Brilon. In Brilon treffen sich am Donnerstagabend mitten im Unwetter Landwirte, um gegen die Regierungspläne zu protestieren. Es ist ein klares Zeichen.

Pünktlich zur Mahnwache auf dem Briloner Marktplatz beginnt es wie aus Eimern zu gießen, es blitzt, es donnert und hagelt - zur Zeit kommt für die Landwirte wahrlich nichts Gutes „von oben“. Und so stehen sie angesichts der von der Bundesregierung geplanten Streichung der Steuervorteile für Agrardiesel nicht nur sprichwörtlich, sondern tatsächlich im Regen.

Drei Traktoren, zunächst hell beleuchtet, stehen wenig später abgeschaltet und dunkel auf dem Markt. Ein Sinnbild dafür, dass bald bei vielen Landwirten „die Lichter ausgehen“ könnte.

Niklas Witthaut, Vorsitzender der KLJB sowie selbst Landwirt und Agrarstudent, und Daniela Osthoff aus Hoppecke, haben zu dem Protest auf dem Marktplatz aufgerufen. „Trotz des Wetters haben wir eine wirklich sehr gute Resonanz, ich bin erstaunt, wie viele gekommen sind und ein Zeichen setzen wollen“, freut sich Witthaut. „Dadurch wird auch der Zusammenhalt zwischen den Landwirten und Bürgern deutlich“, ergänzt Daniela Osthoff, die auf einem landwirtschaftlichen Betrieb in Volkmarsen aufgewachsen ist und auch heute noch in ihrer Wahlheimat Hoppecke einen regen Kontakt zu den örtlichen Bauern pflegt.

„Wir müssen jetzt für das bluten, was die Regierung vorher rausgeschmissen hat
Markus Frigger

Um das 60-Milliarden-Loch des Bundeshaushalts zu stopfen, sollen bekanntlich auch die Landwirte zur Kasse gebeten werden. Ein Unding, wie die Teilnehmer der Mahnwache meinen. „Wir müssen jetzt für das bluten, was die Regierung vorher rausgeschmissen hat“, sagt Markus Frigger, Vorsitzender des Stadtverbandes Brilon im Westfälisch-Lippischen-Landwirtschaftsverband (WLV). „Es geht für die Bauern in Deutschland um rund eine eine Milliarde Euro, die in den großen Topf soll, wo alles verschwindet.“ Bei den Protesten gehe es ja nicht etwa um mehr Geld, sondern nur darum, den momentanen Stand zu erhalten. Im EU-Vergleich befindet sich Deutschland hinsichtlich der Subventionierung von Agrardiesel mit derzeit 25,56 Cent Steuern pro Liter im Mittelfeld. Landwirte in Österreich zahlen 40 Cent, Bauern in Belgien hingegen gar nichts. Nun fallen die Vergünstigungen für die Landwirte international natürlich unterschiedlich aus, wodurch ein direkter Vergleich schwierig wird. Für einen durchschnittlichen Betrieb gehen die Kosten aber in die Tausende.

Mahnwache der Landwirte in Brilon: Mitten im Unwetter versammeln sich Bauern auf dem markt, um gegen die geplanten Streichung der Steuervorteile für Agrardiesel zu protestieren.
Mahnwache der Landwirte in Brilon: Mitten im Unwetter versammeln sich Bauern auf dem markt, um gegen die geplanten Streichung der Steuervorteile für Agrardiesel zu protestieren. © Maxim Janneh | Maxim Janneh

Bauernprotest in Brilon: Es geht nicht nur um die Landwirtschaft, sondern um alle Bürger

Für das Wirtschaftsjahr 2020/2021 rechnet „agrarheute“ heute etwa eine Agrardieselvergütung von beispielsweise 3.886 Euro für Ackerlandbetriebe, 3.282 Euro für Milchviehbetriebe oder 3.017 Euro für Mischbetriebe vor. Wohlbemerkt sind dies Durschnittswerte. So manchen Betrieb wird es also noch weitaus härter treffen dürfen.

Lesen Sie auch

Aber das ist ja noch nicht alles, ist doch auch die Streichung der KFZ-Steuerbefreitung geplant.

„Und das trifft ja auch die Bürger, weil alles viel teurer wird“, so Markus Frigger.

Christiane Bohle ist aus Nuttlar zur Mahnwache gekommen, sie trägt eine kleine Laterne mit sich: „Ich komme selber von einem Bauernhof und ich verstehe nicht, dass nicht noch viel mehr Bürger hier sind und laut demonstrieren! Es muss etwas passieren, so kann es nicht weiter gehen.“ Es gehe ja nicht „nur“ um die Landwirtschaft, sondern „um alle Bürger und dass unsere Steuergelder zum Beispiel im Ausland einfach verschwendet werden.“

Bauernprotest in Brilon: CDU-Landtagsabgeordnete Kerkhoff ist dabei

Den Bauern zur Seite steht an diesem regnerischen Donnerstagabend auch MdL Matthias Kerkhoff, CDU-Kreisvorsitzender des HSK. „Ich bin gerne heute nach Brilon gekommen und unterstütze den Protest. Was mit dem Landwirten gemacht wird, ist nicht zu akzeptieren“ Er halte die Maßnahmen der Bundesregierung für falsch und „total überzogen“. Wenn es darum gehe, irgendwo etwas herzubekommen, dann müssten als erstes die ländlichen Räume darunter leiden und die, die dort eine besondere Rolle spielten. „Nämlich die Landwirte.“ Er sei sehr dankbar dafür, dass man, so wie in Brilon, dagegen „Front mache“ und lobt das Engagement der Organisatoren.

Auch Bürgermeister Dr. Christof Bartsch zeigt Verständnis für die Landwirte: „Die Situation ist momentan sicherlich so, dass gespart werden muss. Aber dann soll das natürlich auch ausgewogen passieren und nicht einzelne Gruppen heraus genommen werden und andere dann möglicherweise nicht.“ Bemängeln müsse man natürlich auch die dadurch entstehende zusätzliche Belastung des ländlichen Raums. „Wenn man in Koalitionsgesprächen sitzt und so ein Sparpaket beschließt, dann sollte das meines Erachtens auch zuende gedacht sein.“

Bauernprotest in Brilon: Schäfer aus Olsberg ist wütend

Christian Balkenhol, Inhaber einer kleinen Schäferei aus Olsberg, ist wütend: „Es ist eine Sauerei, dass wir alles bezahlen müssen. Ich kann nur von mir sprechen, aber bei meinem 5-Hektar-Betrieb, den ich nur im Nebenerwerb führe, habe ich es auch mit immensen Kostensteigerungen zu tun.“ Organisatorin Daniela Osthoff meint, dass die Bundesregierung doch mit gutem Beispiel voran gehen und sich selbst solidarisch zeigen solle. „Dann sollen sie doch selber den Weg gehen und Einsparungen hinnehmen. Stichpunkt Diäten, Steuervergünstigungen und so weiter. Aber im Moment kann man nur sagen, dass die Verantwortlichen in der hohen politischen Ebene wenig Menschlichkeit zeigen und von der eigentlichen „Basis“ weit entfernt sind.“

„Wenn die uns belasten, belasten die das ganze Volk“, ergänzt Niklas Witthaut. „Daher finde ich es schön zu sehen, dass heute auch viele Nicht-Landwirte vor Ort sind und uns unterstützen. Eben kam schon die Resonanz, dass wir das jetzt jede Woche machen müssten.“