Winterberg/Medebach/Hallenberg. Die SPD-Spitzenkandidatin für die Europawahl, Katharina Barley, will Airbnb-Wohnraumangebote begrenzen. Städte im Sauerland erklären ihren Weg.
Die SPD-Spitzenkandidatin für die Europawahl, Katarina Barley, hat sich dafür ausgesprochen, die Umwandlung von Wohnungen in Ferienwohnungen etwa für die Online-Plattform Airbnb zu begrenzen. Ein Thema was besonders Städte wie Winterberg umtreibt. Der Wohnungsmarkt in Winterberg ist aufgrund der vermehrten Ferienwohnungsnutzung angespannt, da in den vergangenen Jahren immer mehr verfügbarer Wohnraum durch die Umnutzung von Dauerwohnungen in Ferienwohnungen verloren gegangen ist. Barley sprach von einer Unsitte, „dass in vielen, gerade in den umkämpften Wohnräumen, sehr viel Wohnraum zu Airbnb und ähnlichen Angeboten umgewandelt wird“. Die Sozialdemokratin sagte: „Da wollen wir, dass die Europäische Union eine Regelung vorlegt, das zu begrenzen, damit wieder die normale Bevölkerung, die normalen, die hart arbeitenden Menschen auch die Chance haben, auch in begehrten Städten bezahlbaren Wohnraum zu finden.“
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Eine Regulierung könne dann stattfinden, wenn es geeignete gesetzliche Bestimmungen gebe, teilt die Pressesprecherin der Stadt Winterberg, Rabea Kappen, mit. „Wir schauen uns die Entwicklung des Ferienwohnungs- und Ferienhäusermarktes ganzheitlich an. Dabei stehen Fragen des Bauordnungsrechts, des allgemeinen Ordnungsrechts und des Steuer- und Abgabenrechts wie zum Beispiel die Zweitwohnungssteuer und Kurbeitrag im Raum, die allesamt von den jeweils zuständigen Stellen geprüft und im Rathaus koordiniert werden.“ Die Winterberg Touristik und Wirtschaft GmbH (WTW) sichte in den Internetportalen bereits seit 2019 mögliche touristische Vermietungsaktivitäten. Dazu würden alle verwaltungsrechtlich gegebenen Möglichkeiten gegen die Betreiber oder Besitzer von Ferienwohnungen oder Ferienhäusern ausgeschöpft, die sich nicht an das Regelwerk hielten, sagt Kappen.
Spannung in Wohngebieten
Viele Investoren oder Hausbesitzer wittern gute Geschäfte. Die Rahmenbedingungen für eine Kapitalanlage in Ferienwohnungen sei in der jüngsten Vergangenheit so gut gewesen, dass vielfach Objekte erworben wurden, die eine gute Rendite erwarten ließen, so Kappen. „Da eine Rendite bei touristischen Vermietungen in der Regel vielversprechender ist, als bei einer Dauervermietung, wuchs der Markt touristisch genutzter Wohnungen nicht nur in der Stadt Winterberg. Oftmals haben sich die Käufer der Ferienwohnungen im Vorfeld keine Gedanken dazu gemacht, dass die regelmäßige Nutzung einer Wohnung für Ferienwohnungszecke der Baugenehmigung bedarf“, sagt die Pressesprecherin. Oftmals lägen diese Genehmigung nicht vor. So seien zum Teil Ferienwohnungsnutzungen in Bereichen entstanden, in denen sie baurechtlich gar nicht zulässig seien. Diese Entwicklung führe zu „Spannungen in den betroffenen Wohnanlagen und Wohngebieten“ (An- und Abreise, Freizeitverhalten der Nutzer/-innen), insbesondere durch die überwiegende vollständige Nutzung von Gebäuden für Ferienwohnungszwecke.
Durch Aufstellungen und Neuaufstellungen von Bebauungsplänen soll die Ferienwohnungsnutzung in dem jeweiligen Gebiet besser als bisher gesteuert und das allgemeine, dauerhafte Wohnen gestärkt werden. Der konsequente Erlass begleitender Veränderungssperren seit drei Jahren stelle, laut Kappen, sicher, dass die Planungsziele, unter anderem die Stärkung des Dauerwohnens, auch erreicht werden könne.
Tourismus ist Wirtschaftsmotor
Und was hält der Winterberger Bürgermeister Michael Beckmann (CDU) von Barleys Vorschlag, das Angebot von Airbnb durch europäisches Recht zu begrenzen? „Wenn eine Regelung greifen soll, benötigen wir eine einfache und praktikable Regelung, die einsetzt, bevor das Kind in den Brunnen gefallen ist. Eine weitere bürokratische Regelung, die diese Vorgabe nicht erfüllt, ist für uns nicht zielführend, führt zu mehr Aufwand und bei den Bürgerinnen und Bürgern zu Frust. Wir benötigen in den touristisch geprägten Kommunen einen praktisch anwendbaren gesetzlichen Rahmen, um die vor Ort notwendigen und sinnvollen Regulierungen umsetzen und vor allem auch durchsetzen zu können,“ so Beckmann.
Der Tourismus insgesamt sei der Wirtschaftsmotor für Winterberg und ermögliche Wertschöpfung und Lebensqualität, die man ohne die Tourismuswirtschaft nicht hätte. Ein gesamtkommunales Entwicklungskonzept, das Handlungskonzept Wohnen und eine konzeptionelle Betrachtung des Beherbergungsmarktes seien hier die richtigen Werkzeuge, um eine gesamtverträgliche Lösung zu erhalten. „Daran wurde und wird in der Stadt Winterberg intensiv gearbeitet“, ergänzt Pressesprecherin Kappen.
Der Tourismuschef von Medebach, Michael Aufmhof, sagt: „Einige Aspekte, die von der EU in Betracht gezogen werden könnten und hilfreich sein könnten, sind die Bereiche Transparenz und Datenschutz, sodass der Datenaustausch zwischen Vermietungsplattformen und Steuerbehörden verbessert wird, um illegale Angebot zu verhindern, aber zum Beispiel auch den Verbraucherschutz zu stärken, um sicherzustellen, dass Ferienwohnungen den geltenden Qualitäts- und Sicherheitsstandards entsprechen und schwarze Schafe ausschließt.“
Möglicherweise Lücken im Gesetz
Die Regulierung von Ferienwohnungen und Plattformen wie Airbnb hinke oft den technologischen Entwicklungen hinterher, sagt er. Es gebe „möglicherweise Lücken im Gesetz“, die es schwierig machten, bestimmte Arten der Ferienwohnungsvermietung angemessen zu kontrollieren oder zu regulieren. „Hier muss man jedoch auch nach Regionen und insbesondere im Bereich des Städtetourismus unterscheiden“, so Aufmhof.
Das Thema Airbnb scheint in Medebach auch kein großer Aufreger zu sein. Der Tourismuschef schätzt, dass das Angebot in Medebach sich lediglich im einstelligen Bereich bewegen. „Anfragen resultieren vorrangig im Bereich von Hausverkäufen, diese als Ferienhäuser nutzen zu dürfen. Vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine und der Flüchtlingssituation wurden auch vereinzelt Ferienwohnungen für Flüchtlinge und somit längerfristige Vermietungen zur Verfügung gestellt“, erklärt er.
„Ich hoffe, dass Frau Barley mit „begehrten Städten“ auch die Stadt Hallenberg meint“, sagt der Bürgermeister von Hallenberg, Enrico Eppner (FDP). Eine „signifikante Umwandlung“ von Wohnraum in Ferienwohnungen sei in seiner Stadt jedoch weder durch die Plattform Airbnb noch im allgemeinen zu verzeichnen. Aber: Auch in der Hallenberg wird das Angebot an Mietwohnraum überschaubarer, dies sei jedoch nicht auf den Ferienwohnungsbetrieb zurückzuführen, weswegen hier kommunalpolitisch noch nicht gegengesteuert werden musste. Die Zahl der Airbnb-Angebote in seinem Stadtgebiet seien noch sehr gering. „Eine Regulierung im Bereich der Ferienwohnungsvermietung sollte nicht Aufgabe der Europäischen Union sein und kann dort auch nicht zielführend sein, da die Kommunen mit beispielsweise Bebauungsplänen die jeweiligen Nutzungsrahmen vorgeben können, um Entwicklungen dieser Art entgegenzuwirken“, sagt Eppner.