Neheim. Neheimer Bastler Dieter Klee und Gerd Ernst stechen mit prächtigen Modellen in See. Schiffsgeschichte in Miniatur in Stadtbibliothek zu sehen.
Dieter Klee blickt auf seinen Seedampfer „Graf Goetzen“. Der 85 Jahre alte Mann aus Neheim kennt den Mythos, der sich um das mehr als 100 Jahre alte Schiff mit dem Geburtsort Papenburg rankt. Auf kaiserlichen Befehl hin wurde es 1913 in der bekannten Mayer Werft in Deutschland gebaut, erlangte aber einen legendären Status, nachdem es kurz vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges in mehrere Einzelteile zerlegt und schließlich in rund 5000 Kisten nach Daressalam, der Hauptstadt der damaligen Kolonie Deutsch-Ostafrika, verschickt wurde.
Noch bis mindestens Mitte Januar 2022 ausgestellt
Die Modellschiffe von Dieter Klee (85) und Gerd Ernst (82) sind noch bis mindestens Mitte Januar 2022 in der Stadtbibliothek Neheim ausgestellt.Die Stadtbibliothek Neheim am Neheimer Markt 2 hat dienstags bis freitags von 10 bis 18 Uhrsowie samstags von 10 bis 13 Uhr geöffnet. Derzeit ist der Zugang nur nach der 2G-Regel für die Besucherinnen und Besucher erlaubt. Mehr Informationen gibt es im Internet unter www.arnsberg.de/bibliothek
Es sollte den deutschen Herrschaftsanspruch dort eindrucksvoll untermauern.
Von Daressalam, heute eine Stadt in Tansania, ging es für die „Graf Goetzen“ mit der Bahn rund 1200 Kilometer ins Landesinnere – an den Tanganjikasee, wo der Seedampfer noch heute unter dem Namen „Liemba“ schippert – und Medienberichten zufolge unter anderem Fisch, Schmuggler oder Abenteuer-Touristen transportiert.
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Nachgelesen hat das Dieter Klee vor einigen Jahren in dem Roman „Eine Frage der Zeit“ des Schriftstellers Alex Capus. Die historischen Ausführungen des Autors waren für ihn Inspiration. Der 85-Jährige ist leidenschaftlicher Hobby-Schiffsmodellbauer. Zusammen mit seinem Freund Gerd Ernst (82) stellt er derzeit einige Werke in der Neheimer Stadtbibliothek aus – darunter auch den beschriebenen Seedampfer. „Von der Idee bis das Schiff letztendlich ins Wasser gelassen werden kann, dauert es mindestens zwei Jahre“, erklärt der gelernte Schlosser.
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Mit maßstabsgetreuen Plänen, die ein ein befreundeter Technischer Zeichner für die beiden Modellbauer erstellt, fängt es in der Regel an. Vom Rumpf arbeiten sie sich dann bist an die Masten vor. In seinen modernen Werken installiert Dieter Klee schließlich noch einen elektronisch betriebenen Motor in das Schiff, um es später auf dem Möhnesee oder dem Phoenixsee in Dortmund fahren zu lassen. „Jeden Sonntagmorgen, wenn das Wetter mitspielt, treffen wir uns dort in einer kleinen Runde“, sagt Dieter Klee. Bei den Modellbauern gilt: Gebaut wird vor allem im Winter, im Sommer wird gesegelt.
Doch nicht alle Modelle, die die zwei Hobby-Modellbauer in der Stadtbibliothek ausstellen, sind schwimmfähig. Die historischen Modelle von Gerd Ernst, wie die Fregatte „La Concorde“, ein französisches Kriegsschiff aus dem Jahr 1777, oder die holländische Staatenjacht aus dem Jahr 1670, sollen die Besucherinnen und Besucher viel mehr mit ihren Details faszinieren. „Es ist eine ‘Knibbelei’, aber diese feinfühlige Arbeit begeistert mich“, sagt Gerd Ernst, „auch wenn ich aus Altersgründen jetzt nicht mehr machen kann.“ Handwerkliches Geschick, so der ebenfalls gelernte Schlosser weiter, werde heutzutage viel zu sehr vernachlässigt. „Ich hatte früher einen stressigen Beruf“, so der 82-Jährige, „und für mich war das Entspannung.“
Jüngere Menschen begeistern
Mit der Ausstellung in der Neheimer Stadtbibliothek wollen Dieter Klee und Gerd Ernst nun jüngere Menschen für ihr Hobby begeistern. „Ich habe nach meiner Kommunion mit dem Basteln angefangen“, sagt der 82 Jahre alte Gerd Ernst und lacht auf, „da habe ich einen Laubsägekasten geschenkt bekommen“. Mit ihrer jahrelangen Erfahrung können die zwei Modellbauer die neue Generation auch anlernen. „Wir haben selbst Haus, Hof, Frau und Kinder“, so Dieter Klee, „es ist also wirklich nur ein Hobby.“ Und die Fertigkeiten müssen nicht von Beginn an mitgebracht werden.
Dass nicht immer alles planmäßig läuft, unterstreicht auch ein Blick in die Vergangenheit: Mindestens zwei Mal soll der Original-Seedampfer „Graf Goetzen“ am Ufer des Tanganjikasees gesunken sein, bis die Briten um 1927 rum das Schiff hoben und es wieder flott machten. Das Modell von Dieter Klee hingegen segelt bis heute ungestört auf den Seen in dieser Region.