sachbearbeiter seien keine Mietrechtsexperten.

Roma hatten Anspruch auf Kindergeld - Neue Hoffnungen in Hagen 

Die Roma hatten also Anspruch auf den Weiterbezug des Kindergeldes, doch sie selbst und andere setzten diesen Anspruch nicht durch. Das fiel auch keinem auf. Die Stadt Ennepetal bekam im November Wind davon und schaltete sich ein. Sie schickte der Kindergeldkasse kurzerhand die Meldebescheinigungen der betroffenen Familien zu, womit die Voraussetzung für die Weitergewährung des Kindergeldes sofort geschaffen war.

Auch interessant

Unglücklicherweise hatten sich zu diesem Zeitpunkt drei Roma-Familien schon um eine neue Wohnung und einen neuen Mietvertrag gekümmert. Sie zogen nach Hagen um. Angeblich soll es sich um Wohnungen in ein oder mehreren Häusern handeln, in denen bereits Roma-Familien wohnen. Es ist die Rede davon, dass auch die drei noch in Ennepetal verbliebenen Familien nun dorthin ziehen wollen.

Was der Umzug für die Roma bedeutet, ist unklar. Außenstehende befürchten, dass sie es in Hagen wieder mit einem dubiosen Vermieter zu tun bekommen könnten, wie schon bei ihrem Umzug von Duisburg nach Ennepetal. Die Vermieter hier sind ihren Pflichten mehrfach nicht nachgekommen. Als im Juli das Wasser abgedreht wurde und Kindswohlgefährdung zu befürchten war, sprang die Stadt kurzerhand ein und beglich die Wasserrechnung für den Vermieter.

Stadt Ennepetal lässt Vermieter "nicht vom Haken"

Die Kosten dafür (seit Juli knapp über 1000 Euro) wie die fürs Heizöl, was die Stadt Ennepetal im Oktober angesichts leerer Tanks besorgen musste, wird den Vermietern auf jeden Fall in Rechnung gestellt. „Wir lassen die nicht vom Haken“, versicherte Stadtsprecher Hans-Günther Adrian bereits vor Tagen. Die Rechnung wird dem bzw. den Vermietern im Rahmen einer Ordnungsverfügung zugestellt.