Balve/Menden/Hemer. Andreas Kolarik und Adalbert Allhoff-Cramer erneuerten ihre Grundsatz-Kritik an Steinbruch-Plänen von Lhoist. Warum?

Der Naturhistorische Verein Hönnetal (NHV) und die Stiftung Hönnetal haben sich erneut für den Stopp des Kalkabbaus in der Region ausgesprochen. Das bekräftigten NHV-Vorsitzender Andreas Kolarik und Stifter Adalbert Allhoff-Cramer bei einem Redaktionsbesuch. Sie sehen sich durch den Erfolg einer Online-Petition bestätigt.

Die Initiatoren der Petition„Kalkabbau beenden – Deine Stimme für das Hönnetal“ sind im vorigen Jahr mit dem Ziel angetreten, 1000 Unterstützerinnen und Unterstützer zu finden. Die Marke wurde deutlich überschritten. Inzwischen unterstützen das Ziel der Petition mehr als 1300 Personen, viele mit vollem Namen, viele mit Begründung. Das Gros wohnt in Balve und Hemer. In Menden hat die Kampagne weniger Rückhalt. „Sie ist erstaunlich weit gekommen“, bilanzierte Allhoff-Cramer, „ein Erfolg ist sie aber erst, wenn man sagen kann, es ist auch das Ende des Kalkabbaus.“

Die Petition richtete sich direkt an NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU). Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) antwortete Kolarik und Allhoff-Cramer ausführlich.

Mit Blick auf weiteren Kalkabbau im Hönnetal ließ Kolarik das Job-Argument nicht gelten. Lhoist biete noch knapp 170 Arbeitsplätze. Die Beschäftigten wohnen laut Kolarik vorwiegend in Eisborn und Oberrödinghausen. Zudem zahle Lhoist am Hauptsitz in Wülfrath Gewerbesteuern, nicht jedoch in Menden. Allhoff-Cramer sagte, Arbeitsplätze seien wichtig. Die von Kolarik und ihm angeführten Schutzgüter seien aber wichtiger.

Andreas Kolarik (NHV) und Adalbert Allhoff-Cramer (Stiftung Hönnetal) sprechen sich für ein Ende des Kalkabbaus aus.
Andreas Kolarik (NHV) und Adalbert Allhoff-Cramer (Stiftung Hönnetal) sprechen sich für ein Ende des Kalkabbaus aus. © Balve | jürgen overkott

Nur ein vollständiges Ende des Kalkabbaus erhalte das Landschaftsbild im Hönnetal, schütze Tiere und Pflanzen in der Region, garantiere die Wasserversorgung nach bisherigem Standard und bewahre kulturelle Zeugnisse aus mehreren zehntausend Jahren Siedlungsgeschichte, argumentierten Kolarik und Allhoff-Cramer.

„Es geht uns um den Erhalt der Natur, des einzigartigen Hönnetals, der Heimat“, erklärte Allhoff-Cramer. Der Begriff „Landschaftsbild“ werde in Landes- und Regionalentwicklungsplan als Schutzkriterium häufig erwähnt. Allhoff-Cramer forderte Kalk-Produzent Lhoist auf, der Öffentlichkeit eine Simulation zu präsentieren, wie sich die Landschaft durch eine Erweiterung des Steinbruchs verändern würde. Er hielt es für nicht unwahrscheinlich, dass Burg Klusenstein langfristig von Steinbrüchen umgeben sei – „wie eine Insel im Meer“.

Zur geplanten Abbau-Vertiefung um 60 Meter sagte Kolarik: „Die Steinbrüche versauen uns Trinkwasser in der Tiefe, was verschmutzt werden könnte.“ Im nord-südlich verlaufenden Karstgebiet fließe Wasser auch unterhalb der Oberfläche. Es gebe die Möglichkeit, Karstwasser aus der Tiefe als Trinkwasser zu nutzen. Es habe mehrere Bodenschichten durchlaufen, sei gereinigt und weise nur einen geringen Kalk-Gehalt auf.

Kolarik befürchtet, dass eine Ausweitung des Kalkabbaus in Richtung Beckumer Feld dafür sorgen würde, dass Quellen an der Klusensteiner Mühle versiegen würden: „Der Karst in diesem Gebiet ist wie ein Schweizer Käse.“ Wenn der Wasserabfluss von Eisborns Hochfläche gestört würde, würde das Landschaftsbild durch veränderte Flora und Fauna gestört.

Zudem argwöhnt Kolarik, dass sich in dem vertieften Steinbruch künftig Wasser sammeln würde, was schließlich ungefiltert in die Hönne flösse. Das würde auf lange Sicht das Trinkwasser „auf immer und ewig versauen“.

Derzeit steht das Hönnetal zwischen Binolen und Oberrödinghausen unter Naturschutz; obendrein ist es ein sogenanntes FFH-Gebiet. Im Karst gebe es schützenswerten Schluchtwald. Die Kombination von kalkhaltigem Boden und hoher Feuchtigkeit ermögliche eine besondere Tier- und Pflanzenwelt. Das kühle Mikroklima im Hönnetal versorge zudem Lendringsen in den immer wärmer werdenden Sommern mit kühler Luft.

Kolarik sagte, ein Unternehmen könne aber darauf drängen, den Schutzstatus des Gebietes aufzuheben – wenn der Nachweis gelänge, dass Rohstoffe wie Kalk nur dort wirtschaftlich gewonnen könnten.

Kolarik und Allhoff-Cramer stellten überdies die geplante Abspaltung und Verflüssigung von Kohlendioxid bei der Kalkproduktion in Frage. Das Verfahren firmiert als CCS. Vorgesehen ist, verflüssigtes CO2 im Meer vor Norwegen zu versenken. Kolarik und Allhoff-Cramer sehen die Gefahr, dass der Stoff durch Erdbeben freigesetzt werden könnte. Weniger umweltbelastend sei ein Verfahren namens CCU. Es ziele darauf ab, Kohlendioxid in anderen Produkten weiter zu verwenden. Letztlich gelange das Treibhausgift in die Atmosphäre. Besser sei das Verfahren CDR. Dabei gehe es darum, Kohlendioxid aus Luft oder Wasser zu entnehmen.

Eines indes ist für Kolarik und Allhoff-Cramer unstrittig. Kalk werde weiter gebraucht. Als zukunftsweisend klimafreundliches sehen die beiden als allerdings künstlich hergestellten Kalk.