Arnsberg/Sundern. Arnsberg und Sundern haben bislang kein regelmäßige Schadstoffprüfungen an Schulen. Warum das so ist, erklären wir hier.

Für Aufsehen hatte ein Schadstoffgutachten des Dortmunder Ingenieurbüros Dr. Stefan Henning GmbH gesorgt. Die Experten sollten feststellen, ob die Realschule Sundern mit Schadstoffen verseucht ist, und wenn ja, mit welchen. Die im Gutachten aufgelisteten PCB-Werte haben zur Folge, dass die Schule nicht unmittelbar geschlossen werden muss. Allerdings wird eine Beseitigung der Schadstoffe gefordert, sollte man das Gebäude weiterbetreiben wollen. Vor wenigen Tagen wurde zwar der Neubau der Realschule Sundern im Rat beschlossen, doch bis dieser realisiert ist, läuft der Schulbetrieb mehrere Jahre weiter.

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Wie gehen die Städte Arnsberg und Sundern mit möglichen Schadstoffen grundsätzlich um? Wann finden Untersuchungen der Gebäude überhaupt statt - und welche Folgen haben etwaige Funde?

Gibt es regelmäßige Untersuchungen der Schulen in beiden Kommunen?

In beiden Städten gibt es keine generellen, regelmäßigen und vom Gesetzgeber verpflichtenden Untersuchungen auf Schadstoffe. Lediglich bei anstehenden Baumaßnahmen wird ein externes Ingenieurbüro beauftragt. Verantwortlich hierfür sind die jeweiligen Schulträger. Im Falle der öffentlichen Schulen sind das die Städte Arnsberg und Sundern. Bei privaten Schulen sind es die privaten Träger.

Alicia Sommer, Sprecherin der Stadt Sundern, erklärt: „Die Realschule ist derzeit das einzige Gebäude, in dem seit 2014 jährlich Raumluftuntersuchungen auf PCB durchgeführt werden.“ Frank Albrecht, Sprecher der Stadt Arnsberg, ergänzt: „Vor dem Beginn von Abbruch-, Sanierungs- oder Instandhaltungsarbeiten muss der Bauherr oder Auftraggeber, aber auch der Arbeitgeber für die Gefährdungsbeurteilung Informationen zum Gebäude einholen. Entsprechend der Nutzungs- und Baugeschichte des Objekts können Erkenntnisse über vorhandene oder zu erwartende Gefahrstoffe, insbesondere Asbest, erlangt werden. Dabei sind asbesthaltigen Bauprodukte ohne Eingriff in die Bausubstanz unproblematisch. Eine Aussage zum Asbestgehalt ist nur mittels Beprobung und chemisch-physikalischer Materialanalyse möglich.“

In der Realschule Sundern sind bei Untersuchungen Schadstoffe in der Raumluft festgestellt worden. 
In der Realschule Sundern sind bei Untersuchungen Schadstoffe in der Raumluft festgestellt worden.  © Eric Claßen | Eric Claßen

Wer erhält die in einem Gutachten gesammelten Daten und Informationen?

Alicia Sommer erklärt: „Die Messdaten werden durch externe (Fach-)Ingenieurbüros bewertet. Bei Grenzwertüberschreitungen werden weitere Stellen bzw. Behörden wie zum Beispiel das Gesundheitsamt des Hochsauerlandkreises hinzugezogen.“ Der Eigentümer des Gebäudes sei dafür zuständig, dass vom Gebäude keine Gefahren oder unzumutbaren Belästigungen ausgehen.

Auch Arnsbergs Rathaus hat ein Schadstoffproblem

Ab wann muss die Öffentlichkeit informiert werden?

„Zunächst einmal geht es um die Nutzer der Gebäude. Je nach Situation erfolgt die Abstimmung mit den Nutzern. Auch eine Information der Politik erfolgt situationsabhängig. Auf Grundlage der vorliegenden Gutachten und Ergebnisse wird in Abstimmung mit den hinzugezogenen externen Gutachtern und Fachunternehmen das weitere Vorgehen festgelegt. Falls Schließungen notwendig sind, erfolgt die Kommunikation in Zusammenarbeit mit dem Gebäudemanagement über den zuständigen Fachdienst der Stadt Arnsberg“, skizziert Frank Albrecht das Vorgehen in Arnsberg.

Wie viel Zeit beansprucht das Erstellen eines Schadstoffgutachtens etwa für ein Gymnasium oder eine Realschule?

„Je nach Größe des Gebäudes bzw. Umfang der Schadstoffuntersuchungen nehmen die Gutachten inklusive Analysen und Auswertungen mehrere Wochen bis Monate in Anspruch. Am Beispiel der Realschule Sundern waren dies zirka zwei Monate“, verdeutlichtet Sommer. „Der Zeitraum für die Beauftragung und Erstellung eines Gebäudeschadstoffkatasters richtet sich nach der zu untersuchenden Gebäudeanzahl bzw. der Gebäudegröße, dem Baujahr und den verbauten Baustoffen. Die Erstellung eines Schadstoffkatasters bildet die Grundlage für die Erarbeitung eines Sanierungskonzeptes. Der benötigte Zeitraum variiert insbesondere von der Menge der zu entnehmenden Materialproben inklusive der chemischen Analytik“ führt Frank Albrecht aus.

Schulen wie das Gymnasium Laurentianum in Arnsberg werden nicht automatisch auf Schadstoffe untersucht. Nur im Vorfeld von Sanierungsmaßnahmen erfolgt die Überprüfung durch Gutachter.
Schulen wie das Gymnasium Laurentianum in Arnsberg werden nicht automatisch auf Schadstoffe untersucht. Nur im Vorfeld von Sanierungsmaßnahmen erfolgt die Überprüfung durch Gutachter. © www.blossey.eu / FUNKE Foto Services | Hans Blossey

Welche Kosten fallen für ein solches Gutachten an?

Die Kosten für ein Gebäudeschadstoffkataster richten sich ebenfalls nach Anzahl der zu untersuchenden Gebäude bzw. der Gebäudegröße, dem Baujahr und den verbauten Baustoffen, erklärt Albrecht. Sie variieren und seien insbesondere von der Menge der zu entnehmenden Materialproben sowie der chemischen Analytik abhängig. Und Alicia Sommer ergänzt: „Raumluftmessungen mit mehreren Einzelmessungen pro Gebäude liegen im vierstelligen Bereich. Ein komplettes Schadstoffgutachten mit Kernbohrungen und Bauteilöffnung usw. kostet je nach Gebäude über 20.000 Euro.“

Was ist eigentlich PCB?

Die Abkürzung PCB steht für Polychlorierte Biphenyle. Dabei handelt es sich um eine Bezeichnung für synthetische Stoffgemische, die seit den 1950er Jahren insbesondere in elektrotechnischen Bauteilen, aber auch für Fugenmassen sowie für Anstriche verwendet wurden.

Über das Einatmen oder Hautkontakt kann die Substanz in den Körper gelangen. PCB steht unter Verdacht, krebsrerregend zu sein. Räume mit über 3000 ng/m³ müssen laut gesetzlicher Vorgabe sofort saniert werden. In Räumen mit über 300 ng/m³ ist nach Möglichkeit der Grund der Belastung zu beseitigen. Allerdings gibt es hierzu kein klar definitiertes Zeitfenster, wie schnell dies geschehen muss.

Grundsätzlich wird empfohlen, der Raum möglichst gut zu lüften, um die Konzentration so gering wie möglich zu halten. Die aktuelle PCB-Richtlinie des Landes NRW findet man auf der Internetseite des NRW-Innenministeriums

Was passiert, wenn Schadstoff-Grenzwerte überschritten werden?

Auf Basis der Untersuchungsergebnisse und/oder Gefährdungsbeurteilung durch zum Beispiel Umweltmediziner entscheidet die Verwaltung über den Weiterbetrieb der Immobilie. Letztendlich könne dies aber auch die Schließung des Gebäudes bedeuten, heißt es aus dem Sunderner Rathaus. Grundsätzlich soll das Ziel im Falle von PCB-Sanierungen sein, die Primärquellen zu entfernen und die Sekundarquellen soweit es geht zu minimieren. Bei Sanierungen sei stets die PCB-Richtlinie NRW in gültiger Fassung zu beachten. Vor der Durchführung der Maßnahmen sei entsprechend zu prüfen, in welchem Umfang Bauschadstoffe vorhanden seien. Die notwendigen Probeentnahmen erfolgten durch Fachkräfte, die Untersuchungen erfolgten in beauftragten Laboren.