Hochsauerland. 2023 war das nasseste und wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Die Unterschiede der Niederschlagmengen sind aber gewaltig.

Der Klimawandel wird spürbar, sichtbar und messbar. Auch im Sauerland. Dass 2023 als niederschlagsreichstes Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen 1881 in die Geschichte eingegangen ist, dürfte in Sachen Niederschlag als Ausrutscher nach oben gewertet werden. Denn der Trend der vergangenen zehn Jahre geht eher in eine trockenere Richtung. Landesweit fielen aber diesmal durchschnittlich 1202 Liter pro Quadratmeter. Bislang lag der Rekord bei 1133 Litern – aufgestellt 1966. Wie sehr die Messdaten sich schon punktuell unterscheiden können, zeigen die Werte aus Neuastenberg, wo es im vergangenen Jahr sage und schreibe 1894 Liter in den Messbehälter regnete oder schneite. In Marsberg-Westheim waren es hingegen nur 790. Diese beiden Mess-Stellen – nur rund 60 Kilometer voneinander entfernt – zeigen Werte, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten.

Wetter-Experte Julian Pape vom Wetterportal Sauerland geht davon aus, dass das Jahr 2023 in puncto Niederschlag ein Ausreißer war. Und er hofft, dass sich der Temperatur-Anstieg in den kommenden Jahren moderater entwickeln wird. Denn die durchschnittliche Jahrestemperatur am Kahlen Asten ist von 4,9 Grad (im Zeitraum 1961 bis 1990) auf jetzt 7 bis 7,5 Grad in den vergangenen Jahren gestiegen. „Wenn das so weitergeht, wäre es nicht gut.“ Auch hier ein für Temperaturen durchaus großes Spektrum: In Neuastenberg lag der Temperatur-Mittelwert des vergangenen Jahres bei 8,2 Grad (+0,3) und in Westheim bei 10,1 (auch +0,3 Grad). Nur zum Vergleich: Anno 1881 weist der Klimaatlas des LANUV für Neuastenberg eine Jahresdurchschnittstemperatur von 4,5 Grad aus (Die Werte sind allerdings interpoliert. Das heißt, sie sind hochgerechnet, da es damals noch keine Mess-Stationen gab. Dennoch sind sie verlässlich.) Alles in allem war 2023 mit NRW-weit 11,3 Grad das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen.

Die Nuhne hat sich am Tag vor Heiligabend in Hallenberg und Züschen durch das aktuelle Hochwasser in einen reißenden Strom verwandelt.
Die Nuhne hat sich am Tag vor Heiligabend in Hallenberg und Züschen durch das aktuelle Hochwasser in einen reißenden Strom verwandelt. © Brilon | Rita Maurer

Sind das schon signifikante Zeichen für den Klimawandel? Pape: „Das Klimasystem an sich ist träge. Vereinfacht gesagt: wenn wir jetzt den CO-2-Ausstoß verringern, werden wir die Effekte später erleben. Das, was wir jetzt zu spüren bekommen, wurde hingegen schon vor 30 Jahren in die Luft gepustet.“ Insgesamt, so Pape, werde sich die Niederschlagsmenge aller Voraussicht nach nicht gravierend verändern. „Verschiedene Modelle zeigen aber: Wenn es regnet, dann regnet es anhaltender und in größeren Mengen. Das hängt letztlich auch mit dem Temperaturanstieg zusammen. Denn warme Luft kann mehr Feuchtigkeit aufnehmen. Außerdem steigt die Niederschlagsmenge in den Wintermonaten leicht an.“ Vor Weihnachten kam noch ein starker Wind hinzu, der die Wolken über den Rothaarkamm schob und über dem Raum Medebach ausregnen ließ.

Absoluter Ausreißer nach unten in Sachen Niederschlag war übrigens das Jahr 1959. Wenn man bedenkt, dass allein 2023 in den sechs Tagen bis Heiligabend bis zu 200 Liter auf den Altkreis prasselten und für massives Hochwasser sorgten, erscheinen die Jahresmenge von 1959 nahezu unglaublich: 450 Liter waren es im ganzen Jahr für Westheim, 693,5 Liter in Bruchhausen, 740 Liter in Neuastenberg, 552 in Medebach und 623,2 in Hallenberg.

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Die Westfalenpost veröffentlichte damals einen Beitrag mit dem Titel „Dürre, Wassernot und Verpflichtung – Ein Schicksalswink mit dem Zaunpfahl.“ Der Leiter des „Ausschusses zur Rettung des Laubwaldes im deutschen Heimatbund“, Wilhelm Münker, beklagte damals die Wassernot, forderte den Bau weiterer Talsperren und prangerte die „naturwidrige Monokultur der Fichtenbestände“ an, die seiner Meinung nach für eine Minderung der verfügbaren Wassermenge verantwortlich seien.

Ausreißer bei Temperatur und Niederschlag

Ein Blick auf ein paar Temperatur- und Niederschlagsausreißer an sechs Messpunkten: Der meiste Niederschlag in Brilon (1399 mm) fiel im Jahr 2007, das angeblich so trockene Jahr 2022 bescherte der Stadt des Waldes immer noch 843mm. Nur 5,6 Grad war es im Schnitt 1878 und 1888 - wärmster Durchschnittswert 2022 mit 9,6 Grad.

In Olsberg-Bruchhausen war auch 2007 das nassteste Jahr mit 1625 mm Niederschlag; auch hier fielen im ansonsten so warmen Jahr 2022 noch 961mm Niederschlag. 9,2 Grad warm war es 2022 im Jahresdurchschnitt und nur 5,5 in 1887 und 1888.

Medebach kommt auf 1287 mm Niederschlag in 2007 und im Trockenjahr 2022 auf 813mm. Die Extrem-Temperaturen dort 9,3 in 2022 und 5,5 in den Jahren 1940, 1956 und 1962.

Hallenberg: 1443 mm Niederschlag in 2007 und 879 mm in 2022. So warm wie 2022 (9,2 Grad im Jahresdurchschnitt) war es dort noch nie zuvor. Das andere Extrem: nur 5,3 Grad in 1956 und 1962.