Hochsauerlandkreis. Die Ampel erhöht Steuern auf Agrardiesel. Bauern im Sauerland sind stinksauer und protestieren. Der SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese hält dagegen.
In Südwestfalen wächst die Sorge um die Zukunft der heimischen Landwirtschaft. Grund dafür ist die geplante Streichung von Steuervergünstigungen für Agrardiesel sowie die Steuerbefreiung für land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge. Aktuell zahlen Verbraucher rund 47 Cent Steuern pro Liter Diesel. Landwirte erhalten davon beim Agrardiesel etwa 21 Cent zurück. Zusätzlich könnte die Befreiung landwirtschaftlicher Fahrzeuge von der Kfz-Steuer wegfallen.
Existenzbedrohende Folgen
Der Landwirtschaftliche Kreisverband Hochsauerland befürchtet, dass die geplanten Steuererhöhungen für landwirtschaftliche Fahrzeuge existenzbedrohende Folgen für die heimische Landwirtschaft haben könnten. „Gerade hier im Mittelgebirgsraum verbrauchen wir wegen der Topografie besonders viel Treibstoff zur Bewirtschaftung unserer Flächen. Diese weiter zu verteuern ist das falsche Signal für eine gesicherte regionale Lebensmittelproduktion, die im europäischen wie weltweiten Wettbewerb steht und schwächt vor allem unsere kleinen Familienbetriebe!“, so Wilhelm Kühn, Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Hochsauerland im Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverband (WLV).
HSK-Politiker Wiese: Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen
Der HOF-Bundestagsabgeordnete Dirk Wiese und SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese hält dagegen: „Nachdem die CDU/CSU-Bundestagsfraktion den für 2024 vorgesehenen Haushalt vor dem Bundesverfassungsgericht gekippt hat, wäre für die SPD angesichts der aktuell besonders großen innen- und insbesondere außenpolitischen Herausforderungen durch multiple Krisen eine erneute Aussetzung der Schuldenbremse für 2024 das Mittel der Wahl gewesen. Leider gab es dazu aber keine Einigkeit und auch die CDU/ CSU-Bundestagsfraktion hat dies von vornherein kategorisch abgelehnt“, sagte er. Einzige Alternative dazu seinen Einsparungen im zweistelligen Milliarden-Bereich im Bundeshaushalt 2024. „Die geplanten Maßnahmen, die die Landwirtschaft betreffen, sind dabei für die heimische Landwirtschaft zweifelsohne ein harter Schlag. Mit der Steuerbefreiung für Fahrzeuge der Forst- und Landwirtschaft und der Steuerentlastung beim Agrardiesel werden gleich zwei feste Größen der Landwirtschaftsbetriebe ohne Vorwarnung zur Disposition gestellt. Damit wird die Landwirtschaft im Vergleich zu anderen Ressorts überproportional zur erforderlichen Konsolidierung des Bundeshaushalts herangezogen. Dies werde ich in den weiteren parlamentarischen Verhandlungen bis zum Abschluss der Haushaltsberatungen Ende Januar zum Thema machen“, so Wiese weiter. Dabei müsse klar sein, dass eine Änderung nur durch Einsparungen an anderer Stelle erfolgen könne. „Eine einfache Korrektur ist aufgrund der Vorgaben durch die Schuldenbremse und das Urteil aus Karlsruhe nicht machbar. Möglicherweise kann auch eine Deckelung der Erstattung beim Agrardiesel in Betracht gezogen werden, wovon insbesondere kleine und mittlere landwirtschaftliche Betriebsstrukturen profitieren würden. Das letzte Wort ist hierüber jedenfalls noch nicht gesprochen.“
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Kühn kritisiert die Pläne der Bundesregierung scharf: „Notwendige Kürzungen im Bundeshaushalt dürfen nicht auf dem Rücken kleiner und mittelständischer Landwirtschaftsbetriebe ausgetragen werden, nur weil es der Regierungskoalition bis jetzt nicht gelungen ist, ein tragfähiges Konzept für den Haushalt 2024 aufzustellen. Die drohenden zusätzlichen Steuer-Belastungen sind inakzeptabel und schwächen unsere hiesige Landwirtschaft im internationalen Wettbewerb erheblich. Massive Kostensteigerungen für unsere Betriebe und Preissteigerungen bei Lebensmitteln für Verbraucherinnen und Verbrauchern wären die Folge.“
Der WLV fordert einen Haushaltskompromiss mit Augenmaß: Durch die besondere Bedeutung der Landwirtschaft für die Lebensmittelsicherung müsse – in unsicheren weltpolitischen Zeiten mehr denn je – die Branche einen besonderen Schutzstatus haben, um die heimische Landwirtschaft zu sichern.
Staat generiert Einnahmen in Höhe von 480 Millionen Euro
Gemäß Informationen aus dem Magazin „Der Spiegel“ wird erwartet, dass die Abschaffung der Vergünstigung auf die Kraftfahrzeugsteuer für die Forst- und Landwirtschaft jährlich Einnahmen in Höhe von 480 Millionen Euro generiert. Bezüglich des möglichen Einsparpotenzials durch die Aufhebung der Steuerbegünstigungen beim Agrardiesel lagen zunächst keine detaillierten Angaben vor. Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) kritisierte die Pläne der Ampel-Regierung scharf. „Nach wochenlangem Haushaltsstreit wird nun deutlich: Die Bundesregierung macht Politik gegen die Menschen im ländlichen Raum“, sagte der CDU-Chef und Bundestagsabgeordnete aus dem Hochsauerlandkreis zu dieser Zeitung. „Vor allem unsere Landwirte hat die Ampel völlig aus dem Blick verloren“, so sein Vorwurf.
Demonstration in Berlin
Unter dem Motto: „Zu viel ist zu viel! Jetzt ist Schluss!“ ruft der Deutsche Bauernverband gemeinsam mit den Landesbauernverbänden zu einer Demonstration und Kundgebung in Berlin auf. Alle Landwirtinnen und Landwirte, alle Berufsvertretungen sowie die gesamte Agrarwirtschaft sind aufgerufen, sich am kommenden Montag, 18. Dezember, um 11 Uhr, am Brandenburger Tor (Westseite) einzufinden. Gemeinsam werden sie ihre Empörung über die Pläne der Bundesregierung, den Agrardiesel und die Kfz-Steuerbefreiung für die Land- und Forstwirtschaft zu streichen, zum Ausdruck bringen. Die Bauern werden ihren Unmut auch mit einer großen Zahl an Traktoren in Berlin zeigen. Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, fordert die Ampelregierung auf, die Pläne zur Streichung des Agrardiesels und der KFZ-Steuerbefreiung zurückzuziehen. „Zu viel ist zu viel! Wenn diese Pläne nicht zurückgenommen werden, wird es heftigen Widerstand geben.“