Hochsauerlandkreis. Im Hochsauerland werden jedes Jahr viele Menschen bei Verkehrsunfällen schwer oder sogar tödlich verletzt. Es gibt einen großen Risikobereich.
Es ist kein schöner Gedenktag, den die Vereinten Nationen seit 1995 für den 19. November ausgerufen haben: An diesem Sonntag ist der Weltgedenktag für die Straßenverkehrsopfer. Laut Weltgesundheitsorganisation WHO sterben jedes Jahr weltweit 1,3 Millionen Menschen bei Verkehrsunfällen. Die meisten Opfer sind in Entwicklungsländern zu beklagen – wegen fehlender oder nicht eingehaltener Verkehrsregeln. Aber auch im Hochsauerlandkreis werden Jahr für Jahr viele Menschen schwer oder tödlich verletzt. In NRW gab es 2022 rund 62.500 Unfälle mit Personenschaden; im HSK waren es 837. Im Vergleich zum Vorjahr ein Anstieg um fast elf Prozent. Landesweit fanden 432 Menschen auf den Straßen den Tod, im HSK waren es 7 – die niedrigste Zahl seit 1975 - darunter 3 Radfahrer. In diesem Jahr waren es bislang schon 9. Und jede/r ist eine/r zu viel. Schwer verletzt wurden vergangenes Jahr in NRW 11.167 Personen, im HSK 232.
„Aktuell - mit Stand September 2023 - können wir für das laufende Jahr insgesamt einen Rückgang der Verunglücktenzahlen verzeichnen: weniger Kinder, weniger junge Erwachsene, weniger Radfahrer, weniger Motorradfahrer. Abschließende Zahlen für das gesamte Jahr werden erst mit der Statistik 2023 veröffentlicht“, sagt Polizeisprecherin Flavia Lucia Rogge. Was der Behörde Sorge bereitet: Unverändert hoch ist die Zahl der verunglückten Pedelecfahrer. 2022 betrug ihr Anteil an der Gesamtzahl der Verunglückten zehn Prozent, Radfahrer waren mit 11,5 Prozent vertreten.
Unfallschwerpunkte im Raum Brilon
Auch im HSK gibt es spezielle Unfallschwerpunkte. Rogge: „Aktuell sehen wir im Bereich Brilon häufig Verkehrsunfälle auf der L637 zwischen Alme und Rüthen, auf der L637 an der Bredelarer Straße und im Kreuzungsbereich B7/K15 Antfelderstraße/Hüttenstraße.“
Immerhin: Dank Airbag, Sicherheitsgurt, diverser technischer Errungenschaften und der modernen Medizin steigen die Überlebenschancen der Unfallopfer. „In den vergangenen Jahren hat sich einiges getan. Der Sicherheitsgurt wird nicht umsonst als Lebensretter Nummer Eins bezeichnet. Die Fahrgastzellen sind stabiler geworden, womit auch die Maschinen und Werkzeuge der Retter immer moderner und besser werden mussten. Am Unfallort erleben wir oft Menschen, die im ersten Moment unverletzt aussehen. Gurt oder Airbag verhindern augenfällige Verletzungen. Aber oft kann es zu Gefäßeinreißungen oder anderen Inneren Verletzungen kommen“, erklärt der Ärztliche Leiter des Rettungsdienstes im HSK, Karsten Müller. Daher sei eine gute Diagnostik mehr denn je gefragt. In vielen mobilen Rettungsfahrzeugen gebe es bereits mobile Ultraschallgeräte, die auch für den HSK in Planung seien. Für Karsten Müller ist die Kombination aus moderner Fahrzeugtechnik, besserer Diagnostik und nicht zuletzt auch guter Ausbildung des Personals ein Grund dafür, dass viele Menschen auch nach schweren Unfällen noch gerettet werden können. Müller. „Vielleicht haben auch die zahlreichen Appelle etwas geholfen und die Leute sind vorsichtiger geworden.“
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Ein Faktor, der auf die Unfallentwicklung im HSK Einfluss hat, ist die eingeschränkte Möglichkeit der Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel. Die Polizei: „Die Bewohner des HSK sind sehr viel häufiger auf das Fortbewegungsmittel Pkw angewiesen, um zu ihren Zielorten zu gelangen, als die Bewohner einer Großstadt. Dies führt in Verbindung mit weiteren Faktoren (z.B. Risikobereitschaft) zu einer höheren Unfallgefahr und zu einer höheren Anzahl von verunglückten Jungen Erwachsenen.“
Unfallprävention in allen Altersklassen
Dabei kann jeder Verkehrsteilnehmer selbst viel tun, um das Unfallrisiko zu minimieren. Bianca Scheer, Verkehrssicherheitsberaterin bei der Kreispolizeibehörden, und ihre Kollegen und Kolleginnen bieten unterschiedliche Präventionsprogramme für alle Altersgruppen an: „Während die Bezirksdienstbeamten bereits im Kindergarten mit den Vorschulkindern das Bordsteintraining absolvieren, können wir in der ersten Klasse mit dem Schulwegtraining anschließen. Dabei geht es um die konkreten Gefahrenstellen im unmittelbaren Umkreis der Schule und um das Thema Sichtbarkeit durch Reflektoren oder Warnwesten. Auch das sichere Busfahren, Anschnallen im Elterntaxi und sichere Fußwegmöglichkeiten werden thematisiert. Diese Programme erfolgen auf konkrete Anfragen seitens der Schulen.“ Schulweg-Unfälle gab es 2022 im HSK glücklicherweise nur zwei.
Nächster „Crash-Kurs“ am 29. November in Brilon
Speziell für Fünftklässler werden sogenannte Busschulungen angeboten, wo es konkret um das Verhalten im ÖPNV geht. Entsprechend altersgemäß angepasste Programme gibt es für die SchülerInnen der Sekundarstufen I. Dabei geht es um E-Scooter, Alkohol und Drogen oder Smartphonenutzung im Straßenverkehr. Für die Schüler/nnen der SEK II gibt es ein spezielles Junge-Fahrer-Programm. Scheer: „Dabei geht es um die besonderen Gefahren im Straßenverkehr insbesondere als Fahrer oder Mitfahrer in Pkw oder auf Kleinkrafträdern. All diese Programme können die Schulen auf Eigeninitiative bei ihren zuständigen Verkehrssicherheitsberatern anfragen.“
Ein Programm, welches die Polizei HSK seit nun mehr über zehn Jahren eigenständig initiiert, ist das Programm Crash Kurs. Die nächste Veranstaltung findet im Gymnasium Petrinum in Brilon am 29. November um 10 Uhr statt. Es werden knapp 500 SchülerInnen vom Gymnasium Petrinum, Gymnasium Marsberg sowie dem Berufskolleg Brilon erwartet.
Auch für Senioren/innen gibt es bestimmte Vorträge. Sie können über caritative Einrichtungen, Verbände oder Seniorenbeiräte angefragt werden. Auch gibt es Pedelec-Trainings für ältere Zweiradfahrende, die sowohl für eigene Veranstaltungen angefragt werden können, aber auch durch die Polizei selbst angeboten werden.