Willingen. In Willingen wurde nun der Grundstein für ein neues 4-Sterne-Erlebnis gelegt. Schon im nächsten Jahr könnte das riesige Gebäude stehen.
Eigentlich ist der Name des neuen Hotels in Willingen Programm: „Mountain View“ heißt die neueste Investition der Willinger Brauhausgesellschaft. Von einem Berg war an diesem Montag jedoch nichts zu sehen: Dichter Nebel verbarg den Blick vom Willinger Bahnhofsgelände, wo das Hotel entstehen soll, auf den 838 Meter hohen Ettelsberg. Schon im Sommer 2025 sollen die ersten Gäste dort übernachten, kündigen die Betreiber bei der Grundsteinlegung an. Insgesamt sollen bis zu 15 Millionen Euro investiert werden.
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2019 kauften Gert und Wilhelm Göbel, Hans-Günther Fistler und Arndt Brüne das Gelände von der Deutschen Bundesbahn „wohl wissend, dass dieses Objekt aufgrund direkter Anbindung an den Bahnhof mit hohen Auflagen belegt sein würde“, so die Betreiber. Die vier sind keine Unbekannten in Willingen, sondern stehen auch hinter dem Best Western Hotel, verschiedenen gastronomischen Betrieben, sowie dem Skywalk, der „dem Tourismus im letzten Jahr neuen Schwung verliehen habe“, so der Willinger Touristikchef Norbert Lopatta.
Das Hotel soll sich dabei ausdrücklich an Aktivurlauber, Familien, Geschäftsreisende und Tagungsteilnehmer richten. Auch Mountainbiker sollen angesprochen werden. Ein weiterer Schritt vom Ski- und Party Hotspot hin zur ganzjährigen Urlaubsdestination für die ganze Familie: „Als ich zum ersten Mal davon gehört habe, habe ich mich natürlich gefreut“, erinnert sich Lapotta. Investitionen seien wichtig für Willingen, insbesondere da sich die Bettenzahl in den letzten Jahren durch altersbedingte Ausfälle von 11.200 Betten auf ungefähr 10.000 bis 10.200 Betten verringert habe: „Wir haben in Willingen ein deutschlandweit einzigartiges Angebot. Sie müssten schon lange auf die Suche gehen, um etwas Vergleichbares zu finden“, lobt der Tourismusmanager das breite Angebot der hessischen Stadt.
Übernachtungsrekord im letzten Jahr
Die Statistik scheint ihm rechtzugeben: 2023 übernachteten 1.042.536 Gäste im Kurort. Ein Plus von 13,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr und 0,5 Prozent mehr als 2019, also vor Corona. Insgesamt ergebe das, so Lapotta eine durchschnittliche Bettenauslastung von 40 bis 45 Prozent in den Hotels sowie 15 bis 35 Prozent bei den Ferienhäusern: „Wir haben also noch ein bisschen Luft nach oben“, so der Tourismus-Experte.
Die Auslastung der Hotels von Gert Göbel und seinen Geschäftspartnern vom Willinger Brauhaus liegen darüber: „Durchschnittlich sind unsere Zimmer zu 70 Prozent belegt“, so Göbel.
Das war vermutlich auch der Grund, in weitere Kapazitäten zu investieren zu wollen: „Das hat uns zwar etwas Kopfzerbrechen bereitet, am Ende sind wir die Planungsphase innerhalb der letzten vier Jahre ruhig und gelassen angegangen“, so Göbel. Was die Konjunkturlage anbelangt, zeigen sich die Betreiber selbstbewusst: „Uns macht die Konjunktur keine Angst“, so Göbel.
Beim symbolischen Spatenstich für das Hotel wurde standesgemäß keine Kiste vergraben, sondern ein Bierfass aus dem Willinger Brauhaus, welches mit allerhand Devotionalien gefüllt war, darunter auch Kleingeld: „Für schlechte Zeiten“, scherzt Geschäftsführer Arndt Brüne, dem die derzeitige wirtschaftliche Lage durchaus bewusst ist: „Gott schütze dieses Haus vor Sturm und Feuer, vor dem Finanzamt und der Steuer“, wünschte sich Brüne bei der Grundsteinlegung scherzhaft.
Zumindest vor der Verwaltung muss er sich wenig Sorgen machen. Lief doch alles nach Plan: „Wir ziehen hier alle an einem Strang und haben auch bei der Planung des Hotels Hand ind Hand mit den Bauherren gearbeitet“, so Karl-Friedrich Frese, der erste Beigeordnete des Kreises Waldeck Frankenberg.
Kai Bachmann Geschäftsführer der Regionalagentur Nordhessen, begrüßt den wirtschaftlichen Impuls: „Ich bin selbst auch ganz gerne mal in Willingen unterwegs und Tourismus ist wichtig, auch im Sinne der Attraktivität auf Fach- und Arbeitskräfte“, so Bachmann, der anderthalb Stunden von Willingen entfernt lebt. Aber das Hotel hat nicht nur einen indirekten Effekt auf den Arbeitsmarkt: 15 Vollzeitkräfte sollen im neuen Hotel für das Wohl der Gäste sorgen.
100 Zimmer und kleiner Wellness-Bereich
Das neue Hotel soll 100 Zimmer der 4-Sterne-Kategorie bieten, die jeweils ungefähr 20 Quadratmeter groß sind. Außerdem wird es fünf Tagungsräume, eine Rezeption, eine Hotelbar und ein Hotelrestaurant mit ca. 150 Sitzplätzen geben. Die Küche befindet sich direkt neben dem Restaurant. Im Obergeschoss soll ein Wellnessbereich mit drei verschiedenen Saunen und Indoor- und Outdoor-Ruhebereichen entstehen.
Insgesamt sieht sich die Hotel-Wellness aber eher als Ergänzung, denn als vollständiges Angebot: „Wir setzen hier auch auf die vorhandene Infrastruktur in Willingen, wie zum Beispiel das Lagunenbad“, so Gert Göbel. Das Hotel wird über einen Parkplatz mit 70 Stellplätzen verfügen. Im Erdgeschoss soll eine Fläche von 500 Quadratmeter als zu vermietende Gewerbefläche umgesetzt werden, auf der ein auch für Tagesgäste zugängliches Freizeitangebot Einzug halten soll. Da die Stadt Willingen plant, eine Fußgängerbrücke zu errichten, wäre vom Hotel überdies ein direkter Zutritt zum Skigebiet am Ettelsberg möglich. Zwar existieren die Pläne dafür schon etwas länger, einen Zeitplan für die Umsetzung ist jedoch noch nicht bekannt. „Die Brücke ist vonseiten der Politik ja nicht abgesagt, sondern vorerst verschoben. Wir arbeiten mit Hochdruck daran, gemeinsam mit der Gemeinde eine Lösung zu finden“, betont Gert Göbel.
Die Fassade wird nach Plänen des Architekten Uno Kleine vom Architekturbüro Kleine und Potthoff gestaltet: „Ich spreche hier ganz gerne von `Willinger Moderne`“, so Kleine, der schon mehrere Projekte in Willingen umgesetzt hat. „Mir war es wichtig, dass das Licht und die Sonne gut durchkommen“. So dominieren natürliche Materialien die Außengestaltung, die auch im Innenraum fortgesetzt wird: Holz und Glas sind die vorherrschenden Materialien im Hotelrestaurant und sogar ein Sessel der alten Ettelsberg Sesselbahn soll als Hingucker verbaut werden. Um den Blick auf den Ettelsberg von der Straße nicht zu versperren ist das dreigeschossige Gebäude als Flachdachbau ausgelegt
Während der Bau bis zur schlüsselfertigen Übergabe von der Firma List verantwortet wird, übernimmt die Willinger Brauhausgesellschaft den Innenausbau und arbeitet dabei mit lokalen Unternehmen zusammen.
Nachhaltigkeit wird groß geschrieben
Das Thema Nachhaltigkeit gehen die Planer differenziert an: „Unser begrüntes Dach haben wir mit Photovoltaik ausstatten lassen, daneben stehen Wärmepumpen. Eine Pelletheizung mit zwei Kesseln trägt mit 100 Kilowatt zur Versorgung bei“, so der weitere Geschäftsführer Hans-Günther Fistler. Das Material aus dem Abbruch der Bestandsgebäude werde man nach Auskunft zudem im neuen Bau als Füllmaterial weiternutzen.
Die Betreiber gehen davon aus, dass sie das Hotel schon im nächsten Jahr eröffnen können, falls nichts dazwischenkommt. Um das zu verhindern, legte Arndt Brüne beim Spatenstich wohl die erste Grundlage: „So eine Grundsteinlegung war früher ja auch immer eine Art Ritual. Man wollte die bösen Geister vertreiben. Unsere bösen Geister heißen heute: Inflation und Rezession“, bevor er den Spaten in die Erde sticht. Schon in sechs Wochen soll das Erdgeschoss stehen.