Arnsberg. Der Netzleitstelle von Westnetz geht es um die Zukunft der Energieversorgung in Arnsberg und Sundern. Mona Neubauer (Grüne) staunt.
Da musste sogar die stellvertretende NRW-Ministerpräsidentin Mona Neubauer (Grüne) staunen. Bei ihrem Besuch in der Netzleitstelle von Westnetz in Arnsberg überzeugte sie sich von bereits gemachten großen Schritten zur „Smarten Energieregion Arnsberg und Sundern“. Beide Städte sind Teil des „E.ON-Labs“, mit dem sich Eon, die Muttergesellschaft von Westnetz und Westenergie, das Zielgesetzt hat, schon jetzt in Modellregionen die Energiewelt 2030 abzubilden.
Das könnte Sie auch interessieren
- Dackelwelpe seit 2 Tagen im Großraum Arnsberg /Möhnesee vermisst
- Eine Kita mit eigenem Schwimmbad in Sundern
- Brandstiftung: Wie laufen Ermittlungen gegen Tatverdächtigen aus Arnsberg
- Das passierte beim Brand bei der Wepa in Müschede
Und wie sieht diese ganz kronkret aus: 80 Prozent des deutschen Strombedarfs werden durch erneuerbare Energien gedeckt, immer mehr Wärmepumpen heizen Haushalte und Unternehmen, die E-Mobilität hat weiter zugenommen und der Bedarf nach Ladesäulen wächst. So zumindest schwebt es der Bundesregierung vor. „Die dafür notwendige Grundlage schaffen gut ausgebaute, moderne und digitalisierte Stromverteilnetze“, sagen die Verantwortlichen von Westnetz und Westenergie. In Arnsberg und Sundern wurden entsprechende Infrastrukturen eingefüjhrt, damit die Städte die Rolle als „Pioniere für die Energieversorgung der Zukunft“ spielen können.
Mona Neubauer - sie ist im Land Nordrhein-Westfalen Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie - weiß um die Bedeutung von Schalt- und Leitstellen, wie sie sie nun in Arnsberg vorfindet. „Verteilnetzbetreiber sind das Rückgrat der Energiewende“, sagt sie. Die Anforderungen der Energiezukunft ließen die Komplexität des Strommanagements enorm zunehmen. „Das kann nur mit digitalen, intelligenten Infrastrukturen bewältigt werden“, sagt die Ministerin. Die Modellregion Arnsberg/Sundern - ebenso wie eine weitere in Lüneburg - könne da „als Blaupause für weitere Verteilnetze“ dienen. Es sei wichtig, „die Netze jetzt auf die Höhe der Zeit zu bringen“.
Wie diese Herausforderung in der Praxis aussieht, weiß in Arnsberg Patrick Wittenberg; Geschäftsführer der Westnetz GmbH, zu erzählen. „Wir haben einen massiven Umbau vor der Brust“, sagt er - und das trotz jetzt gut und zuverlässig arbeitender Verteilnetze. Er nennt Zahlen: In den vergangenen Jahren habe die Westenergie-Gruppe 265.000 Photovoltaikanlagen ans Netz angeschlossen. Bis 2023 rechnet er mit weiteren 675.000 Anschlüssen. Hinzu kämen Wärmepumpen und Ladesäulen für E-Fahrzeuge. „Für diese zusätzlichen Aufgaben waren die Verteilnetze ursprünglich nicht ausgelegt“, sagt Wittenberg. Es brauche nun „kluge Köpfe, attraktive Anreizgebung, schnelle Genehmigungen“, so der technische Geschäftsführer, „vor allem aber brauchen wir Pioniergeist. Mit der alten Geschwindigkeit werden wir das nicht schaffen“.
Die Zukunft sind Netze, die sich aus der Ferne beobachten und steuern lassen. Energieflüsse müssten gemessen und gesteuert werden, um die Netze noch bedarfsgerechter auszubauen und effizienter zu betreiben. Bislang war die Steuerbarkeit nur auf hohen Spannungsebenen nötig, nun müsse die Beobachtung bis zu den Anschlüssen von Firmen und privaten Haushalten gehen. Durch die massive Einspeisung seien Stromnetze keine Einbahnstraßen mehr.
Infrastrukturkomponenten für die Modellregion
In Arnsberg und Sundern wurden bereits viele Infrastrukturkomponenten geschaffen. Im „Smart Grid“ werden Ortsnetzstationen, in denen Mittelspannung in haushaltsübliche Niederspannung umgewandelt wird, digitalisert. Es werden Live-Daten übertragen und eine Fernwirk- und messtechnik eingebaut. Die Verbraucher spüren die Vorteile bei Störungen: Die erkennt das smarte System besonders schnell und kann Fehlerquellen eingrenzen und Ausfallzeiten verkürzen. Bereits 65 digitalisierte Ortsnetzstationen gibt es in Arnsberg und Sundern. „Das sind die Herzstücke eines intelligenten Netzes“, sagt Projektleiter Dr. Thomas Pollok, „nur wenn wir wissen, was in unseren Netzen passiert, können wir auch reagieren“. Benötigt würde in Arnsberg und Sundern eine „gute dreistellige“ Zahl an digitalen Ortsnetzstationen.
Einmal im Haushalt angekommen setzt sich die Digitalisierung mit dem „Smart Meter“ als intelligenten Stromzähler fort, der in Arnsberg und Sundern bereits 2200 mal eingebaut worden ist (benötigt wird eine gute fünfstellige Anzahl in der Modellregion). Die Daten können theoretisch auch Verbraucher helfen, ihren Stromverbrauch fast in Echtzeit zu dokumentieren, vor allem aber ermöglichen sie dem Netzbetreiber, frühzeitig Netzengpässe zu erkennen und zu prognostizieren. Eine Steuerbox kann flexible Einspeiser und auch Verbrauche intelligent steuern. Die Daten zur Netzauslastung, zum Stromverbrauch und der Einspeisung werden dem Verteilnetzbetreiber anonymisiert mitgeteilt. Auf Zukunft umgerüstet sind auch Umspannwerke mit digitaler Informationstechnologie über Glasfaserkabel. Das erhöhe die Sicherheit und Flexibilität, senke Kosten und Risiken.
Das Ziel des neuen § 14a Energiewirtschaftsgesetz(EnWG) ist es, die Mobilitäts- und Wärmewende in Deutschland zu fördern, ohne dass potenzielle Netzengpässe in der Niederspannung den Anschluss flexibler Anlagen verhindern. Der Paragraf ermöglicht die netzorientierte Steuerung über wirtschaftliche Anreize, Vereinbarungen zu Netzanschlussleistungen und die Steuerung einzelner steuerbarer Verbrauchseinrichtungen. Steuerbare Verbrauchseinrichtungen sind insbesondere Wärmepumpen, nicht öffentlich-zugängliche Ladepunkte für Elektromobile, Anlagen zur Erzeugung von Kälte oder zur Speicherung elektrischer Energie und Nachtstromspeicherheizungen. In Arnsberg und Sundern zeigt Westnetz über eine Teststrecke, wie die Umsetzung technisch ermöglicht werden kann.