Arnsberg. AfD beantragt, die Anzahl der Arnsberger Ratsmitglieder ab 2025 zu halbieren. Die anderen Parteien sehen darin eine Provokation.
Die AfD überrascht mit dem Antrag, für die nächste Legislaturperiode die Anzahl der Mitglieder im Rat der Stadt Arnsberg zu halbieren. Begründet wird der Antrag mit Möglichkeiten der Kostenersparnis. Die politischen Wettbewerber und anderen Ratsparteien sehen darin aber eine wiederholte Provokation. „Wieder zeigt die AfD, dass sie die Demokratie abschaffen möchte“, sagt Verena Verspohl, Sprecherin von Bündnis 90/Grüne im Rat der Stadt Arnsberg. Der Antrag sei „blanker Hohn“. Der Rat der Stadt bilde die durch die Kommunalwahl bestimmten Mehrheitsverhältnisse „bestmöglich ab“.
Die Größe eines Stadtrates ist auch durch die Kommunalwahlordnung und weitere gesetzliche Vorgaben des Landes geregelt. Demnach muss eine Stadt mit zwischen 50.000 und 100.000 Einwohnern 50 Ratsmitglieder haben. Die Zahl kann durch Ausgleichsmandate variieren. In Arnsberg gibt es aktuell 52 Ratsmitglieder. Maximal könnte der Rat nach Paragraph § 3 Absatz 2 des Kommunalwahlgesetzes entsprechend um 10 Vertreter/-innen reduziert werden. „Insofern könnten maximal noch sechs weitere Mandate eingespart werden“, teilt die Stadt mit.
Die Gesetzeslage beeindruckt AfD-Fraktionssprecher Otto Strauß aber wenig. „Gesetze hatten auch in der Coronazeit keine Gültigkeit“, behauptet er auf Nachfrage unserer Zeitung. Hier sei der Rat auch nicht vollzählig zusammengekommen und habe demokratische Entscheidungen gefällt. Diese Argumentation lässt Fraktionsvorsitzender Daniel Wagner von der FDP nicht gelten. Die aus Infektionsschutzgründen vorgenommene „freiwillige Halbierung“ des Rates habe „politische Abstimmungsprozesse verkompliziert und verkürzt“.
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Im Antrag greift die AfD ein weiteres ihrer Reizthemen auf. Sie fordert, dass Ausschüsse auf den Prüfstand gestellt werden und schießt sich dabei auf den Ausschuss für Nachhaltigkeit ein, der auf Drängen der Grünen nach der jüngsten Kommunalwahl eingeführt worden war. „Geschenke der CDU, wie an die Partei der Grünen, einen Klimaausschuss zu beschließen, wenn exakt die gleichen Themen im Ausschuss für Nachhaltigkeit behandelt werden, sollten und können wir uns derzeit einfach nicht leisten“, sagt Otto Strauß. CDU-Ratsfraktionsvorsitzender Jochem Hunecke nennt den AfD-Antrag „undemokratischen Unfug“.
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SPD-Fraktionsvorsitzender Frank Neuhaus kritisiert den Antrag der AfD ebenfalls. „Da scheint Quantität vor Qualität zu gehen“. Er spricht von einem „rein populistischen und unseriösen Vorschlag“ - wie man ihn von der AfD bereits kenne. Die Stadt Arnsberg habe die Zahl der Ratsmitglieder in der Vergangenheit bereits einmal reduziert. Es brauche aber eine höhere Zahl an Ratsmitgliedern. „Wir wollen Bürgernähe und dazu brauchen wir Vertreter aus allen Teilen der Stadt“, sagt Neuhaus.
Daniel Wagner (FDP) verweist darauf, dass die jetzige Größe des Rates nötig sei, um jeden Ortsteil der Stadt ausreichend vertreten zu sehen.
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Otto Strauß verweist auf den Rat als Kostenfaktor der Ratsarbeit und wirft ein Einsparpotenzial von 600.000 bis 800.000 Euro in den Raum. Unsere Zeitung fragte nach, wie die AfD mit den an sie gezahlten Geldern aus dem städtischen Etat umgeht. „Wir erhalten das, was anderen auch zusteht und geben das Geld für die Fraktionsarbeit aus“, sagt er.
Daniel Wagner (FDP) bezweifelt die AfD-Rechnung, weil es viele Kosten für Ratsangelegenheiten gibt, die nicht von der Zahl der Ratsmitglieder abhängt (z.B. Städtepartnerschaften, Ausschussarbeit, Ratsbüro). Er stellt Haushaltsmittel für Ratsarbeit grundsätzlich nicht in Frage. „Demokratie ist das wichtigste Fundament unserer Werteordnung“, so Wagner, „dass dies auch Kosten verursacht, sollte allen klar sein“. Der Kostenfaktor sei gegenüber vielen anderen Haushaltspositionen aber „sehr klein“. Otto Strauß sei gut beraten, sich „mit den großen Haushaltspositionen, die er mitbeschlossen hat, zu beschäftigen, um echtes Sparpotential zu ermitteln“.
Die Fakten: Im städtischen Haushalt wurden für die Haushaltsjahre 2022/2023 für die „Aufwendungen für ehrenamtliche Tätigkeiten“ jährlich rund 560.000 Euro und für die Fraktionszuwendungen rund 190.000 Euro bereitgestellt. Die Zahlung der monatlichen Aufwandsentschädigungen für Ratsmitglieder beträgt gemäß Entschädigungsverordnung NRW (EntschVO NRW) aktuell 346,80 Euro. Eine Einsparung würde sich bei entsprechender Reduzierung der Mandate ergeben. Bei Zugrundelegung von sechs einzusparenden Mandaten wären dies rund 25.000 Euro pro Jahr. Gleiches bei Sitzungsgeldern: Aktuell beträgt die Höhe des Sitzungsgeldes für Ratsmitglieder 25,50 Euro. Bei einzusparenden sechs Mandaten wären dies rund 150 Euro je Sitzung. Weitere Einsparungen würde es gegebenenfalls bei Fahrtkosten geben. „Bei der Zahlung der Fraktionszuwendungen würde es ebenfalls zu Reduzierungen kommen, die aber abhängig sind von den jeweiligen Fraktionsstärken und daher so nicht bezifferbar sind“, so teilt die Stadt auf Nachfrage mit.
Erst kürzlich hatte ein AfD-Antrag für Kontroverse gesorgt, als diese forderte, dass vor jeder Ratssitzung Bürgern ein Rederecht eingeräumt werden sollte.