Fachkräfte-Mangel hin, Betriebsklima her - in der Hönnetal-Wirtschaft ist unternehmerische Fantasie so wichtig wie selten zuvor.

Das Unternehmen HLH BioPharma beklagt keinen Fachkräfte-Mangel. Dennoch hat sich Chefin Sandra Lüngen etwas getraut. Sie hat im vorigen November die Vier-Tage-Woche für ihre Belegschaft eingeführt. Der Schritt war nicht ohne Risiko. Das weiß die Unternehmerin selbst.

HLH-Chefin Sandra Lüngen (2. von rechts, mit Team) ist Südwestfalens Unternehmerin des Jahres.
HLH-Chefin Sandra Lüngen (2. von rechts, mit Team) ist Südwestfalens Unternehmerin des Jahres. © HLH | hlh

Die Idee: In vier Tagen soll das Team das schaffen, wozu es sonst fünf Tage gebraucht hat. Leistungsverdichtung war Preis für weniger Wochenarbeitszeit bei vollem Gehalt.

Zuvor war zu klären: Würde die Belegschaft mitgehen? Die Antwort lautete Ja. Dennoch blieb zunächst offen, wie sich die neue Organisation der Arbeit auf Team und Ergebnis auswirken würde. Inzwischen, sechs Monate später, liegt ein Ergebnis vor.

Die Belegschaft leistet mehr, hat mehr Spaß an der Arbeit, wird weniger krank.

HLH Balve: So inszeniert sich das Team mit Chefin Sandra Lüngen (Mitte vorn).
HLH Balve: So inszeniert sich das Team mit Chefin Sandra Lüngen (Mitte vorn). © HLH | hlh

Obendrein ist Sandra Lüngen ein Marketing-Coup gelungen. Während der Märkische Arbeitgeberband (MAV) Arbeitszeitverkürzung immer noch argwöhnisch beurteilt, hat die Unternehmerin aus Balve ein Ausrufezeichen gesetzt: Es klappt.

Ist HLH BioPharma eine Blaupause gelungen? An dieser Stelle ist Vorsicht geboten. Zu sehr unterscheiden sich Unternehmen nach Branche und Standort, als dass sich ein lokales Erfolgsrezept 1:1 übertragen ließe. Darauf weist der MAVzurecht hin. Dennoch ist Fantasie gefragt. Die Rezession geht. Der Fachkräftemangel bleibt.

Der Mangel hätte mittelfristig ähnliche Auswirkungen wie corona-bedingte Lieferengpässe. Produkte und Dienstleistungen werden verknappt. Dadurch dürften die Preise stärker steigen als gewünscht.

Deshalb sind Verbände und Unternehmen gut beraten, weiter daran zu arbeiten, die Vorteile der Jobs in der Region jenseits des Entgelts herauszuheben – eine Aufgabe, der sich auch das Stadtmarketing der Kommunen stellen müsste. Wahlkampf-Taktik hin, politische Strategie her: Damit hat Balve bereits ein Top-Thema nach der Kommunalwahl 2025.