Balve. Im Flüchtlingscafé lag Leichtigkeit in der Luft. Dabei ging es um einen Abschied.
Leichtigkeit lag in der Luft, obwohl es wahrscheinlich ein Abschied war: Rund 40 Geflüchtete aus der Ukraine haben im Flüchtlingscafé der Evangelischen Gemeinde Balve Nikolaus gefeiert. Kinder trugen Gedichte und Geschichten in ihrer Muttersprache vor. Geschenke gab’s, für die Kinder und auch für Organisatorin Jutta Wilmes aus dem Presbyterium. Natalya Franz hatte eine ukrainische Wickelpuppe besorgt. Und schließlich tanzte die Meute ausgelassen, Nikolaus Mitri vorne weg. „So feiern wir Nikolaus“, sagten ukrainische Frauen übereinstimmend im Gespräch mit der Westfalenpost. Die Feier hatten Jutta Wilmes und ihr Team organisiert – ein letztes Mal.
18 Monate lang hatte die Gruppe Geflüchteten aller Altersklassen, vor allem aber Müttern mit Kindern, das Ankommen in Deutschland, im Hönnetal erleichtert. Anfangs war der Andrang riesengroß. Die Teilnehmerschar war oft mehr als 60-köpfig. Das Flüchtlingscafé diente als Kontaktbörse. Jutta Wilmes stellten Kontakte zu Manuela Schröder von der Stadt Balve her; sie ist im Rathaus für Geflüchtete zuständig. Feuerwehrleute wie Nils Hagelüken erklärten Brandschutz, die neue Malteser-Stadtbeauftragte Kristina Stadelhofer und eine Helfergruppe gaben Tipps für Erste Hilfe.
18 Monate nach Beginn des russischen Angriffskrieges sind viele Geflüchtete dabei, im Sauerland anzukommen. Nachbarschaftskontakte ergeben sich oft in der voll belegten Unterkunft am Krumpaul, im ehemaligen Sonderklassentrakt der Hauptschule. Kinder sind mit Schule und Hausaufgaben ausgelastet, Mütter nehmen lange Wege in Kauf, um in Sprachkursen Deutsch zu lernen. „Wer Glück hat“, meint Jutta Wilmes leicht sarkastisch, „muss nach Iserlohn, wer Pech hat nach Unna. In Menden sind die Kurse schnell belegt – oder sie fallen aus.“ Kurse in Iserlohn oder gar in Unna sind für Ukrainerin mit kleinen Weltreisen verbunden. „Sie müssen morgens um sechs Uhr aufstehen“, weiß Jutta Wilmes, „und dann stehen zwei Stunden Fahrt an.“ Das setze aber voraus, dass Bus und Bahn fahren. Außerdem sei erforderlich, dass die Anschlussverbindungen funktionieren. Das allerdings sei Glücksache. Wer Pech habe, müsse 20 oder gar 40 Minuten Wartezeit überbrücken.
Die Fortgeschrittenen-Sprachkurse für die oft hochqualifizierten Frauen enden im kommenden März. Und dann? „Dann müssen sich die Frauen Arbeit suchen“, sagt Jutta Wilmes. Heimische Unternehmen mögen das in Zeiten des Fachkräfte-Mangels als leisen Wink verstehen.
Ob’s für die Frauen klappt? Wer weiß. „Viele von ihnen“, hat Jutta Wilmes erfahren, „denken darüber nach, in größere Städte zu ziehen.“
Im Café macht sich die Entwicklung bemerkbar. Zuletzt kamen nur „zehn, elf Personen“ – zu wenig, wie Jutta Wilmes feststellte. Der Märkische Kreis sei bereit gewesen, das Café sogar rückwirkend zu fördern. Voraussetzung sei allerdings, dass mindestens zehn Personen zu den Treffen kommen. Das kann Jutta Wilmes nicht mehr garantieren.