Neuastenberg. Endlich Schnee in Neuastenberg. Die Aussichten für das erste große Wintersport-Wochenende sind gut. Lange haben die Betreiber im Skidorf an der Postwiese auf diesen Moment gewartet. Bislang war es eine trostlose Saison. Jetzt steigen die Hoffnungen am höchsten Punkt im Sauerland.
Ein trüber Tag im Januar. Totenstille über der Postwiese in Neuastenberg. Nebelschwaden ziehen den Hang hinauf. Man sieht die Hand vor Augen kaum. Das grauenhafte Wetter nervt. Nur fünf Zentimeter Zuckerschnee liegen am Fuße des Kahlen Astens. Zu wenig von der weißen Pracht auf 730 Metern Höhe. Für ein Wintersport-Vergnügen reicht diese kleine Priese nicht.
Schneekanonen laufen nur bei Minusgraden
Trotzdem herrscht Zuversicht im Sauerland. Der Wetterbericht verspricht viel Neuschnee am Wochenende. Mit den ersten Schneeflocken müssen jetzt nur die Temperaturen noch tiefer unter den Gefrierpunkt sinken. Dann könnten auch in Neuastenberg endlich die gelben Schneekanonen den dringend notwendigen Kunstschnee produzieren.
Das Wasser wird aus einem Teich von unterhalb des Skihangs hineingepumpt. Erst bei Minus vier Grad schlagen die Schneekanonen an. Doch noch spielt das Thermometer nicht mit. Bei Minus zwei Grad ist das Maximum erreicht. Skilehrer Ulrich Flasche aber versprüht Optimismus: „Ab Samstag geht hier vielleicht endlich was. Wenn es die nächsten Tage noch kälter wird, dann können wir für drei Wochen Kunstschnee machen.“
Hoffnung auf Winter an der Postwiese
Der 62-Jährige harrt der Dinge und das schon seit Dezember. Seine Hoffnung auf einen Durchbruch in der bislang trostlosen Saison stirbt zuletzt. Flasche ist ein Ur-Neuastenberger und er ist hart im Nehmen. Der staatlich geprüfte Skilehrer lebt seit 36 Jahren mit den Wetterrisiken. Die meisten Winterzeiten an seinem Heimat-Hang waren topp, aber zwischendurch gibt es immer wieder Flops.
Erster Schnee im Sauerland
So wie augenblicklich in der Idylle am Rande des Rothaarsteigs. Das vermeintliche Schneeparadies erstarrt in gespenstischer Ruhe. Die Bretterbuden der Gastronomiebetriebe sind geschlossen, die Lifte dümpeln im dichten Nebel vor sich hin. Am Pferdestall, bekannt für seine wilden Après-Ski-Partys, wackeln nur die Preisschilder im Wind. Kein Tourist weit und breit ist in Sicht. Ein Geisterdorf.
Skilehrer Ulrich Flasche nervt der Winterblues
„Das tut sehr weh, aber wir müssen damit leben“, sagt Ulrich Flasche, während er in seinem Skiverleih die Regale durchwühlt. Flasche erledigt Arbeiten, die ihn ablenken vom Winterblues. Bindungen nachziehen, die Skier wachsen, Skischuhe sortieren, Stöcke putzen und dabei nie die Motivation verlieren. „Ich kenne das ja aus anderen schlechten Jahren,“ macht sich der Mann selbst Mut. 2007 hatten sie im Hochsauerland zuletzt eine solch fatale Winterkrise. Flasche: „Nur sieben Schneetage und das war’s dann. Unglaublich!“
Nach sieben Jahren wieder eine magere Saison im Sauerland
2014 droht eine identische Bilanz: Nach sieben fetten Jahre wieder eine magere Saison. „Wir kalkulieren solche Jahre natürlich immer mit ein, aber langsam wird es eng. Die Tagesgäste fehlen, viele Schulklassen, die sonst zur Skischule kommen, haben abgesagt. Nur wenn es im Februar und März bei uns in der Arena noch brummt, haben wir die Unkosten gedeckt“, verrät Ulrich Flasche. Ein Gewinn aus der Saison sei für ihn und die anderen Kollegen kaum noch drin.
Touristikpauschale ärgert die Neuastenberger
Zusätzlich belastet alle Gewerbetreibenden im Skidorf Neuastenberg die Touristikpauschale, die sie neuerdings an den Touristikverband in Winterberg abdrücken müssen. „Ein Witz ist das“, schimpft Flasche angesichts leerer Kassen. Ausgezahlt haben sich Investitionen in eine neue Panorama-Sesselbahn und in den Ausbau der Flutlichtpiste bislang nicht.
Den neuen Lift ausprobiert und die Piste getestet hätten gerne Ronny Naert (51) und Sabine Luridan (48). Die beiden Belgier lieben das Sauerland und sie sind verzückt von den vergangenen Wintern. Doch 2014 hat das Pärchen großes Pech: „Kein richtiger Schnee. So was haben wir hier in zehn Jahren noch nie erlebt“, sagt Sabine. Sie und Ronny machten das Beste aus ihrem einwöchigen Winterurlaub im Centerpark Medebach. „Spaziergehen und die frische Luft genießen“, schmunzeln beide als sie die grüne Postwiese besichtigen.
Holländer komme noch in den Krokusferien
Skilehrer Ulrich Flasche muntern hingegen die rosigen Wochenend-Aussichten auf: „Es soll kräftig schneien.“ Komplett retten wird diese Prognose seine Saison-Kalkulationen zwar nicht, aber sie sind ein echter Lichtblick: „Wir warten ja noch auf unsere holländischen Gäste. Die haben ihre Krokusferien im Februar.“ Bleibt aber der Rest des Winters weiterhin so mild wie bis jetzt, sei auch die letzte Chance vertan. Flasche: „Dann buchen die Holländer ihren Winterurlaub in Österreich.“ Grausam für das Sauerland!