Winterberg. Ferienhäuser im Wohngebiet - das soll in Winterberg bald nicht so leicht gehen. Nach einer Niederlage vor Gericht ändert die Stadt die Strategie.

Die Stadt Winterberg holt den „Holzhammer“ raus und will danach zum „Skalpell“ wechseln. Die beiden Begriffe nutzte Bürgermeister Michael Beckmann am Donnerstagabend in der Ratssitzung, als es um die Frage ging: Wie will die Kommune künftig mit Ferienwohnungen und -häusern umgehen, die im sogenannten unverplanten Innenbereich des Stadtgebietes liegen? Antwort vorweg: Sehr streng! Es wird künftig nicht mehr so einfach sein, dort Urlauber einzuquartieren bzw. Wohnhäuser als Ferienhäuser zu vermieten oder komplett in solche umzuwandeln. Denn die Stadt wird sich mit Hilfe von Satzungen und Bebauungsplänen an dieser wichtigen Stellschraube die Entscheidungsbefugnis wieder zurückholen. Nach bislang gültiger Rechtslage und laut Urteil hatte sie an dieser Stelle das Heft nicht mehr eindeutig in der Hand.

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Vor dem Verwaltungsgericht Arnsberg hatten Stadt (als Behörde, die ihr Einvernehmen erteilen muss) und Hochsauerlandkreis (als Bauaufsichtsbehörde) eine Schlappe einstecken müssen. Zur Vorgeschichte: Eine Gemeinschaft von Grundstückseigentümern hatte für verschiedene genehmigte Wohnhäuser in Siedlinghausen den Antrag gestellt, diese künftig als Urlauberquartiere nutzen zu dürfen. Formell heißt das „Erteilung eines bauplanungsrechtlichen Vorbescheides“. Die Häuser liegen im unbeplanten Innenbereich, der ist im Flächennutzungsplan als Wohnbaufläche ausgewiesen und mit Wohnhäusern bebaut, die zu „normalen Wohnzwecken“ genutzt wurden.

Spannungen im Wohnumfeld befürchtet

Winterberg von oben - alles sieht schön geordnet aus. Aber auch inhaltlich, stadtplanerisch, muss Ordnung herrschen. Dafür will die Kommune nun sorgen.
Winterberg von oben - alles sieht schön geordnet aus. Aber auch inhaltlich, stadtplanerisch, muss Ordnung herrschen. Dafür will die Kommune nun sorgen. © www.blossey.eu / FUNKE Foto Service | Hans Blossey

Dass Hausbesitzer in ihren Wohnhäusern eine Ferienwohnung einrichten und vermieten, ist in Winterberg gängige Praxis und auch im unverplanten Innenbereich keine Ausnahme. Problematisch wird es, wenn in einem rein privat genutzten Wohnumfeld ganze Häuser zu Ferienhäusern mit 13 oder 14 Wohnungen umfunktioniert werden. Stadtsprecherin Rabea Kappen: „Die Erfahrungen haben gezeigt, dass überwiegend bei dieser Nutzungsart erhebliche Spannungen für das Umfeld entstehen können.“ Das habe mit An- und Abreise, nächtlichem Lärm, Parken und dem Freizeitverhalten der Nutzer/innen zu tun. Die Stadt sagte daher „Nein!“ zu dem Antrag, weil ihrer Ansicht nach „nicht störende Gewerbebetriebe“ in Allgemeinen Wohngebieten die Ausnahme sein sollten. Das wollten die Antragsteller so nicht stehen lassen und zogen vor Gericht. Das wiederum sagte zur Beurteilung der Stadt bzw. des Kreises: „Falsch!“ Um solche Ferienhäuser in puren Wohngebieten zu verhindern, brauche die Kommune eine „bauplanerische Feinsteuerung, nicht aber eine typisierte Ermessensgrundlage.“

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„Wir haben ja dadurch nicht entschieden, dass in den Gebieten keine Ferienwohnungen mehr zulässig sein sollen. Aber wir haben dadurch die Kontrolle zurück“, sagte Sven Lucas Deimel (CDU). Heinrich Kräling (FWG) räumte ein, er sehe zwar die generelle Notwendigkeit eines Steuerungselementes; er wisse aber auch „von drei Häusern in Siedlinghausen, die den Ort hochhalten und viel Geld im Dorf lassen“. Dem entgegnete Mario Süshardt (CDU), man könne die kleineren Orte nicht gesondert behandeln und verwies auf die Wohnraumproblematik für Einheimische. Bernd Kräling (FDP) meinte, man habe „diese Fehlleitung viel zu lange geduldet“. Man müsse sehr kritisch mit dem Thema umgehen, um „Wildwuchs zu vermeiden“.

Formeller Aufstellungsbeschluss

Formell bedeutete all das im mehrheitlichen Ratsbeschluss: Für die Bereiche „Sorpestraße/ Ennertstraße“ in Siedlinghausen, für den Bereich „Hardt“ in Züschen und für den Bereich „Neuastenberger Straße“ in Neuastenberg werden die Verfahren für die Aufstellung eines Bebauungsplanes eingeleitet. Außerdem werden dort sogenannte Veränderungssperren verhängt. Letztere führen dazu, dass Bauvorhaben in dem jeweiligen Gebiet bis zur Rechtskraft des Bebauungsplanes grundsätzlich nicht durchgeführt werden dürfen. Ausnahmen von der Veränderungssperre können im Einzelfall zugelassen werden, wenn das beantragte Vorhaben die Planungsziele nicht tangiert. Die bestehenden Hotels und Gaststätten im Plangebiet sind hiervon nicht betroffen, da diese Nutzungen auch weiterhin zulässig bleiben. Auch heute schon genehmigte Ferienwohnungen werden von der Neuaufstellung des Bebauungsplanes nicht tangiert.

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Bürgermeister Beckmann erklärte zudem, dass die Stadt neben diesen bauleitplanerischen Möglichkeiten weitere Instrumente bzw. Stellschrauben prüfe, wie z.B. die Aufstellung von Erhaltungssatzungen/Milieuschutzsatzungen, Zweckentfremdungssatzung oder auch eine Fremdenverkehrssatzung. Außerdem soll mittelfristig ein Beherbergungskonzept als strategisches städtebauliches Entwicklungskonzept erarbeitet werden. Rabea Kappen auf Nachfrage: „Ziel der gesamten Aktivitäten ist es, auf die Vielzahl von Anträgen im Bereich der Ferienhäuser nicht nur zu reagieren, sondern wieder zu agieren.“