Winterberg. Das hohe Verkehrsaufkommen auf der B236 und 480 belastet die Anwohner sehr. Jetzt gibt es Kritik am Winterberger Bürgermeister Beckmann:

Der Briloner SPD-Bundestagsabgeordnete und Vizefraktionschef Dirk Wiese kritisiert den Winterberger Bürgermeister Michael Beckmann (CDU). Dabei geht es hauptsächlich um Zuständigkeiten rund um die Bundesstraßen 236 und 480. Beckmann solle sich erst einmal die Gesetze genauer anschauen, bevor er Forderungen an Bund und Land stelle. Gemeinsam mit den Bürgermeistern von Hallenberg und Olsberg hatte Beckmann sich in einem Brief direkt an Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) gewendet und eine Verbesserung der Situation für die Anwohner gefordert. Die leiden schon lange unter dem immer stärker werdenden Verkehrsaufkommen. Doch die Antwort aus dem Ministerium war ernüchternd. Denn die geforderten Maßnahmen seien hauptsächlich keine Bundes- sondern Landesangelegenheit und neue Bauprojekte beispielsweise erst wieder ab 2040 möglich.

Dirk Wiese hat sich an Straßen.NRW gewendet.
Dirk Wiese hat sich an Straßen.NRW gewendet. © Ostkreuz

Lesen Sie auch: Warum die Pizza-Automaten in Brilon wieder verschwunden sind

Wiese stellt Anfrage

Wiese hatte nun selbst eine Anfrage an Straßen NRW gestellt, um sich die Situation und Möglichkeiten unter anderem zu einer Geschwindigkeitsreduzierung erklären zu lassen.

In dem Antwortschreiben, das der WP vorliegt, wird noch einmal deutlich hervorgehoben, dass Geschwindigkeitsreduzierung auf Tempo 60,50 oder 30 die jeweilige Straßenverkehrsbehörde anordnen kann - in diesem Fall sei dies der Hochsauerlandkreis. Der Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen (Straßen.NRW) werde im Rahmen eines Anhörungsverfahrens gehört und nehme in der Folge Stellung aus Sicht des zuständigen sogenannten Straßenbaulastträgers und gebe gegebenenfalls auch eine Einschätzung. „Da explizit kein Einvernehmen mit dem Straßenbaulastträger erforderlich ist, kann die Straßenverkehrsbehörde, trotz negativer Stellungnahme, die in Rede stehende Verkehrsregelung anordnen“, heißt es in dem Schreiben. Das heißt: Der Kreis kann, obwohl der Bund an einer gewissen Stelle eine Geschwindigkeitsreduzierung nicht für nötig hält, handeln.

Lesen Sie auch:Glückliches Ende einer Vermisstensuche im Raum Medebach

Laut Straßenverkehrsordnung (StVO) kann die Straßenverkehrsbehörde die Benutzung bestimmter Straßenstrecken unter anderem aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehres beschränken. Verkehrszeichen seien nur dort anzuordnen, wo dies wegen der besonderen Umstände zwingend geboten sei. In der StVO heißt es außerdem, „dass nicht einschlägige Ausnahmenbeschränkungen des fließenden Verkehrs nur dann angeordnet werden, wenn auf Grund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung etwa der Sicherheit und Ordnung des Verkehrs erheblich übersteigt.“

Lesen Sie auch: Wie dieses Tiny-House in Elpe zum Traumziel wurde

Stationäre Blitzer

Das bedeute, dass etwa für die Beschränkung der Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h eine Gefahrenlage voraussetzt, die auf besondere örtliche Verhältnisse zurückzuführen sei und das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung erheblich übersteige. Besondere örtliche Verhältnisse in diesem Sinne könnten unter anderem der Ausbauzustand, die Streckenführung, die Verkehrsbelastung oder der Anteil des Schwerlastverkehrs sein.

Lesen Sie auch: Vier Wochen nach dem Start: Skywalk Willingen im Höhenflug

„Die Zuständigkeit für stationäre Geschwindigkeitsüberwachungsanlagen liegt in den von Ihnen angesprochenen Kommunen bei der Kreisordnungsbehörde des Hochsauerlandkreises“, teilt Straßen.NRW mit. Die Voraussetzungen zur Errichtung eines Blitzers gehen unter anderem aus einer Verwaltungsvorschrift hervor, die verschiedene Kriterien vorgebe. Häufig gehe der Errichtung einer solchen Anlage eine Empfehlung der Unfallkommissionssitzung voraus. In diesem Prozess sei Straßen.NRW hauptsächlich bei der Abstimmung des Standorts sowie beim Abschluss eines Nutzungsvertrags beteiligt. Sei der angedachte Standort verkehrssicher umzusetzen, könne gegebenenfalls ein Nutzungsvertrag abgeschlossen werden. Auch hier liege somit die Verantwortung für die Entscheidung der Errichtung eines Blitzers bei der Kreisordnungsbehörde und nicht beim Straßenbaulastträger.

Dirk Wiese nimmt diese Ausführungen zum Anlass, das Winterberger Stadtoberhaupt zu kritisieren: „Bürgermeister Beckmann zeigt immer sehr schnell mit dem Finger auf Berlin und Düsseldorf. Dabei ist es auch in diesem Fall so, dass alle notwendigen Maßnahmen bereits durch den Hochsauerlandkreis angeordnet werden könnten, auf die die Bürger auf der Strecke von Olsberg nach Winterberg und weiter nach Hallenberg so dringend warten. Manchmal wäre ihm zu raten, dass er erst einmal ins Gesetz schauen würde.“

Lesen Sie auch:Matthias Kerkhoff zur Windkraft: „Nicht mit der Brechstange“

Große Belastung für die Bürger

Der so Gescholtene möchte das so nicht stehen lassen. „Das von uns unterzeichnete Schreiben an Herrn Verkehrsminister Wissing hatte das Ziel, auf die große Belastung für unsere Bürgerinnen und Bürgern durch die Zunahme des Verkehrs, insbesondere des Schwerlastverkehrs, aufmerksam zu machen. Dies ist uns alleine durch die mediale Berichterstattung und die Reaktionen der Abgeordneten Friedrich Merz und Dirk Wiese gelungen“, teilt Beckmann auf WP-Anfrage mit. In dem Schreiben habe man neben konkreten Maßnahmen eine Novellierung der Straßenverkehrsordnung gefordert, um den Straßenverkehrsämtern mehr Spielraum einzuräumen. Denn bisher seien die Bemühungen der Stadt, Tempolimits auf bestimmten Straßenabschnitten zu etablieren, immer abgelehnt worden.

Dies sei damit begründet worden, dass es dort keine Unfallhäufung gebe oder kein Schutzziel wie beispielsweise Kindergärten. „Bis heute ist der Stadt Winterberg kein Fall im Hochsauerlandkreis bekannt, bei dem Tempo 30 wegen zu hoher Lärm- und Umweltbelastung von der Straßenverkehrsbehörde angeordnet wurde. Das liegt sicherlich auch daran, dass die vorzulegenden Daten zu Lärm und Umweltbelastung völlig unklar sind und eben nicht aus den Gesetzen hervorgehen. Dies wurde uns auch in einem Gespräch mit dem Landesbetrieb Straßen bestätigt“, sagt Beckmann.

Lesen Sie auch: So tickt die Tourismuschefin von Winterberg

Festinstallierte Blitzer

Auch das Aufstellen von festinstallierten Geschwindigkeitsmessanlagen seien bisher von den zuständigen Stellen als nicht erforderlich angesehen worden. Es würden zwar regelmäßig Geschwindigkeitskontrollen über mobile Anlagen durchgeführt, dennoch wären aus der Sicht der Verwaltung dauerhafte Kontrollen sinnvoll. Mit der beschlossenen Änderung des Straßenverkehrsgesetzes von Mitte Juni 2023 sei eine Novellierung der Straßenverkehrsordnung notwendig. „Hiermit sollen laut Volker Wissing Länder und Kommunen schneller und flexibler auf die besonderen Anforderungen vor Ort reagieren können. Genau diese Zielrichtung haben wir gefordert und wir setzen darauf, dass die aktuell oft sehr schwammig formulierten Gesetze durch die Novellierung in Zukunft für alle Beteiligten mehr Klarheit bringen, um dann auf Ebene der Straßenverkehrsbehörden und der Kommunen schnell und wirksam gute Entscheidungen im Sinne unserer Bürgerinnen und Bürger treffen zu können“, so der Beckmann.

An Dirk Wiese gerichtet sagt er: „Wir in Winterberg können nicht nur Gesetze lesen, sondern auch unsere Forderungen und Anträge für eine Verbesserung der Lebensqualität unserer Bürgerinnen und Bürger an die richtigen Stellen adressieren. Im Übrigen werde ich auch zukünftig auf Entscheidungen im Bund und Land hinweisen, wenn diese die Kommunen belasten und nicht durch die jeweils Verantwortlichen und Entscheidungsträger gegenfinanziert sind.“