Brilon. Die Brilonerin Anita Janke entscheidet sich dafür, ihre Tochter Zuhause zu bekommen. Sie erzählt, wie sich die Hausgeburt für sie anfühlt.

Anita Jankes Tochter ist Zuhause auf die Welt gekommen. Im Wohnzimmer, vor dem warmen Kamin. Die Brilonerin hat sich für eine Hausgeburt entschieden. Trotz Gegenwind und Unsicherheiten in ihrer Umgebung. Der Grund für diese Entscheidung war die erste Geburt, die ihres Sohnes, 2020 im Briloner Krankenhaus. „Während der Geburt meines Sohnes gab es Interventionen, die mitunter normal sind für eine Erstgebärende. Ich hatte einen Geburtsstillstand, wurde an einen Wehentropf angeschlossen und bekam eine PDA. In dem Moment habe ich mich im Briloner Krankenhaus sehr sicher gefühlt“, sagt die 38-Jährige. Erst im Nachhinein kommt alles wieder hoch. Sie beschäftigt sich viel mit der Geburt ihres Sohnes, insbesondere, als sie wieder schwanger wird. „Ich habe mich belesen, habe viel über Hypnobirthing gelernt.“ Eine Methode, mit der sich schwangere Frauen intensiv auf die Geburt und ihren persönlichen Umgang mit Wehen vorbereiten können. Während der Entbindung sollen die Frauen einen tiefen Entspannungs- beziehungsweise Trancezustand erreichen, in dem der Schmerz nicht so intensiv wahrgenommen wird. Für Anita Janke ist klar: Eine Geburt, wie sie sie mit ihrem Sohn erlebt hat, möchte sie so nicht noch einmal.

Gegenwind muss die Brilonerin aus ihrer Umgebung hinnehmen

Erst ist sie unsicher, soll sie ins Geburtshaus gehen? Ist eine Hausgeburt möglich? „Natürlich gibt einem ein Krankenhaus auch Sicherheit, aber ich habe eine tolle Hebamme gefunden und dann war klar, dass wir eine Hausgeburt anstreben.“ Vorher treffen Anita Janke, ihre Hebamme und ihr Mann eine klare Absprache: Nichts wird übers Knie gebrochen. Wenn nur einer der drei ein komisches Gefühl bekommt, wird Anita Janke ins Krankenhaus gehen. „Jeder sollte ein Mitspracherecht haben und egal wer sein Veto einlegt, es wird akzeptiert.“ Das Briloner Krankenhaus liegt nur wenige Minuten weit entfernt von ihrem Zuhause, ein gutes Backup. Viele Vorbereitungen trifft die Familie nicht. Sie besorgen Malervlies, um die Möbel zu schützen. Anita Janke packt eine Kliniktasche trotzdem. „Ich habe auch Meditationen herausgesucht, um in dem Moment der Geburt ganz bei mir bleiben zu können. Alle hatten ein gutes Gefühl.“ Natürlich habe es Gegenwind gegeben. Sorgen wurden ausgesprochen, aus der Familie, dem Bekanntenkreis, von den Ärzten. Anita Janke antwortet dann: „Ich kann deine Bedenken verstehen, aber das ist unsere Entscheidung und du hast kein Mitspracherecht.“

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Es wird knapp, als die Hebamme endlich kommt

Anita Janke hat eine lange Eröffnungsphase. Eine Woche lang geht es immer wieder mit den Wehen los, dann wieder Stillstand. An einem Abend steht ihr Mann mit ihr auf, zündet den Kamin an. „Alles passte dann irgendwie. Ich habe sowieso das Gefühl, dass ich bei beiden Geburten mit meinem Verstand beeinflusst habe, wann es losging. Meine Kinder haben immer gewartet, bis alles gepasst hat.“ Es wird trotzdem knapp. Um kurz vor ein Uhr nachts ruft das Paar die Hebamme an. Um zwanzig nach eins ist sie da. Eine halbe Stunde später kommt auch Anita Jankes Tochter auf die Welt. Alles läuft gut. „Ich habe mich viel wohler gefühlt, als im Krankenhaus. In der Klinik ist man eingeschränkt, an ein CTG angeschlossen, kann sich nicht frei bewegen und muss, wenn man eine PDA bekommt, im Liegen gebären. Ich verstehe das, denn die Menschen im Krankenhaus sind in dem Moment für mich und meine Sicherheit verantwortlich. Aber Zuhause konnte ich genau das machen, was ich in dem Moment brauchte.“

Ich habe sowieso das Gefühl, dass ich bei beiden Geburten mit meinem Verstand beeinflusst habe, wann es losging. Meine Kinder haben immer gewartet, bis alles gepasst hat.
Anita Janke

Sofort an dem Ort, wo die Kleine hingehört

Der Moment, als sie ihre Tochter im Arm hält, ist für Anita Janke unwirklich. „Ich liege auf meinem eigenen Sofa und gehe gleich in mein eigenes Bett“, denkt sie. Ihr Sohn hat die Geburt verschlafen, eine Etage über ihr. „Er ist wachgeworden, als seine Schwester eine halbe Stunde lang auf der Welt war und irgendwann bin ich hochgegangen und habe sie ihm vorgestellt.“ Ein ganz besonderer Moment für die kleine Familie. Einziges Manko: „Die Auszeit, die man in der Klinik hat, die hat man Zuhause nicht. Ich bin nicht der Typ, der liegenbleiben kann, wenn um mich herum das Leben tobt.“ Dennoch, Anita Janke würde alles sofort wieder so machen. „Die Kleine war einfach sofort genau dort, wo sie hingehört. Ich würde mir wünschen, dass Frauen wieder mehr auf ihren Körper hören und nicht fremdbestimmt in Geburten gehen.“