Arnsberg. 55 Lernende sind am Gymnasium Laurentianum gestartet und machen ihr G9-Abi an einer Bündelungsschule. Sie sind hochmotiviert.
Wer diesen Jugendlichen sagen will, wie Schule funktioniert, muss früh aufstehen. Die derzeit 55 Lernenden in der Einführungsstufe (EF) des Arnsberger Laurentianum sind früh am Tag auf den Beinen. Sie müssen zum Teil weite Anfahrtswege in Kauf nehmen, um sich den Traum vom Abitur am Gymnasium zu erfüllen. Manche Tage haben 13 Arbeitsstunden. Die traditionsreiche Arnsberger Bildungsstätte ist eines von nur zwei Bündelungsgymnasien im Kreis, das für Übergänger mit dem Q-Vermerk auf dem Zeugnis von anderen weiterführenden Schulen nach der Klasse 10 einen Bildungsanschluss zurück auf das G9-Abitur ermöglicht. Die Schulleitung spricht von „einem ganz besonderen Jahrgang“.
Zum Hintergrund: Als die Rückkehr vom G8 zum G9 - also das Abi nach 9 Jahren am Gymnasium - beschlossen wurde, gab es ein Problem. In diesem Sommer wechselten die Neuntklässler am Gymnasium erstmals in ihre wiedereingeführte Stufe 10, um dann über die Stufen EF, Q1 und Q2 im Sommer 2027 ihr Abi zu machen. Der Vorjahresjahrgang ging von der Stufe 9 im Sommer 2022 in die EF des G8-Systems, ist nun in der Q1 und macht im Sommer 2025 sein Abi. Eine EF-Stufe gibt es an Gymnasien in diesem Jahr eigentlich nicht. Für Wiederholer der EF des Vorjahres gab es ebenso keine Option wie für alle, die von Haupt-, Real- und Sekundarschule mit dem sogenannten Q-Vermerk den Weg zum Abi am Gymnasium weitergehen wollten. Das Land ernannte einige wenige Schulen zu Bündelungsgymnasien, um hier diese Schüler einmalig zu versammeln.
Die Folgen für das Kollegium
Durch die Arbeit als Bündelungsgymnasium wurden dem Arnsberger Laurentianum sogenannte Vorgriffsstellen zugeteilt. Die werden ab 2026 voll zugerechnet, müssen jetzt zum Teil noch abgeordnet werden.
Aus dem Stammkollegium müssen am Bündelungsgymnasium keine Abordnungen an andere Schulen vorgenommen werden. An anderen Gymnasien, die nun einmalig keine EF haben, werden Lehrerinnen und Lehrer zu anderen Schulformen abgeordnet.
Das Gymnasium Laurentianum Arnsberg hat aktuell 597 Lernende. Das Kollegium besteht aus 51 Lehrkräften plus 5 Referendaren.
„Das ist eine außergewöhnliche Situation“, weiß Schulleiterin Beate Nordmann. Und deshalb ließ sie es sich auch nicht nehmen, hier eine Klasse als Klassenlehrerin zu übernehmen. In den Fächern Mathe, Deutsch, Sport und Englisch werden die 55 Bündelungsschüler noch im Klassenverband unterrichtet, ehe sie im nächsten Schuljahr komplett ins Kurssystem wechseln.
Dass Übergänger mit dem Q-Vermerk nach der Stufe 10 noch drei Jahre zum Abi brauchen, ist nicht neu. Wer auf das Gymnasium wechselte, „wiederholte“ die Klasse 10 zusammen mit den nachrückenden Neuntklässlern des Gymnasiums. Und wer sein Abi auf einem Berufskolleg macht, hat hier ohnehin drei Jahre vor sich (EF, Q1 und Q2). Am Gymnasium aber mussten sie sich in ein seit der Klasse 5 bestehendes Gruppen- und Lernsystem einfügen. „In dem Bündelungsjahrgang sind alle neu“, sagt die Oberstufenkoordinatorin Nina Verspohl. Die Stufe arbeitet als ein komplett geschlossenes Kurssystem.
„Und das ist auch für uns sehr spannend“, berichtet Beate Nordmann, „wir haben es nur mit unbekannten Größen zu tun.“ Anders als sonst, wo die Lehrerkollegien die Entwicklung vom Fünftklässer bis zum Oberstufenschüler mitbekommen haben, sind sie nun mit Jugendlichen konfrontiert, deren Biografien nicht bekannt sind. Für alle gilt: Alles auf null.
Verspohl lobt das soziale Miteinander in den beiden Klassen. „Die haben sich gefunden“, sagt sie. Und festzustellen sei eine komplett andere Motivation zum Lernen. Die Schüler des Bündelungsjahrganges sind nicht wie selbstverständlich eine Stufe am Gymnasium weitergerückt. „Sie haben eine bewusste Entscheidung für unsere Schule und den Weg zum Abitur getroffen“, sagt Nina Verspohl, „das sind alles Jugendliche, die wirklich wollen.“ Aufmerksam und engagiert - und durch ihre besondere Rolle auch aufgeschlossen für das Neue.
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Die Stimmung im Klassenraum ist spürbar gut. „Das sind tolle Jugendliche“, schwärmt Beate Nordmann. Und deshalb soll auch für diese Stufe die beliebte Jochgrimm-Skifreizeit stattfinden, um das für das gemeinsame Lernen wichtige Zusammengehörigkeitsgefühl weiter zu stärken.
„Die Stufe bleibt einzigartig“, weiß die Schulleiterin. Und das wird sie auch auf dem Arbeits- und Studienmarkt sein, wenn sie im Jahr 2026 dann Abitur macht. Dann nämlich werden sich nur neue Abiturienten aus den Bündelungsgymnasien und von den Kollegs um Studien- und Ausbildungsplätze bemühen. Das dürfte die Chancen erhöhen. Auch während der Oberstufenzeit: „Wir können in dieser EF sehr intensiv auf die einzelnen Schülerinnen und Schüler eingehen“, sagt Nina Verspohl, „unser Vorteil für die Jugendlichen ist da ein kleines System.“
2026 ist dann die Umstellung auf das System zum G9-Abi endgültig abgeschlossen. Und auch darüber freuen sich die Lehrkräfte. „Das begrüßen wir sehr“, sagt Schulleiterin Nordmann. Schon jetzt in diesem Jahrgang bemerke man die Vorzüge des höheren Alters der Lernenden in der Oberstufe. „Das spürt man ja auch an der Art der Gespräche“, so Nina Verspohl. Wichtig aber sei das auch für die Kinder. „Wir haben im G9 für alles wieder mehr Zeit“, so Beate Nordmann.