Conneticut/Oeventrop. Oeventroperin Paula Schürmann ist aktuell als AuPair in den USA: Was das bedeutet und wie es zwischen Traum und Wirklichkeit ist, verrät sie hier

AuPair, der Traum vom Leben im Ausland und einer zweiten Familie – doch was bedeutet AuPair sein wirklich? Mittlerweile bin ich seit neun Monaten in den Vereinigten Staaten als AuPair und konnte viel über das Leben lernen. Ich würde es als mein aufregendstes Jahr, aber auch als mein herausforderndstes Jahr in meinem bisherigen Leben beschreiben. Aus meinen Erfahrungen heraus möchte ich das AuPair Jahr genauer beleuchten.

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„AuPair sein ist keine Arbeit, sondern Urlaub“. Ein oft gehörter Mythos. Das Arbeitspensum von AuPairs wird oft unterschätzt. Die Regel ist, dass ein AuPair zwischen 40 und 45 Stunden die Woche arbeitet. Dazu sollte angemerkt werden, dass das AuPair gemeinsam mit der Gastfamilie in einem Haus wohnt. So ist das Gastkind auch in der Freizeit des AuPairs anwesend und das AuPair rund um die Uhr im Dienst. Das Dilemma liegt in dem Wunsch, Familienmitglied zu werden und sich gleichzeitig Zeit für sich zu nehmen. Nach einem Zehn-Stunden-Arbeitstag bräuchte das AuPair eine Pause vom Kind, spielt aber doch noch das Gesellschaftsspiel mit seiner Gastfamilie, weil es „mehr“ als nur das angestellte Kindermädchen sein möchte. Anknüpfend an diesen Punkt ist man als AuPair nicht ein Jahr im Urlaub, sondern arbeitet für seinen Aufenthalt im Ausland. Wenn das AuPair mit der Gastfamilie reist, bedeutet das neben vielen neuen Eindrücken auch Betreuung des Kindes. Offiziellen Urlaub hat man als AuPair elf Tage im Jahr.

Vom Kind zum Erwachsenen – so sieht das Sozialleben wirklich aus

Offiziell ist man mit 18 erwachsen, doch viele 18-Jährige wohnen zu diesem Zeitpunkt bei ihren Eltern und haben stets jemanden, der auf sie „aufpasst“. Als AuPair wird man plötzlich vom Kind zum Erwachsenen und von der Person, auf die aufgepasst wird, zu der Person, die aufpasst. Das AuPair muss seinen Tagesplan an dem der Familie orientieren und strukturieren. Man lernt sehr schnell, was es heißt, Verantwortung zu übernehmen und welche Probleme dies mit sich bringen kann.

Es ist als minderjähriges (unter 21 Jahre alt in den USA) AuPair sehr schwierig, neue Freunde zu finden. Minderjährige dürfen nicht in Bars oder Clubs gehen und so gibt es wenig Möglichkeiten neue Kontakte zu knüpfen. Auch über Vereine oder andere Organisationen ist es schwierig, Menschen kennenzulernen, da die meisten Gruppen über die Schulen und Universitäten laufen oder das Training zu den Zeiten stattfindet, in denen AuPairs arbeiten. Zum Glück gibt es Clustermeetings, welche organisierte Treffen von den AuPair-Agenturen sind, bei denen AuPairs andere AuPairs, die in seiner Nähe arbeiten, kennenlernen. Gemeinsam können AuPairs Trips und Ausflüge unternehmen.

Anfangs ein Fremder – das kann zu Problemen führen

Die ersten Wochen als AuPair können sehr hart sein. Es kann schwierig sein, Akzeptanz und Respekt von dem Kind zu erhalten. Besonders, wenn man das erste AuPair einer Familie ist, ist das Kind nicht daran gewöhnt, dass jemand anderes als die eigenen Eltern auf es aufpasst. Das Kind fragt sich, ob die Eltern es nicht mehr lieben, da es sich abgeschoben fühlt. Der Eingewöhnungsprozess geht über mehrere Wochen und erfordert viel Geduld. Selbst, wenn das AuPair an einem Punkt ist, an dem es akzeptiert und respektiert wird, kann es schwer sein. Sätze wie „Bei Papa darf ich das…“ und „Du bist nicht meine Mama, du kannst mir gar nichts sagen!“ kommen vor. Aussagen können verletzend sein – und das AuPair muss sich bewusst sein, dass die Gastkinder das nicht persönlich meinen.

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Schulkinder sind oft krank und das fällt in den Arbeitsbereich eines AuPairs, zum Beispiel das Erbrochene zu bereinigen oder Toiletten zu säubern zählt dazu. Ist das Kind krank, pflegt das AuPair das Gastkind und steckt sich im schlimmsten Fall auch an.

Die Erziehung der Gastkinder

Das AuPair ist eine Erziehungsinstanz, aber nicht die primäre. Es kann Regeln aufstellen und in seiner Zeit mit dem Kind durchsetzen, muss allerdings den Rat der Eltern befolgen. Die Eltern entscheiden die Bildschirmzeit, Konsequenzen und ähnliches und nach diesen Vorgaben muss das AuPair handeln. Selbst, wenn die moralischen Vorstellungen oder erzieherische Ansichten nicht übereinstimmen, muss das AuPair dem Willen der Eltern gegenüber dem Kind folgen.

Ein AuPair muss sich bei den Familienausflügen auch um das Kind kümmern.
Ein AuPair muss sich bei den Familienausflügen auch um das Kind kümmern. © PRIVAT

Arbeitsverhältnis

Das AuPair ist eine angestellte Person der Familie und muss den Forderungen und Wünschen der Familie nachkommen. Wie in jedem Job ist es möglich, mit dem Arbeitgeber zu sprechen, allerdings ist dieser am Ende der, der die Entscheidungen trifft.

Das wöchentliche Gehalt eines AuPairs liegt im Durchschnitt bei circa 200 Dollar, also bei rund 5 Dollar die Stunde. Da ein AuPair meist über die festgelegten Stunden heraus weiter arbeitet, ist die Bezahlung nicht hoch. Was für Ausgaben ein AuPair hat, liegt an der Gastfamilie und an dem persönlichen Lebensstil. Ein AuPair muss keine Miete zahlen und bekommt Kost und Logie von der Familie gestellt. Ausgaben, die zwangsläufig anfallen, sind Spritkosten. Manche Familien decken die kompletten Kosten für das AuPair, andere Familien nur einen Teil der Kosten. Da es in den USA auf dem Land wenig öffentliche Verkehrsmittel gibt und die meisten Familien in kleinen Orten wohnen, ist ein Auto notwendig, um mobil zu sein. Die monatlichen Spritkosten sind aus diesem Grund hoch.

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Weitere Ausgaben sind individuell. Manche AuPairs sparen ihr Geld für Reisen, andere gehen feiern und wieder andere verbringen ihre Zeit in Outlets und Einkaufszentren. Ein weiterer Aspekt sind Steuern, die das AuPair zahlen muss und deswegen sollte monatlich 10 bis 20 Prozent des Gehalts beiseite gelegt werden.

Heimweh

Das AuPair kommt in ein neues Land, mit einer anderen Sprache und kennt vorerst niemanden. Während das Leben seiner Freunde und der Familie im Heimatland normal weitergeht, hat es Schwierigkeiten, neue Menschen kennenzulernen. Das kann nach der ersten Aufregung, in einem neuen Land zu sein, sehr ernüchternd wirken. Dazu kommt die Zeitverschiebung. In Zeiten von FaceTime und Skype ist es zwar einfach Menschen „live“ zu sprechen, doch diese arbeiten oder schlafen vielleicht, wenn man sie braucht. So muss das AuPair lernen, Situationen auszuhalten und mit sich allein zu vereinbaren.

Eine fremde Sprache sprechen lernen und der kulturelle Austausch

Das AuPair-Jahr ist eine perfekte Möglichkeit, eine Fremdsprache zu verbessern. Durch das tägliche Sprechen mit Muttersprachlern wird es immer natürlicher, in der Zweitsprache zu kommunizieren, und mit der Zeit beginnt das AuPair, in der fremden Sprache zu denken.

AuPair-Tipps aus erster Hand von Paula

Beschäftige dich frühzeitig mit der Bewerbung als AuPair; es werden viele Referenzen benötigt, viele Stunden in der Kinderbetreuung gefordert, ein Video und vieles mehr.

Nimm dir Zeit bei der Suche deiner Gastfamilie, erfrage vor allem die Persönlichkeiten der Kinder, den Erziehungsstil und die Erziehungsmittel und die moralischen Einstellungen (in den USA zum Beispiel zu Waffen).

Verbringe viel Zeit mit deiner Gastfamilie; besonders am Anfang ist es wichtig, dass du eine gute Beziehung zu deinen Gasteltern aufbaust. Sie sind deine erste und wichtigste Anlaufstelle bei Problemen und du solltest ihnen vertrauen und dich wohlfühlen.

Kommunikation ist das A und O. Deine Gasteltern kennen dich nicht gut und können dich nicht so lesen, wie es deine Familie kann. Kommuniziere, wenn es dir nicht gut geht oder ein Problem auftritt, sodass ihr gemeinsam daran arbeiten könnt.

Heimweh: Denke nicht darüber nach, was du Zuhause gerade verpasst, sondern darüber, was du im Gegensatz zu den Menschen zu Hause in diesem Jahr erlebst und entdecken kannst. Das Jahr ist „schnell“ vorüber und du wirst tolle Erinnerungen und Erfahrungen machen.

Die authentischste Art, eine Kultur kennenzulernen, ist in diese einzutauchen – und genau das macht ein AuPair. Durch das Leben in der Gastfamilie lernt das AuPair Routinen, moralische Einstellungen und Kulinarik kennen und sich diesen Aspekten anzupassen und lernt diese vielleicht sogar zu schätzen.

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Bei den (zuvor erklärten) Clustermeetings lernt das AuPair viele andere AuPairs aus verschiedenen Ländern kennen. Bei diesen Treffen verbringen AuPairs Zeit zusammen und knüpfen Freundschaften. Gemeinsam können Aktivitäten geplant werden und Freundschaften aufgebaut werden. So lernt das AuPair nicht nur die Kultur des Gastlandes, sondern auch die vieler anderer Länder kennen.

Wie viel man wirklich über sich selbst lernt

Als AuPair ist man sehr auf sich allein gestellt. Man muss Herausforderungen ohne Hilfestellung meistern und lernen, Verantwortung für die eigenen Taten (und die des Kindes) zu übernehmen. Herausforderungen zu meistern, macht mutiger und so lernt das AuPair mit der Zeit, mit schwierigen Situationen umzugehen. Es lernt viel über sich selbst und kann herausfinden, was es zukünftig möchte und was nicht.

Viele AuPairs finden in ihrer Gastfamilie eine zweite Familie und so im Ziel-Land ein zweites Zuhause. Während des Jahres lernt man seine Gastfamilie sehr gut kennen. Je besser das AuPair sich mit seiner Gastfamilie versteht, desto wahrscheinlicher ist es, dass AuPair und Gastfamilie auch nach dem Aufenthalt den Kontakt halten.

Das AuPair Jahr ist eine großartige Möglichkeit, um unvergessliche Momente zu erleben und über sich selbst hinauszuwachsen. Es kann das schönste Jahr deines Lebens, aber auch das anstrengendste werden. Deswegen sollte man sich mit den Vor- und Nachteilen beschäftigen und abwägen, ob das Programm für einen geeignet ist.

Für mich persönlich ist dieses Jahr eine tolle Erfahrung, die aber auch Schwierigkeiten und viel Arbeit beinhaltet. Es hat meinen Horizont erweitert und ich konnte und kann noch viel lernen.

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