Hochsauerlandkreis. Trotz vereinzelter Vorfälle setzen die Parteien im Hochsauerlandkreis auf Vernunft der Bürger statt auf massive Sicherheitsmaßnahmen.

Die anstehende Europawahl am 9. Juni wirft angesichts jüngster Übergriffe auf Politiker und Wahlkampfhelfer Fragen zur Sicherheit der Wahlkampfaktivitäten auch im Hochsauerlandkreis auf. Wie schätzen die verschiedenen Parteien vor Ort die aktuelle Lage ein und welche konkreten Maßnahmen ergreifen sie, um ihre Mitglieder zu schützen?

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Größtenteils herrscht bei den Parteien Zuversicht vor, dass der Wahlkampf weitgehend friedlich verlaufen wird. So sieht die FDP „keinen Grund für erhöhte Besorgnis oder erhöhte Risiken“ und vertraut darauf, dass „die Menschen im Sauerland in aller Regel besonnen sind und sich nicht von politischen Rändern radikalisieren lassen“. In einer ähnlichen Tonalität äußern sich die Grünen, die das Risiko für Übergriffe als „eher gering“ einstufen. Auch die CDU hat bislang „keine Hinweise, dass Veranstaltungen Ziel von Angriffen werden könnten“.

Trotz der allgemein entspannten Einschätzung sind vereinzelte Vorfälle im laufenden Wahlkampf bereits zu verzeichnen. Die SPD berichtet von „Beleidigungen“ und „Pöbeleien“ gegen ihre Mitglieder an Infoständen. Auch bei den Grünen kommt es vor, dass Mitglieder „verbal beschimpft“ werden, wenngleich sie selbst dies als „äußerst selten“ einstufen. Ein Phänomen, das alle Parteien zu beklagen haben, sind zudem Fälle von Plakatbeschädigung und Diebstahl. So spricht die FDP von „einigen Vorfällen von Plakatschmierereien und herabgerissenen Plakaten“ und die SPD erwähnt gar „Beschädigungen an Großflächen“ und „kleineren Plakaten“.

Sind besondere Sicherheitsmaßnahmen notwendig?

Besondere Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz der eigenen Mitglieder während des Wahlkampfs haben die meisten Parteien bislang allerdings nicht ergriffen. Die FDP sieht schlicht „keine Notwendigkeit für zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen“ und auch die SPD musste „noch keine speziellen Maßnahmen vor Ort ergreifen“. Beide Parteien verlassen sich darauf, dass bei Veranstaltungen ohnehin immer mehrere Mitglieder präsent sind, was eine „natürliche Sicherheitsvorkehrung“ darstelle. Lediglich die Grünen haben bereits einige Vorsorgemaßnahmen getroffen, indem sie Schulungen zum „Umgang mit Rechtsextremen und schwierigen Situationen“ angeboten und einen Workshop „Gegen Rechts“ veranstaltet haben, „um unsere Mitglieder auf rechtspopulistische Argumente vorzubereiten“.

In der Zusammenarbeit mit den Behörden zur Gewährleistung der Sicherheit zeigen sich hingegen Unterschiede zwischen den Parteien. Während die FDP die Kommunikation und Kooperation mit den „lokalen Behörden und der Polizei“ während des Wahlkampfs als gut bewertet, geben SPD und Grüne an, bei größeren Wahlkampfveranstaltungen im Vorfeld Kontakt zur Polizei aufzunehmen, um über eine Gefahreneinschätzung und mögliche Konsequenzen zu sprechen. Ähnlich äußert sich die CDU, dass man „mit den Behörden und der Polizei Kontakt aufnehmen“ würde, „falls es Hinweise gäbe, dass Veranstaltungen Ziel von Angriffen werden könnten“. Beweisbare Straftaten wie Sachbeschädigungen bringen die Parteien demnach selbstverständlich zur Anzeige.

Nicht zu viel Aufmerksamkeit schenken

Einig sind sich die Parteien letztlich in ihrem Wunsch nach Deeskalation und einer Entschärfung der aufgeheizten Stimmung im Wahlkampf. So appelliert die FDP: „Ich wünsche mir, dass Politik und Medien gewaltsamen Übergriffen nicht zu viel Aufmerksamkeit schenken. Vorfälle wie in Dresden sind schlimm, aber bleiben Ausnahmen.“ Die Grünen richten ihren Aufruf direkt an „alle Politiker*innen“, Diffamierungen und Falschbehauptungen zu unterlassen, da diese „immer die antidemokratischen Kräfte“ stärkten und eine „Diffamierungsspirale“ in Gang setzten, „die - wie wir immer öfter erleben - auch in körperlicher Gewalt endet“.

Insgesamt lässt sich festhalten, dass die Parteien im Hochsauerlandkreis derzeit keine akute Bedrohungslage sehen, die drastische Sicherheitsmaßnahmen erfordern würde. Man setzt stattdessen auf Wachsamkeit, Deeskalation und die Vernunft der Bürger. Zitate wie „Wahlkämpfer in Deutschland sind sicher, sicherer als in 95 Prtozent der Staaten in der Welt“ (FDP) oder die SPD-Einschätzung, man habe „hier vor Ort Gott sei Dank noch keine Verhältnisse wie in Thüringen oder Sachsen“, spiegeln diese mehrheitlich beschwichtigende Haltung wider. Gleichzeitig werden Übergriffe jeglicher Art und Angriffe auf demokratische Prozesse von allen Parteien aufs Schärfste verurteilt.

Die AfD hat trotz mehrfacher Anfrage nicht auf die Fragen der Westfalenpost geantwortet. Die Partei „Die Linke“ hat derzeit im Hochsauerlandkreis keinen Kreisverband mehr.

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