Neheim/Möhnesee. Hans-Georg Eich aus Arnsberg ist Ahnenforscher. Eine lustige Anekdote brachte ihn zum Hobby. Bei einem Thema duldet er keine „lapidaren Sprüche“.

Fräulein Großmutter? Was wollte sein Vater damit ausdrücken, fragte sich der junge Hans-Georg Eich als Kind ständig. „Ich dachte immer: Was soll das?“, erzählt der 65-Jährige rückblickend im Gespräch mit dieser Redaktion.

Er sitzt im Wohnzimmer seines Ferienhauses am Möhnesee, was sich inzwischen mehr zu einem kleinen Privatarchiv gewandelt hat. Aus den Regalen an der Wand bersten förmlich Bücher und Ordner.

Ein Stockwerk tiefer verwaltet er eine Sammlung zum Familienstammbaum seiner Frau Regina Eich, welche sein Schwiegervater Dr. Hermann Stegers, ein bekannter Lungenfacharzt aus Neheim, eigenen Angaben zufolge in den 1930er Jahren begonnen hat. Hans-Georg Eich ist Ahnenforscher.

Die lustige Anekdote zu Fräulein Großmutter – die seine Urgroßmutter war – trieb Hans-Georg Eich um. Erst später erfuhr er, dass sein Vater mit diesem Ausdruck „nett umschreiben“ wollte, dass seine Urgroßmutter nie verheiratet gewesen war. „Das hat mich neugierig gemacht und ich wollte mehr dazu wissen“, berichtet er.

Arbeitsgruppe „Ahnenforschung“ trifft sich regelmäßig am Möhnesee

Bei seinen Forschungen erfährt Hans-Georg Eich einiges – und zieht Parallelen zu seinem Leben. So stellte sich heraus, dass sein Urgroßvater ebenfalls Unteroffizier in Köln-Deutz war. 34 Jahre hat Hans-Georg Eich als Berufssoldat gedient. Zufall oder Schicksal?

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Vermutlich ersteres, denn aus seiner Familie war der 65-Jährige als Einziger in der Bundeswehr. Doch Hans-Georg Eich blieb dran, forschte im damaligen Kölner Stadtarchiv in alten Adressbüchern nach mutmaßlichen Wohnorten seiner Vorfahren und erfuhr so mehr über seine eigene Familiengeschichte.

Durch seine Frau zog es den gebürtigen „Kölschen Jung“ Anfang der Jahrtausendwende ins Sauerland nach Neheim, seit 2010 ist der 65-Jährige im Ruhestand und betreibt sein Hobby mit noch mehr Leidenschaft. Mit dem Arbeitskreis „Ahnenforschung“, den er regelmäßig im Gemeindearchiv in Möhnesee-Körbecke betreibt, möchte er auch andere davon begeistern.

Ahnenforschung im Sauerland: War mein Opa ein Nazi?

Im Gespräch erklärt er, warum ein altes Bild von Oma und Opa ein Start sein kann, welche Internetquellen verlässlich und warum fehlende Lateinkenntnisse kein Hindernisgrund sind:

Wie Sie eine Ahnenforschung beginnen

„War mein Opa ein Nazi?“ sei eine Frage, die Hans-Georg Eich vor allem von jungen Menschen immer wieder gestellt bekommt. „Ich finde es erstaunlich, dass sie ein großes Interesse an der Ahnenforschung haben“, sagt er.

Er habe die Erfahrung gemacht, dass junge Menschen wissbegierig seien und sich diesem Thema in der deutschen Geschichte aufgeschlossen nähern würden.

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Bei der Ahnenforschung können alte Fotos von Oma und Opa Ausgangspunkte für eine weitere Recherche sein. Gibt es Familienbücher oder sogar einen sogenannten Ariernachweis? Dabei seien jedoch Hilfestellungen nötig, betont Hans-Georg Eich. „Da muss ich warnen! Man sollte sich nicht zu sehr auf die Informationen darin verlassen.“ Einige seien „passend“ gestaltet worden, Nationalitäten wegen Furcht vor den Nazis verschwiegen worden.

Vortrag zur Familienforschung im Kolpinghaus

Unter dem Titel „Wo komms’te wech? Familienforschung heute“ hat Hans-Georg Eich im Herbst des vergangenen Jahres einen Vortrag im Neheimer Kolpinghaus gehalten. Die Veranstaltung soll im März wiederholt werden. Die Organisatoren behalten die aktuelle Entwicklung in der Corona-Pandemie immer im Blick.Hans-Georg Eich kann per Mail an hans-georg.eich@t-online.de kontaktiert werden.

Außerdem sieht der Ahnenforscher die Gefahr, dass Quellenmaterial aus der Zeit des Nationalsozialismus verherrlicht werden könnte. „Lapidare Sprüche dulde ich da nicht“, bekräftigt er.

Wer einen Familienstammbaum anfertigen möchte, müsse bei sich als „Proband Nr. 1“ anfangen, erklärt Hans-Georg Eich. Nach den eigenen Eltern folgen die Großeltern und so weiter. Pro Generation verdoppelt sich die Personenanzahl. Für Anfänger wird es dann unübersichtlich. Also wo setzt man an?

Welche Quellen Sie bei der Ahnenforschung nutzen sollten

Datenbanken mit Familienverzeichnissen gibt es dank des Internets inzwischen ausreichend. Für den Start empfiehlt Hans-Georg Eich unter anderem die Website des Vereins für Computergenealogie (compgen.de) und dessen kostenfreies Verzeichnis „Gedbas“.

Unter familysearch.org findet man einen weiteren genealogischen Online-Dienst, der von den sogenannten Mormonen – Mitglieder der Kirche der Heiligen der letzten Tage – betrieben wird. Sie sammeln unter anderem Informationen zur Ahnenforschung aus Kirchenbüchern und Geburtsregistern. Hans-Georg Eich hält den kostenfreien Service für zuverlässig.

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Das Angebot von Bezahlportalen wie „MyHeritage“ und „Ancestry“ aus den USA sei ebenfalls gut, doch der Ahnenforscher warnt vor einer Abo-Falle und möglichen Problemen mit dem Datenschutz in Deutschland. „Da können dann auch Daten lebender Personen schnell öffentlich zugänglich werden“, sagt er.

Trotz der vielfältigen Möglichkeiten appelliert der Ahnenforscher auch zur analogen Recherche: „Viele sind der Meinung, dass man Ahnenforschung heute komplett am PC machen könnte“, so Hans-Georg Eich, „da sage ich ganz klar: Nein!“.

Welche Kenntnisse Sie für die Ahnenforschung brauchen

Zwar sei es mühselig, alte Schriften in Originaldokumenten zu entziffern, aber Internetquellen könnten fehlerhaft sein. Geduld sei dafür unerlässlich. Benötigte Lateinkenntnisse könne man auch noch im Alter erlenen, meint der 65-Jährige. Hier sei eine gemeinsame Arbeit in einer Gruppe hilfreich.

Hans-Georg Eich selbst, hat zuletzt an einem Familienstammbaum mit seinen und den Ahnen seiner Frau gearbeitet. Bis zur 35. Generation. „Es wird zwar nie fertig“, sagt er, „aber irgendwann musste ich anfangen“.