Hagen. Nach der Schwangerschaft oder längerer Arbeitslosigkeit ist der Wiedereinstieg in den Job nicht leicht. Zwei Frauen aus Hagen erzählen.
Die Geschichten, die diese zwei Frauen aus Hagen zu erzählen haben, sind ganz unterschiedlich. Sie eint aber: Der Wiedereinstieg in den Job ist nicht leicht – und das trotz des Fachkräftemangels in eigentlich allen Branchen. „Sie glauben gar nicht, wie oft ich zuletzt nach Bewerbungen gehört habe, dass ich dem Arbeitgeber zu unflexibel bin“, sagt Vanessa Konetzka (34). Sie ist heute mit ihrer Tochter (2) hier in der Volme-Galerie bei der Woche der Chancengleichheit, hat gerade ein Bewerbungstraining absolviert. Die letzten Jahre, das sagt sie, ohne nur eine Sekunde darüber nachdenken zu müssen, „waren eine Katastrophe.“ Sie versuchte immer wieder, einen Job zu finden, es scheiterte aber vor allem an der Betreuungssituation.
Der eigenen Tochter etwas bieten
Sie bekam also Bürgergeld. „Das möchte ich nicht mehr. Ich möchte mein eigenes Geld verdienen und meiner Tochter etwas bieten können – und stolz auf mich sein“, sagt die 34-Jährige, die jetzt die „Navi-Maßnahme“ des Jobcenters absolviert. Das bedeutet so viel wie: nachhaltige Aktivierung, Vermittlung und Integration. Das Projekt geht über 26 Wochen. Sie kommt raus, lernt viel dazu – zum Beispiel, wie man Bewerbungen oder einen Lebenslauf schreibt. Es geht aber auch darum, eigene Stärken zu erkennen, den Umgang mit Ämtern und Institutionen zu lernen und in die Berufs- oder Ausbildungsplanung zu kommen.
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„Ich finde das total super“, sagt die alleinerziehende Mutter aus Hagen, die ihre Tochter auch zu den einzelnen Terminen (15 Stunden pro Woche) mitbringen kann. „Ich bin immer noch in der Findungsphase, was die Berufsorientierung angeht. Aber wenn alles klappt, würde ich im August – wenn meine Tochter in den Kindergarten kommt – gerne wieder in den Job einsteigen“, sagt Vanessa Konetzka.
Wiedereinstieg: Neue Tagesstruktur bieten
In der Volme-Galerie ist auch Denise van Dijck (27) vor Ort. Ihre Geschichte ist zwar anders, aber auch bei ihr geht es um den Wiedereinstieg ins Berufsleben. In ihrem Fall nach mehreren Jahren gesundheitsbedingter Arbeitslosigkeit. Auch sie ist Kundin des Jobcenters. Und auch sie nimmt an einem Programm teil, das eine berufliche Perspektive und vor allem wieder eine Tagesstruktur bieten soll. „Ich habe vor drei Wochen angefangen und könnte nicht glücklicher sein“, sagt die junge Frau, die erst vor acht Jahren nach Hagen gezogen ist. Über den Trägerverein „Stoffwechsel“ arbeitet sie derzeit vier Stunden pro Tag in einem Second-Hand-Laden an der Frankfurter Straße 90-92.
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Verschiedene Bildungsangebote
Das Bildungsangebot richtet sich gezielt an Frauen (auch mit Migrationshintergrund), denen es den Übergang ins richtige Berufsleben erleichtern soll. „Man wird aufgebaut und ermutigt. Ich hätte auch niemals gedacht, dass das so viel Spaß machen würde. Ich würde am liebsten jeden Tag nicht wieder nach Hause gehen“, sagt die 27-Jährige und lächelt. Die Maßnahme ist zunächst auf drei Monate ausgelegt – mit Option auf Verlängerung und den Wechsel in einen der anderen Bereiche (Wäscherei, Schneiderwerkstatt, Dekowerkstatt). Sie erhält zusätzlich zum Bürgergeld eine Aufwandsentschädigung, man könnte sagen eine Art Aufstockung. Viel wichtiger aber ist es, dass die Frauen wieder eine feste Tagesstruktur und Konstante im Leben haben, um sie langsam auf den Wiedereinstieg vorzubereiten.
So weit ist es bei Denise van Dijck, die im Bereich Verkauf/Kundenberatung/Etikettierung tätig ist, noch nicht. „Ich bin zunächst einmal überglücklich, dass das Jobcenter mich in diese Maßnahme vermittelt hat. Vielleicht kann ich ja sogar meine Stundenzahl aufstocken. Irgendwann ist natürlich das Ziel, dass ich wieder in eine feste Beschäftigung wechsle.“
>>> HINTERGRUND: Wichtig für den Arbeitsmarkt
Bei der Woche der Chancengleichheit geht es darum, das Thema Wiedereinstieg in den Job in den Fokus zu rücken. Die Agentur für Arbeit und das Jobcenter haben die Aktion, bei der auch viele Kooperationspartner vertreten waren, organisiert. Angeboten wurden u.a. Workshops oder Informationsangebote (z.B. Bewerbungsmappencheck oder Berufskunde mit VR-Brillen). Zudem hatten Frauen die Möglichkeit, sich über Arbeitgeber und freie Stellen zu informieren.
Holger Schmitz, Geschäftsführer des Jobcenters, betont: „Gerade die Zielgruppe der jungen Frauen ist für den Arbeitsmarkt total wichtig. Der Fachkräftemangel wird künftig nicht abnehmen. Viele der Frauen sind hochmotiviert – leider sind aber 81,3 Prozent unserer Kundinnen geringqualifiziert, was eine Integration in den Arbeitsmarkt erschwert. Ergänzend kommen Sprachbarrieren oder Betreuungsprobleme“, schildert er die Situation, die nicht nur auf Hagen zutrifft. In Hagen liegt der Anteil der weiblichen Erziehenden, die in den Arbeitsmarkt integriert werden konnten, bei 36,4 Prozent. Diesen Wert gelte es weiter zu steigern und dies auch unter Berücksichtigung der Alleinerziehenden, die in vielen Fällen den klaren Willen haben, ihre Situation zu verändern.
Das Hagener Haus berät daher die Arbeitssuchenden zum Thema Bildungsangebote und Qualifizierungsmöglichkeiten und vermittelt an entsprechende Träger. „Wir bieten beispielsweise Trägermaßnahmen in Teilzeit an. Jeder Fall ist besonders – die Beratung muss auf die Bedürfnisse zugeschnitten werden“, erklärt Schmitz. Wie lange es im Schnitt dauert, bis eine Frau wieder in eine Beschäftigung vermittelt wird, lasse sich nicht Pauschalisieren: „Das ist unterschiedlich.“
Die Organisatorinnen (und Beauftragten für Chancengleichheit) Frauke Ciupka (Agentur für Arbeit) und Tanja Eickelmann (Jobcenter Hagen) ziehen mit Blick auf die Aktion in der Galerie ein Fazit: „Aus unserer Sicht eine gelungene Woche für die Hagener Frauen“, resümiert Frauke Ciupka. „Besonders gefreut hat uns, dass so viele Netzwerkpartner diese Woche der Chancengleichheit mitgestaltet, sich untereinander vernetzt und so für kurze Wege für unsere Kundinnen gesorgt haben“, so Tanja Eickelmann.