Olsberg-Elleringhausen. Der Experte aus dem Sauerland baut ein energieautarkes Haus und verrät, wie man bezahlbar ein energie-autarkes Eigenheim realisieren kann.
Bezahlbares klimaneutrales Wohnen – geht das? „Ja! Ich möchte projektieren und ausprobieren statt lamentieren“, sagt Ulrich Schmidt, Bauingenieur aus Elleringhausen, einem Ortsteil von Olsberg. Die Planung für das erste energieautarke Haus, CO2 frei im Betrieb, in seinem Dorf, wenn nicht im gesamten Stadtgebiet steht. Das Grundstück hat er, der Bauantrag ist gestellt. Aber wie soll gebaut werden?
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Ziegel, Lehm, Holz, Photovoltaik und Wind sind Teile des Konzeptes. „Es geht mir darum zu zeigen, was schon möglich ist. Handeln wir sofort, statt irgendwann!“, sagt der Experte, der sein Lebtag im Wohnungsbau gearbeitet hat. „Es wird so viel geschrieben, Gesetze werden formuliert, zerrissen, überarbeitet, geändert, verworfen, neu formuliert, kritisiert - die Überarbeitung der Überarbeitung. Doch was nützen Absichten?“, fragt er. Der Klimawandel schreibe doch längst vor, dass schnell gehandelt werden müsse. Ulrich Schmidt will beweisen, dass es geht. Sich selbst, aber vor allem auch anderen. Dies kostengünstig und langlebig, damit die Umwelt nicht durch das neue Bauen zusätzlich belastet wird. „Ein Haus sollte mindestens 80 Jahre, besser 120 Jahre und länger die Wünsche für ein schönes und gutes Wohnen gewährleisten.“ Die sortenreinen Hauptbaustoffe kommen aus der Region und sind im Sinne der Kreislaufwirtschaft nach Aufbereitung wieder verwendbar, so sieht es sein Konzept vor. Und: „Das Haus verbraucht im Betrieb keinerlei fossilen Energieträger, wie Öl und Gas!“
Das energieautarke Haus
Baustein 1 des energieautarken Hauses: Nutzung von Sonne und Wind. Zurzeit wird noch die durchschnittliche Windstärke geprüft. Das Gebäude bekommt eine exakte Südausrichtung zum bestmöglichen Energiegewinn durch die Sonne. „Gerade das Einfangen der tief stehenden Wintersonne ist bei optimaler Ausrichtung des Gebäudes äußerst wichtig. Die Sonne liefert 10.000-mal mehr Energie an diese Erde als wir Menschen brauchen“, sagt Ulrich Schmidt. Eine große Photovoltaik-Anlage mit konsequenter Südausrichtung und ein Energiespeicher sind dafür in seinen Planungen angesetzt. „Sie liefert im Sommer sehr viel mehr Strom als für Wärme, Trinkwarmwasser, Haushaltsstrom und gegebenenfalls für das Elektroauto benötigt wird.“ Und im Winter? Hier muss er – noch – ein kleines Zugeständnis mit Blick auf die Autarkie machen: für die Stromspeicherung will er auf auswärtige Anbieter zurückgreifen. „„Der überschüssige Strom wird in eine Cloud von einem Ökostrom-Anbieter geliefert und im Winter klimaneutral zurückgeholt.“ Eine Kleinwindanlage ist außerdem angedacht. „Sie muss aber den richtigen Standort haben.“
Baustein 2: die mineralischen Baustoffe. „Lehmwände oder Ziegelwände mit Lehmputz im Innenbereich sorgen für weitreichende Wärmespeicherung und ein einzigartiges Wohlfühl-Raumklima Klima im gesamten Gebäude“, weiß der Experte, der auch hier direkt mit auf die Kosten blickt: „Vorgefertigte Wände und Konstruktionen, sowie eine effiziente Bauplanung und -ausführung erbringen enorme Kosteneinspareffekte.“ Die Außenwände sollen aus hochwärmedämmenden, reinen keramischen Ziegeln bestehen. Zugunsten der wichtigen Wärmespeicherung sind die Innenwände aus schwerem Material. Durch den Baustoff Lehm entsteht das besonders angenehme Wohnklima. Selbstredend soll auch die Gartengestaltung auf Artenvielfalt, sommerlichen Wärmeschutz und wenig Flächenversiegelung ausgerichtet sein.
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Baustein 3: Energieverbrauch im Haus optimieren. Hierfür sorgen sparsame Geräte und intelligente Steuerung. Für die Wärmeversorgung sind entweder Infrarotheizungen an den Decken oder alternativ eine Wärmepumpe mit Fußbodenheizung ist angedacht. Trink- und Warmwasserbereitung erfolgen dezentral, ohne unnötige Speicherkapazitäten. Insgesamt möchte der Bauexperte auch den Einsatz empfindlicher, aber dennoch nötiger Regelungstechnik so gering wie möglich halten. So minimiert er Störungspotenziale und Wartungsaufwand.
Die Idee dahinter
„Nichts an diesem Konzept ist utopisch“, betont der 69-Jährige. „Alle beschriebenen Elemente existieren bereits in der Praxis. Dies zum Teil von der Öffentlichkeit unbemerkt, aber meist einfach nicht zusammengedacht. Es gilt, diese Einzel-Maßnahmen zusammenzuführen wie ich es jetzt mache“, sagt der Experte, der sich viel mit anderen bereits umgesetzten Baukonzepten zum energieautarken Bauen, zum Beispiel „2226“ oder „zihaus“ auseinandergesetzt hat und gut vernetzt ist. Es will auch unbedingt dokumentieren: „Bestehende Monitoring-Methoden können die Erreichung der formulierten Ziele im Betrieb nachweisen.“ Ulrich Schmidts große Idee hinter dem ersten eigenen Haus: „Konzepte wie dieses treffen in etwas anderer Form auf Mehrfamilienhäuser sowie Reihen- und Doppelhäuser zu. Der Bau von zehntausenden, bezahlbaren energieautarken Wohnungen pro Jahr wäre ein wichtiger Beitrag zur Energiewende. Hier sind nicht nur private Bauherren, sondern auch Kommunen und Wohnungsbaugesellschaften gefordert!“ Zusätzlich seien Beteiligungsmodelle an Genossenschaften, die regenerative Energie erzeugen, sinnvoll, um rechnerische Guthaben durch „ökologische Stromdeputate“ zu erzeugen und darüber hinaus die Akzeptanz in der Bevölkerung für regenerative Energiegewinnung zu erhöhen.
Na, da ist er in Olsberg, das eine Energiegenossenschaft gründen möchte, ja genau richtig!