Hüsten. Sorge vor Lärm durch Rettungshubschrauber am neuen Notfall- und Intensivmedizinzentrum des Klinikums in Hüsten

Ein Stück weit fühlt sich die kleine Nachbarschaftsinitiative wie in einem Kampf gegen Windmühlen. Viel Wind machen die vier Haushalte nun aber aus anderen Gründen: Am Haus der Familie Arndt an der Stolte Ley in Hüsten hängt ein Transparent mit der Aufschrift „Kein Fluglärm in unserem Kinderzimmer“. Die Familie sorgt sich, dass mit dem neuen Hubschrauberlandeplatz am benachbarten Notfall- und Intensivmedizinzentrum des Klinikums Hochsauerland in Hüsten die Lärmbelastung massiv zunimmt und fordert Maßnahmen zum Schallschutz. Auch eine Klage ist geplant.

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„Mit Karoline groß geworden“

„Wir haben nichts gegen den Bau“, sagt Sebastian Arndt, „wir sind ein Befürworter“. Er wohnt zusammen mit seinen drei Kindern (9 Jahre, 5 Jahre und 4 Monate) im Elternhaus seiner Frau Maike. Die Nachbarschaft zum Hospital ist für beide nichts Neues: „Wir sind beide mit dem Krankenhaus groß geworden.“ Nicht einverstanden sind sie nun aber mit den Lärmschutzmaßnahmen rund um den gerade gebauten Hubschrauberlandeplatz am neuen Notfall- und Intensivmedizin-Zentrum, das am 14. Juli offiziell eröffnet wird. Schon bei einer Infoveranstaltung vor einigen Monaten hatte Sebastian Arndt das Lärmschutzgutachten und dessen Interpretation durch das Klinikum in Frage gestellt. „Die Schallwerte werden überschritten“, sagt er. Das Klinikum aber äußerte damals schon mit Verweis aufs Gutachten, dass alles seine Richtigkeit habe.

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Dieses Banner hing am Haus der Familie Arndt in der Stolte Ley.
Dieses Banner hing am Haus der Familie Arndt in der Stolte Ley. © privat

Mit der Klinikum-Geschäftsführung haben sich die Nachbarn bereits getroffen. Nun schickten sie auch einen Brief an die Kuratoriumsmitglieder. Wenn bis Ende des Monats keine Signale kämen, dass Schallschutzmaßnahmen zum Schutz der vier betroffenen Häuser mit insgesamt 19 betroffenen Bewohnern getroffen werden, wird mit einer Klage gedroht. Auch Bürgermeister Ralf Bittner habe sich mit Sebastian Arndt bereits zusammengesetzt. Erneut betont Arndt: „Wir haben nichts gegen den Neubau und wissen, dass es beim Hubschrauberlandeplatz um Lebens­rettung geht“, sagt er, „Schlimm ist aber, wie hier mit uns umgegangen wird“.

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Was wollen die Anwohner? „Mindestens Maßnahmen wie zusätzliche Bepflanzungen“, sagt Sebastian Arndt, „das würde ja schon helfen.“ Ein wirklicher Schutz sei aus seiner Sicht aber nur Schallschutz am Gebäude ab Drempel in der ersten Etage, wo die Kinderzimmer liegen. Die Kosten für so etwas würden 45.000 Euro für die Häuser in der Stolte Ley betragen, weiter oben direkt am Hubschrauberlandeplatz – hier wohnt unter anderem Thomas Vollmer – bei 60.000 Euro.

Klagen können die Anwohner übrigens nur gegen vorliegende behördlichen Genehmigungen. Die Stadt Arnsberg hat die baurechtliche aktuell noch nicht erteilt, auch wenn der Hubschrauberlandeplatz fast schon fertig ist. Die Betriebsgenehmigung erfolgt über die Bezirksregierung Münster als Luftfahrtbehörde. „Die Genehmigung des Hubschrauberlandeplatzes ist zu erteilen, wenn das Vorhaben den öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht widerspricht. Dabei sind auch die nachbarrechtlichen Belange zu berücksichtigen. Die vom Vorhaben ausgehenden Beeinträchtigungen werden im Baugenehmigungsverfahren im Abwägungsprozess beurteilt“, teilt die Stadt mit. Öffentlicher Belang (medizinische Grund- und Notfallversorgung) werde dem Belang Nachbarschutz (Schutz vor Lärm) gegenübergestellt.

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Die Rechtsprechung habe in einem Beschluss des Hamburgisches OVG (15.12.2006 – 3 Bs 112/06) die planungsrechtlichen Voraussetzungen für die Zulässigkeit eines Hubschrauberlandeplatzes in Bezug auf Drittschutz wie folgt beschrieben: Öffentliches Interesse an der Genehmigung überwiege die Belastung der Anwohner durch Hubschrauberfluglärm. Der Landeplatz ermögliche den Anflug von Rettungshubschraubern in Notfällen. Damit diene der Landeplatz dem Schutz wertvoller Rechtsgüter bei akuter Bedrohung. Die Lärmbelastung durch den Platz sei als geringfügig zu bewerten.

Außerdem sei der Schutzanspruch der Anwohner eines Krankenhauses gegen den Lärm eines Landeplatzes für Rettungshubschrauber stets gemindert. „Der Bauaufsicht liegen nach derzeitigem Stand des Beteiligungsverfahrens und nach rechtlicher Prüfung keine Hinderungsgründe vor, die einer Zulässigkeit des Hubschrauberlandeplatzes entgegenstehen“, so die Stadt.

Klinikum wird Auflagen erfüllen

In einer von der Stadt weitergeleiteten Stellungnahme verweist das Klinikum darauf, „dass bereits bei der Aufstellung des Bebauungsplanes 2019 eine umfangreiche Bürgerbeteiligung vorausgegangen ist“.

Das Klinikum habe zudem der Stadt Arnsberg mitgeteilt, so gehe es auch aus einem Schreiben an die betroffene Nachbarschaft hervor, dass das Klinikum „selbstverständlich sämtliche Lärmschutzmaßnahmen zum Schutz der Nachbarschaft ergreifen bzw. umsetzen wird, sofern sich diese aus Genehmigungsprozessen als Auflage ergeben“.

Das Klinikum widerspricht Argumenten, wonach der Hubschrauber-Landeplatz ausschließlich aus wirtschaftlichen Interessen betrieben werden solle. „Der Hubschrauber-Landeplatz sichert einen bisher fehlenden lebensrettenden Baustein in der Notfallversorgung in der Region – sinnbildlich für die künftige umfassende Notfallversorgung, die am Karolinen-Hospital möglich sein wird und die landesweit als Vorbild für ländliche Regionen gesehen wird“, so das Klinikum.

Die betroffenen Anwohner sehen sich nun als die, die größte Last aller Verkehrs-, Lärm- und Parkbelastungen zu tragen haben. „Da kommt viel Frust zusammen“, gibt Maike Arndt zu, „wir wollen auch eine gütliche Lösung.“ Ihr Mann Sebastian will alle Möglichkeiten ausschöpfen: „Wir lassen die Gesundheit unserer Kinder nicht gefährden.“