Hochsauerlandkreis. Lehrerin, Dirigentin, Musikern, Chorleiterin: Marie Becker aus Messinghausen gibt in jedem Lebensbereich den Takt an.
Über ihre ersten tollpatschigen Gesangsversuche als Kind habe ihr Großvater, ein Dirigent, nur seufzend mit dem Kopf geschüttelt und gesagt: „Das Kind hat nichts Musikalisches mitbekommen.“ Marie Becker lacht, als sie das erzählt. Denn bei dieser Einschätzung lag ihr Opa damals gründlich daneben.
Marie lebt für die Musik. Sie ist Sängerin, Musiklehrerin, Dirigentin, Chorleiterin, engagiert sich beim Volksmusikerbund NRW: Ihr ganzer Alltag dreht sich um die Musik, ihre ganze Freizeit verbringt sie damit. Und das schon quasi ihr Leben lang: Der Musikunterricht, den sie als Fünfjährige von ihrem Opa bekam, war der Startschuss. Von ihm lernte sie die ersten musiktheoretischen Grundlagen, er zeigte ihr die ersten Griffe auf der Geige. „Und ab da ging das eigentlich immer so weiter“, erinnert sie sich. Heute ist Marie 30 Jahre alt.
Zwischen Lehramtsberuf und Ehrenamt
Seit dem Ende ihres Lehramtsstudium für Musik und Deutsch arbeitet die gebürtige Messinghäuserin als Lehrerin an einem Gymnasium in Warstein. Dort unterrichtet sie aber hauptsächlich Musik: Sie leitet Bläserklassen, Schulchöre, das Schulorchester. „Die Bläserklasse ist mein Herzstück“, erzählt sie und deutet auf ihre Halskette: ein kleiner goldener Anhänger in Form einer Trompete hängt daran, ihr Lieblingsinstrument. Die spielt sie auch selbst regelmäßig, bei den Proben des Spielmannszugs der Freiwilligen Feuerwehr in Meschede.
Den Großteil ihrer Freizeit verbringt Marie jedoch mit ehrenamtlichem Engagement in der musikalischen Kinder- und Jugendbildung, und das schon seit vielen Jahren. Seit ihrem 17. Lebensjahr leitet sie, damals als jüngste Chorleiterin Nordrheinwestfalens, den Chor „Music Factory Sauerland“, sie ist Orchesterleiterin und Dirigentin der Musikvereine Essentho und Oeventrop und auch vom Kreisjugendorchester Hochsauerland. Sie sitzt im Beirat der Landesmusikakademie NRW und ist seit drei Wochen auch die offizielle Landesmusikdirektorin für den Fachbereich Blasmusik beim Volksmusikerbund NRW. Als diese ist sie Ansprechpartnerin für Musikvereine, organisiert Lehrgänge, kümmert sich um Fördermittelunterstützung, konzipiert Musikprüfungen und nimmt sie ab - die Liste ihrer Aufgaben ist schier endlos.
Marie Becker braucht ein gutes Zeitmanagement
All das unter einen Hut zu kriegen, ist für die junge Frau nicht immer einfach. „Ich habe einen sehr gut strukturierten Wochenplan“, erklärt Marie. Natürlich gebe es auch Phasen, in denen es ihr ein wenig zu viel werde. „Manchmal ist es schwierig, allen gerecht zu werden. Aber wenn du in einer leitenden Position bist, sagst du nicht ab.“ Aber die Stressphasen gehören für sie dazu und sie liebt ihr musikalisches Engagement auch zu sehr, um kürzer zu treten. Die Menschen, mit denen sie arbeitet, die Bedeutung, die ihr Engagement für andere hat, die Begeisterung und musikalische Entwicklung der Kinder und Jugendlichen beobachten zu können - all das gebe ihr Auftrieb und lasse sie weitermachen: „Es gibt so viele Momente, in denen ich sehe: Dafür mache ich das.“ Alles zu koordinieren, sei oft eine Herausforderung - aber es lohne sich immer.
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Sehr dankbar ist sie dabei auch für die Unterstützung, die sie von ihrem Mann Matthias und ihrer Familie bekommt. Sie erhalte Verständnis dafür, dass sie so viel Zeit für ihr Engagement aufwendet. Dass es allgemein immer weniger Bereitschaft zum ehrenamtlichen Engagement in der Jugendarbeit gibt, beobachtet Marie mit Besorgnis. Vor allem der Dirigenten- und Chorleitermangel mache sich im HSK zunehmend bemerkbar, es gebe immer weniger Angebote für junge Menschen. „Diese Angebote sind unglaublich wichtig, die muss es weiterhin geben.“ Auch daraus zieht Marie ihre Energie für das Engagement: „Das erhalten zu können, treibt mich an.“
Singen zum Vergnügen, Hörbücher zum Runterkommen
Eine weitere Schwierigkeit, mit der die junge Frau bei ihrem Engagement regelmäßig zu kämpfen hat, sind die Genehmigungen für ihre Nebentätigkeit zu ihrem Lehrerberuf. Offiziell seien da nur acht Stunden pro Woche vorgesehen: „Das reicht nicht mal für ein Schützenfest, auf dem wir Musik machen.“ Gerade in den Sommermonaten nähmen solche Termine viel Zeit in Anspruch, zusätzlich zur Proben- und Jugendarbeit und ihren Verwaltungsaufgaben beim Volksmusikerbund. Doch auch hierfür habe sie bisher immer ein Lösung gefunden.
Zu ihrem ganz persönlichen Freizeitvergnügen singt Marie, in der Band „Moskito live“ und als Sängerin für Hochzeiten und andere besondere Anlässe. Nicht selten tritt sie gemeinsam mit ihrem Mann Matthias auf. Auch dafür jongliert sie meist mit den Terminen, muss irgendwie die Zeit finden. Allein zwölf Hochzeiten waren es im vergangenen Jahr, auf denen sie musiziert hat. „Aber es ist ein wundervolles Hobby, und man bekommt unglaublich viel zurück.“ Nur zum Runterkommen abends oder beim Autofahren gönnt sich Marie mal eine musikalische Pause, dann hört sie am liebsten Hörbücher. „Dabei entspanne ich mich gern“, erzählt sie. So kann sie ihre Batterien wieder aufladen und weiterpowern mit ihrer größten Passion, der Musik.