Balve. Die Stadt Balve kann Geflüchtete noch unterbringen. Was die Zukunft bringt: ungewiss. Fakt ist: Mit Wohnraum allein ist die Arbeit nicht getan.
Den Andrang an Flüchtlingen hat die Stadt Balve bisher gut bewältigt. Als richtige Entscheidung habe sich vor allem der Umbau des Sonderklassentrakts der ehemaligen Hauptschule zu einem Übergangsheim für Geflüchtete aus der Ukraine erwiesen, sagte der städtische Fachbereichsleiter Michael Bathe im Gespräch mit der Westfalenpost. Im September seien 28 zusätzliche Personen gekommen, Anfang Oktober weitere neun. Bathe: „Wir haben noch Kapazitäten.“ Wie lange der Platz noch reicht, steht allerdings dahin.
Unterdessen gibt es eine gute Nachricht vom Balver Bündnis für Flüchtlinge. „Es geht weiter“, freut sich Mitorganisator Siegfried Mertens. Genau das war nach dem Tod von Gründungsmitglied Engelbert Falke lange nicht klar. „Engelbert Falke war 2015 Gründer von uns. Er hinterlässt bei allen eine große Lücke.“ 17 Teilnehmer fanden sich im Bürgerhaus am Platze ein, um die Weichen in eine neue Zukunft des Bündnisses zu stellen.
„Wir sind auch auf der Suche nach neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, um auch in Zukunft bei der Integration der Flüchtlinge aktiv zu werden. Wir haben zum Beispiel einen großen Bedarf an Hauspaten und Menschen, die mithelfen, sich um die Flüchtlinge zu kümmern. Sie können beispielsweise bei Behördengängen oder Arztterminen helfen oder auch Fahrdienste übernehmen“, erklärt Mertens.
409 Flüchtlinge hatten Mitte September im Balver Stadtgebiet Zuflucht gefunden. Davon sind rund 40 Prozent Flüchtlinge aus der Ukraine. Die nächste große Gruppe sind Menschen aus Syrien. Die machen rund 23 Prozent aus. „Jeder von ihnen hat sein individuelles Schicksal und benötigt oft Einzelbetreuung“, weiß Mertens. Dabei ist der Aufwand für Helfer meist überschaubar. Mertens: „Das sind oft nur Kleinigkeiten, die oft eine große Hilfe sind.“ Und: „Schön wäre es, wenn wir einen Pool an solchen Helfern hätten. Aber auch Menschen, die sich individuell um Personen oder Familien kümmern möchten, sind immer sehr gerne gesehen.“
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Sprachprobleme sind kein Hindernis laut Mertens: „Es gibt ja viele gute Übersetzungsprogramme, welche uns bis jetzt gute Dienste geleistet haben.“ Wer sich bei dem Bündnis einbringen möchte, kann sich bei Manuela Schröder (Stadt Balve, 02375-926104) oder bei Birgit Schäfer (0151-17140011) melden. Die beiden Damen können potenzielle Helfer beraten.
Derweil ist Mertens auf der Suche nach alten Fahrrädern, welche er in seiner Werkstatt ein zweites Leben einhauchen kann und Flüchtlingen für kleines Geld zur Verfügung stellt. „Der Bedarf nach Fahrrädern für eine unabhängige Mobilität der Menschen ist nach wie vor sehr hoch.“ Bike-Spenden sind gerngesehen. Mertens holt sie persönlich ab (0176-96182323). Dienstags von 17 bis 19 Uhr und samstags von 10 bis 12 Uhr schraubt er in seiner Werkstatt. Er würde sich über helfende Hände freuen.
Trotz des ehrenamtlichen Einsatz bleibt reichlich Arbeit für die Kommune. „In erste Linie heißt es für uns: Wir müssen sie unterbringen“, sagt Bathe über die Geflüchteten. „Aber der zweite und dritte Schritt sind Schule und Kindergarten. Von den 28, die letztens gekommen sind, waren 17 Kinder im schulpflichtigen Alter.“ Für die Schulleiterinnen im Stadtgebiet ist das eine große Herausforderung. Je mehr Kinder ohne Deutsch-Kenntnisse in einer Klasse sind, so lautet eine Faustregel, desto schwieriger wird der Unterricht. Allein in der Realschule büffeln 16 Kinder aus der Ukraine, dazu vier junge Geflüchtete aus anderen Ländern. Das sei wegen der Größe der Schule „noch händelbar“. Dazu kommt: „Die Kinder sprechen teilweise Englisch und haben eine große Bereitschaft, Deutsch zu lernen.“ Schwieriger sei die Lage an der deutlich kleineren Grundschule Balve. 16 Kinder aus der Ukraine seien dort, dazu sieben Mädchen und Jungen aus anderen Ländern.
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Derweil grübelt die Verwaltung über Lösungen bei weiterem Zuzug: „Wir wollen keine Turnhallen belegen. Schul- und Vereinssport haben gelitten unter Corona. Wenn wir dann eine Halle sperren, kommt das nicht gut.“