Winterberg/Medebach. Sauerländer Kneipenwirte sind empört: Das GEMA-Sky-Aus erhöht ihre Kosten. Die Verzweifelung ist groß. Der Pay-TV-Sender Sky reagiert gelassen.
Der Winterberger Kult-Kneipier Dan Corcoran kneift die Augen zusammen und verschränkt die Arme. Langsam reiche es ihm, gibt er unumwunden zu. Hohe Mehrwertsteuer, explodierende Gasrechnungen und jetzt auch noch das. Da der Vertrag zwischen der GEMA (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte) und dem Sport-TV-Anbieter Sky nicht verlängert wurde, ist die GEMA ab diesem Jahr direkt für die Abrechnung ihrer Kosten mit den Gastronomen verantwortlich. Heißt für den Inhaber des „Blackwater Irish Pubs“ in Winterberg: Er muss wieder tiefer in die Tasche greifen. Denn bisher waren die Abgaben an die GEMA in dem Sky-Vertrag inkludiert.
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Der monatliche Preis für das Sky-Abonnement variiert je nach Größe und Standort der Lokalität. Aufgrund der wachsenden Anzahl von TV-Rechteinhabern für verschiedene Fußballwettbewerbe wie die Champions League sowie Bundesliga-Spiele am Freitag und Sonntag beläuft sich der Gesamtpreis für Corcoran auf etwa 900 Euro pro Monat. - ohne GEMA.
Existenziell wichtig für das Geschäft
Der Wirt wirft einen verstohlenen Blick auf einen der zahlreichen Bildschirme in seinem Pub. Neben Sky bietet er hier Dazn und Amazon Prime an. „Die Übertragung der Spiele ist für mich existenziell wichtig“, gesteht er. Fußball ist nicht nur seine Leidenschaft, sondern auch ein entscheidendes Element seines Geschäftsmodells, vor allem als eingefleischter Arsenal London-Fan. Verzichten könne er nicht einfach auf die Samstagsspiele der Bundesliga oder die Matches der englischen Premier League. Viele Gäste besuchen seinen Pub gerade deshalb.
Trotzdem hat er sich nach der Mitteilung von Sky direkt an das Münchner Unternehmen gewandt. Doch von deren Seite gibt es kein Entgegenkommen. Der Preis bleibt unverändert, und ihm wurde kein Sonderkündigungsrecht eingeräumt, berichtet der Wirt mit einem Seufzer. Jährlich kämen nun weitere vierstellige Kosten auf ihn zu. Corcoran verzieht sein Gesicht zu einer Grimasse. „Ich bin richtig sauer“, sagt er mit düsterer Stimme.
Ein teures Hobby für den BVB-Fan
Einige Kilometer weiter geht es Michael Ricken ähnlich. Der 66-jährige Geschäftsführer des „Trolls Brauhauses“ in Medebach teilt mit Corcoran die Fußballleidenschaft. Im Gegensatz zu seinem Pendant in Winterberg zeigt der überzeugte BVB-Fan Fußballspiele von Sky und Dazn nur in einem kleinen Gastraum auf einem älteren TV. Bisher musste er dafür monatlich 540 Euro aufbringen. Nun kommen noch die Extra-Gebühren der GEMA von 65 Euro hinzu. Ricken schmunzelt. „Mit den Fußballübertragungen mache ich hier keinen Gewinn. Das ist eher mein Hobby, um die Spiele des BVB zu sehen“, sagt er. Doch dieses Hobby wird ihm anscheinend jetzt zu teuer.
Zum einen kommen immer weniger Fußballfans zu den Spielen, und zum anderen trinkt nicht jeder genug Bier, damit sich die Investition lohnt. Lediglich bei Spielen seines BVB kommen etwa acht Leute zu den Übertragungen. Und jetzt kommen noch die zusätzlichen GEMA-Kosten hinzu. Dabei muss er ohnehin schon Geld für die Beschallung seiner Gäste an die Gesellschaft abdrücken. Ricken kratzt sich am Kopf. „Wir werden bis zum Gehtnichtmehr gemolken. Ich schaue mir das noch ein halbes Jahr an und dann muss ich hart mit mir ins Gericht gehen, ob wir hier weiterhin Fußball anbieten können“, sagt er.
Reaktion von Sky auf die Kritik
Was bei den Gastronomen erst kürzlich eingeführt wurde, ist für Hotelbetreiber bereits Realität, berichtet Dirk Engemann, der unter anderem das „Liebesglück“ in Winterberg führt. Er bietet Sky nur in den Hotelzimmern an, wo die GEMA-Gebühren separat erhoben werden. „Als Wirt ist es völlig normal und legitim, dass ich GEMA-Gebühren in meinen gewerblichen Räumen zahle. Sky und andere Anbieter haben damit nichts zu tun“, betont er.
Der Pressesprecher von Sky, Jens Bohl, äußert sich zu den Unzufriedenheiten einiger Kneipenwirte: „Es tut uns leid, dass einige Kneipenwirte das so sehen. Wir wissen, dass der Großteil unserer Kunden unser Programm sehr schätzt. Wir sehen steigende Einschaltquoten bei unseren Sportübertragungen generell sowie stabile Zahlen im Außer-Haus-Markt“, sagt er. Zudem betont er, dass Sky kontinuierlich in neue Sportinhalte investiert und den Erwerb neuer Sportrechte kommuniziert, darunter die exklusive Übertragung der Moto GP-Rennen und die Partnerschaft mit der ATP und WTA-Tour im Tennis. Allerdings stellt Bohl auch klar: „Die Kooperation wurde von Seiten der GEMA beendet.“
Wie viel Sky-Kneipen es momentan rund um Winterberg und Medebach gibt, darüber schweigt sich der Sprecher aus. „Bitte haben Sie Verständnis, dass wir aus Datenschutzgründen keine Auskunft über unsere Bestandskunden geben können“, heißt es aus München.
Das sagt die GEMA-Sprecherin
Die Pressesprecherin der GEMA, Christina Zander, teilt mit: „Aufgrund der zunehmenden Zersplitterung des Fußballmarktes haben die GEMA und Sky Deutschland ihre Kooperation zum 31. Dezember 2023 beendet. Seit dem 1. Januar 2024 müssen Sky-Abonnenten die Übertragung von Fußballspielen direkt bei der GEMA lizenzieren.“ Die neu zu erwerbende Direktlizenz umfasse die Wiedergabe aller Fernsehprogramme und biete Gastronomen „Rechtssicherheit und volle Flexibilität“ bei der Auswahl des Senders und der Inhalte.
Bei der Berechnung für die Wirte komme es grundsätzlich darauf an, an welchen Stellen und in welchen Räumen Bildschirme für Fernsehübertragungen angebracht seien. „Wir verrechnen die Raumgröße in 100-qm-Schritten. Sind mehrere Bildschirme zum Beispiel über eine gesamte Halle verteilt, wird auch die gesamte Halle lizenziert. Gibt es dort einen abgegrenzten Bereich mit Gastronomie, in dem ein Bildschirm hängt, wird nicht die gesamte Halle, sondern lediglich der abgegrenzte Bereich, sprich der Gastronomiebereich lizenziert“, sagt Zander.