Olsberg. Mit Miss & Misses schließt ein Damenmodegeschäft in Olsberg. Die Inhaberin erzählt, warum sie die diesen Schritt geht und wo ihr Zukunft liegt.

Leerstände im Einzelhandel gibt es – wie auch in den Nachbarstädten – in Olsberg einige. Mit „Miss und Misses“ schließt Ende April ein Modegeschäft mit langer Tradition. Bernadette Kimmlinger hat das Modegeschäft 2016 übernommen und hat sich in den vergangenen Jahren aktiv im Vorstand der Fachwelt Olsberg engagiert. Sie erzählt, warum sie sich jetzt schweren Herzens entschlossen hat, ihr Geschäft aufzugeben.

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Verändertes Kaufverhalten

Wer sich mit der 57-jährigen Geschäftsfrau unterhält, erfährt, dass es viele Gründe für ihren Entschluss gibt. Bernadette Kimmlinger berichtet, dass die Coronazeit eine sehr schwierige Zeit für den Einzelhandel gewesen sei. Doch sie hat auch festgestellt: „Die Menschen haben ihr Kaufverhalten inzwischen grundsätzlich geändert. Angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Lage und der Inflation, achten die meisten heute viel mehr auf ihr Geld. Man merkt, dass viele Menschen verunsichert sind, weil sie nicht wissen, wie sich das alles weiterentwickelt.“ Und diese Unsicherheit hat schließlich auch Bernadette Kimmlinger dazu gebracht, einen Schlussstrich zu ziehen.

Steigende Kosten

Sie berichtet, dass die Kosten für Energie, Versicherungen, Krankenkassenbeiträgen, Mieten usw. in allen Bereichen in den vergangenen Jahren für Selbstständige immer weiter gestiegen seien und das Internet eine harte Konkurrenz für den Einzelhandel vor Ort sei. Und wenn dann gleichzeitig, die Einnahmen zurückgehen, weil die Menschen weniger kaufen, dann müsse man als Selbstständiger schon genau rechnen und über einen längeren Zeitraum beobachten, ob sich das Geschäft am Ende finanziell auf Dauer noch lohne: „Wenn unterm Strich nicht mehr das übrig bleibt, was man braucht, dann muss man rechtzeitig die Reißleine ziehen“, so die Geschäftsfrau. Und diesen Schritt ist sie jetzt mit der Geschäftsaufgabe tatsächlich gegangen.

„Schwierige Zeit für den Einzelhandel“

„Für den Einzelhandel ist es gerade eine sehr schwierige Zeit“, so die Einschätzung der Olsbergerin. Deshalb hat sich die 57-Jährige entschlossen, wieder in ihren ursprünglichen Beruf als Bürokauffrau zurückzugehen. „Ich habe das Geschäft siebeneinhalb Jahre mit viel Herzblut, großer Begeisterung und viel Freude an Mode geführt. Natürlich ist es schade, das aufzugeben, aber mit Blick auf die unsichere Zukunft für den Einzelhandel ist es für mich die richtige Entscheidung. Ganz herzlich möchte ich mich bei allen Kunden für die jahrelange Treue bedanken.“ Der Räumungsverkauf läuft noch bis Ende April.

Bernadette Kimmlinger hat das Damenmodegeschäft Völlmecke unterhalb der Olsberger Kirche 2016 von Veronika Völlmecke übernommen. Mit der Geschäftsübernahme vor mehr als sieben Jahren führte Bernadette Kimmlinger neue Marken ein. Auch Kommunionkleidung gehört zu ihrem Angebot. Seit 2021 führt sie das Geschäft mit dem neuen Namen: „Miss und Misses“. Der Ursprung des Einzelhandels-Geschäfts reicht sogar bis in die 50er Jahre zurück: 1957 wurde das Modegeschäft Susewind in Olsberg gegründet.

„Wenn unterm Strich nicht mehr das übrig bleibt, was man braucht, dann muss man rechtzeitig die Reißleine ziehen“,
Bernadette Kimmlinger - Inhaberin Miss & Misses Olsberg

Appell: Vor Ort einkaufen

Mit viel Engagement hat sich Bernadette Kimmlinger als Geschäftsfrau in den vergangenen Jahren auch im Vorstandsteam der Fachwelt Olsberg eingebracht. Aus dem Vorstand will sie zwar ausscheiden, aber die Arbeit des Zusammenschlusses in Zukunft auch weiter begleiten, denn sie findet, dass ein breit aufgestellter Einzelhandel für die Lebensqualität vor Ort wichtig ist. Sie appelliert deshalb an alle, das, was es vor Ort gibt, wertzuschätzen, nämlich Qualität und Beratung. „Viele haben mir gesagt, wie schade sie es finden, dass jetzt wieder ein Geschäft schließt. Aber man muss auch sagen, dass vom Bummeln allein kein Geschäft existieren kann. Man muss auch mal den Händlern vor Ort eine Chance geben, in die Geschäfte reingehen und auch dort kaufen.“ Bernadette Kimmlinger ist überzeugt: „Jeder entscheidet mit seinem eigenen Verhalten, was es in seinem Ort in Zukunft noch zu kaufen gibt.“ Sie gibt auch zu bedenken: „Ein Ort ohne Geschäfte ist auch für Urlauber nicht attraktiv.“

Umsatz im Handel geht NRW-weit zurück

Das rückläufige Kaufverhalten, das Bernadette Kimmlinger erlebt, zeigt sich auch in den aktuellen Zahlen des Landesstatistik-Amtes IT-NRW. Danach verzeichnet der nordrhein-westfälische Einzelhandel für das Jahr 2023 – unter Berücksichtigung der Preisentwicklung - im Jahresschnitt einen realen Umsatzrückgang von 3,3 Prozent.