Dreislar. Der Vandalismus trifft Kirche und Feuerwehrhaus mit 'ACAB' und Hassbotschaften. Dann brennt plötzlich ein Auto aus. Die Dorfbewohner sind nervös.
Mit der Ruhe im ansonsten so gemütlichen Dörfchen Dreislar ist es momentan vorbei: In zwei Nächten dieser Woche sind Türen und Mauern der St. Franziskus-Pfarrkirche in Dreislar beschmiert worden, in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag auch das Feuerwehrhaus schräg gegenüber. „ACAB“ steht dort – ein in einschlägigen Kreisen bekannter Code für „All cops are bastards“, was rechtlich neben einigen kreativen Deutungen am ehesten mit „Alle Polizisten sind Bastarde“ zu übersetzen ist. An zwei Stellen ist zusätzlich „Ausländer raus“ zu lesen, an der Kirchentür finden sich zudem obszöne Motive. Donnerstagnacht wurde die Feuerwehr zudem um 2 Uhr alarmiert, weil ein Auto in der St.-Hubertusstraße brannte. Die Polizei sieht einen Zusammenhang zwischen allen Vorfällen.
Brennendes Auto am anderen Dorfende
Andre Kappen aus Dreislar ist stellvertretender Wehrleiter der Feuerwehr und Mitglied im Kirchenvorstand. In diesen Funktionen hatte er sowohl mit dem nächtlichen Feuer als auch mit den Graffiti an der Kirche zu tun. Am Dienstag nach Abendmesse war noch alles in Ordnung. Am frühen Mittwochmorgen sieht eine Einwohnerin auf dem Weg zur Arbeit Farbe an der Kirchentür von der Straße aus und benachrichtigt den Kirchenvorstand. Andre Kappen prüft mit weiteren Gemeindemitgliedern die Beschädigungen vor Ort. Dabei stellen sie den mit Silberfarbe aufgesprühten Schriftzug „ACAB“ an der dunklen, schweren Holz-Kirchentür fest. Weitere Verunreinigungen sind bei einer ausgiebigen Kontrolle des Kirchengeländes mitten im Dorf zunächst nicht zu sehen.
Am frühen Mittwochabend entdeckt ein Dreislarer einen „ACAB“-Schriftzug an der Bruchsteinmauer zur Sakristei, der im Laufe des Tages angebracht worden sein muss. Andre Kappen ist sich sicher, dass zu diesem Zeitpunkt das Tor des gegenüberliegenden Feuerwehrhauses noch sauber war. Als die Löschgruppe Dreislar um 2 Uhr zu dem brennenden Auto am anderen Dorfende gerufen wird und ausrückt, sind sowohl das Feuerwehrhaus als auch die Kirchenmauer neben der Eingangstür mit „ACAB Auslä(n)der raus“ in offensichtlich gleicher Schrift und teilweise mit Schreibfehlern sowie obszönen Motiven beschmiert.
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Zusammenhang zwischen den Taten
Nachdem die Feuerwehren aus Dreislar und Medelon den beim Eintreffen bereits in Vollbrand stehenden Wagen mit Schaum löschen und ein unmittelbar danebenstehendes Wohnhaus vor einem Übergreifen der Flammen schützen konnten, inspizieren die bei den Löscharbeiten anwesenden Polizisten auch das Feuerwehrhaus.
Die Kirchengemeinde Dreislar hat Anzeige erstattet und lässt derzeit die sonst tagsüber für jeden offenstehende Pfarrkirche sicherheitshalber geschlossen. Verwaltungsleiter Heiner Hast hat Fotos und eine Beschreibung der Ereignisse auf die Homepage des Pastoralen Raums Medebach-Hallenberg unter www.pr-mh.de und in die sozialen Medien setzen lassen, mit der Bitte, Beobachtungen vertraulich mitzuteilen. „Ein so respektloses Verhalten gegenüber Gotteshäusern ist kein Lausbubenstreich“, betont er. Es bringe Angst und Unsicherheit in den Ort und verletze die Gefühle der Gemeindemitglieder.
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Die Polizei hat Ermittlungen in beiden Fällen aufgenommen. Das bestätigte Polizeisprecher Michael Schemme auf Nachfrage der WP. Am Donnerstagvormittag hätten Gutachter den Brandort untersucht. Im Fall der Schmierereien an Kirche und Feuerwehrhaus ist der Staatsschutz in Dortmund eingeschaltet worden. Die Kripo habe Hinweise darauf, dass die Taten miteinander zu tun hätten, so Schemme. Mehr konnte er aus ermittlungstaktischen Gründen zunächst nicht preisgeben.
Im Dorf ist die Beunruhigung deutlich spürbar – vor allem, weil es zu mehreren Übergriffen in kurzen zeitlichen Abständen kam. „Dreislar ist kein Durchfahrtsort, hier kommt selten jemand zufällig vorbei. War es jemand aus dem Dorf? Können wir nachts noch ruhig schlafen?“ Ortsvorsteher Berthold Kappen ist auf dem Sprung zu einem Treffen für den neu konzipierten Vogelerlebnispfad, der die Natur und Tierwelt rund um Dreislar erlebbar macht und in den die Ehrenamtlichen viel gemeinsame Arbeit gesteckt haben. Natur, Ehrenamt, Dorfgemeinschaft – das sind sonst eigentlich die Themen, die Dreislar ausmachen. Deshalb ist auch Berthold Kappen fassungslos über die aktuellen Vorkommnisse: „Es sind alle gerade unruhig und misstrauisch. Das ist nicht schön für unser Dorf.“