Arnsberg/Sundern. Kindeswohlgefährdung in Attendorn: Wie individuell die Jugendämter in Arnsberg und Sundern arbeiten und ihr Appell an die gesamte Gesellschaft.

Im Fall des jahrelang in Attendorn im Sauerland gefangengehaltenen Mädchens ist eines klar: So etwas darf nicht passieren. Das sehen auch Michael John, Leiter des Jugendamts in Arnsberg, und Martin Hustadt, Fachbereich Jugend und Familie der Stadt Sundern, so. Es sei in diesem Fall vieles unglücklich gelaufen. Sämtliche Jugendämter aber nunmehr unter Generalverdacht zu stellen, dürfe ebenso nicht passieren. „Wo Menschen arbeiten, ist es immer möglich, dass Fehler geschehen“, sagt Michael John.

Daher arbeite das Jugendamt Arnsberg in Verdachtsfällen der Kindeswohlgefährdung seit langem im Vieraugenprinzip. Teilweise auch im Sechsaugenprinzip. „Wir sitzen dann zu mehreren Fachkräften in einer Konferenz und beraten uns, welches Vorgehen nun angebracht und notwendig ist“, so John.

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Auch Martin Hustadt, Sundern, bestätigt diese Vorgehensweise. „Jeder Schritt wird dokumentiert, so dass grundsätzlich nichts übersehen werden kann“, sagt er. Außerdem seien die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich mit Fällen der Kindeswohlgefährdung beschäftigten, allesamt extra geschult und spezialisiert. „Aber auch wir haben einen Fachkräftemangel“, sagt Martin Hustadt, „wir versuchen so gut es geht, unsere jungen Kolleginnen und Kollegen zu schulen und in Praxiswissen einzubeziehen.“

Jugendämtern in Arnsberg und Sundern sind die Hände gebunden

In Arnsberg zeigt sich Michael John positiv gestimmt, was den Personalschlüssel allgemein betrifft. „Als ich vor sechs Jahren die Jugendamtsleitung übernommen habe, hatten wir einen Personalschlüssel von etwa 11 - jetzt sind es 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“, sagt er. Außerdem werden auch entsprechende externe Fachleute einbezogen - Schulen, Kitas, Kinderärzte, Psychologen, halt all diejenigen, die fachlich zur Klärung eines solchen Falls benötigt werden.

Und dennoch: Jugendämter können Kinder und Jugendliche nicht voll umfänglich schützen. Sowohl Michael John als auch Martin Hustadt weisen daraufhin, dass auch ihnen teils die Hände gebunden sind - sie beispielsweise nicht einfach so in eine private Wohnung eindringen dürften, wenn dies von der Bewohnerin bzw. dem Bewohner nicht erlaubt würde. „Wir müssen dann den rechtlichen Weg beschreiten und uns einen gerichtlichen Beschluss holen“, erklärt John.

Hinweise aus der Gesellschaft

Auch könne das Jugendamt nicht „alle Kinder und Jugendlichen unter Beobachtung“ stellen, so dass es auch auf Hinweise aus der Bevölkerung angewiesen sei. „Der Schutz von Kindern ist eine gesellschaftliche Aufgabe“, so John. Wer eine Kindeswohlgefährdung vermute, könne und solle dies dem Jugendamt melden. Auch Martin Hustadt schließt sich diesem Appell an: „Das Jugendamt hat leider immer noch ein recht schlechtes Image in der Gesellschaft“, sagt er. Viele Betroffene hätten Sorge, dass ihnen unmittelbar das Kind entzogen würde, sofern das Jugendamt eingeschaltet sei. Dem sei jedoch nicht so. „Wie geht es dem Kind? Das ist das A und O“, so Hustadt.

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Daher werde zunächst einmal geschaut, was dem Kind aktuell gegebenenfalls. fehle. Vorrangiges Ziel sei, das Kind in der Familie zu belassen und diese ganzheitlich zu beraten, zu unterstützen. Daher wünscht auch er sich, dass die Gesellschaft mehr darauf achtet und dem Jugendamt entsprechende Hinweise gibt. „Wir gehen jedem einzelnen Hinweis nach“, sagen Michael John und Martin Hustadt, „und sei er noch so klein“.

Appell: Rückfragemöglichkeit bei anonymen Hinweisen

Problem sei jedoch oftmals, dass solche Hinweise anonym eingereicht würden, so John, denn dann könnten keine Rückfragen erfolgen. Er appelliert daher an Nachbarn, Bekannte und Co., im Zweifelsfall eine anonyme Mailadresse zu verwenden, damit die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Jugendamts detailliertere Fragen stellen könnten, sofern nötig.

Kontakt zu Jugendämtern in Arnsberg / Sundern

Jugendamt Sundern:

Wer dem Jugendamt in Sundern einen Verdacht zur Kindeswohlgefährdung melden möchte, kann dies unter der Mailadresse rathaus@stadt-sundern.de tun.

Jugendamt Arnsberg:

Eine Meldung der Kindeswohlgefährdung kann über die Webseite der Stadt Arnsberg erfolgen: Wohnen & Leben, Jugend-Familie, ASD, Kindeswohl.

Selbstverständlich würden Kontaktdaten vertraulich behandelt und keinesfalls an Dritte, auch nicht an die betroffene Familie, herausgegeben. Zudem bestünde auch die Möglichkeit, sich vorab beim Jugendamt zu erkundigen, auf welche „Anzeichen“ es zu reagieren gelte. Beide Jugendämter beraten Interessierte gern.