Brilon/Hochsauerlandkreis. Die Apotheken im Sauerland streiken am 14. Juni. Mit dem Streik wollen die Apotheker auf ihre Lage aufmerksam machen – die gefährlich werden kann

Am 14. Juni bleiben die Apotheken zu. Aus Protest gegen die Gesundheitspolitik der Bundesregierung bleiben alle Apotheken in Brilon, Winterberg und dem ganzen HSK geschlossen. Der Grund: Massive Lieferengpässe, lähmende Bürokratie und eine mittlerweile defizitäre Vergütung. „Wir wollen auf diese Probleme hinweisen bevor es endgültig zu spät ist“, sagt Sandra Dietrich-Siebert, Inhaberin der Adler Apotheke in Brilon.

Hilfeschreie der Apotheken werden durch die Politik ignoriert

Der Hilfeschrei, die Kritik und die Warnungen der Apotheken kommen nicht plötzlich. Es gab Brandbriefe, es gab Interviews (auch die Westfalenpost berichtete), es gab Aktionen, doch die Politik scheint die Apothekerinnen und Apotheker zu ignorieren. So jedenfalls fühlt es sich auch für Sandra Dietrich-Siebert an, wie sie im Gespräch mit der WP sagt. „Änderungen passieren nur zaghaft, die Politik ignoriert uns.“

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Um öffentlich zu machen, wie schwierig die Bedingungen für die Apothekenteams mittlerweile geworden sind, kommen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die Apothekenleiterinnen und –leiter am 14. Juni an folgenden Orten in NRW, Dortmund, Hagen, Düsseldorf, Herford, Paderborn und Münster zu Protestmärschen zusammen. „Wir wollen so ein Zeichen setzen und auf die alarmierende Lage aufmerksam machen. Unterstützer dürfen sich uns gern anschließen“, so Sandra Dietrich-Siebert in einer Mitteilung, die sie zuvor herausgegeben hat. „Wir protestieren für unsere Patientinnen und Patienten und verzichten in ihrem Interesse auf diesen Öffnungstag“, bittet sie um Verständnis. „Denn sie sind ebenso Leidtragende, wenn Arzneimittel zunehmend knapp werden und das flächendeckende Apothekennetz ausdünnt, weil sich die Rahmenbedingungen für die Apotheken zunehmend verschlechtern. Mit unserem Protesttag möchten wir deutlich machen, wie es wäre, wenn aufgrund der schwierigen Umstände noch mehr Apotheken schließen müssen als in den vergangenen Jahren bereits.“

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Politik redet den Einsatz der Apotheken klein

Insbesondere dass die Politik den Einsatz der Apotheken während der Pandemie mit dem Argument, man habe dadurch ja auch viel Umsatz generieren können, kleinredet, ärgert die Briloner Apothekerin. „Wir haben auch exorbitant mehr gearbeitet. Dieses Argument zeigt nur, dass das Bundesministerium für Gesundheit aktuell keine Wertschätzung für das zeigt, was wir geleistet haben.

Arbeit in der Apotheke ist herausfordernd und braucht viel Fachwissen

Apotheker Jürgen Schäfer, Sprecher der Apothekerschaft im Altkreis Brilon, erklärt den Protest ebenfalls. „Wir protestieren, weil die Politik der Bundesregierung unsere Arbeit – die ordnungsgemäße Versorgung der Bürgerinnen und Bürger – massiv gefährdet. Wegen der vielen Lieferengpässe brauchen die Apothekenteams bei ihrer Arbeit möglichst viel Flexibilität, um die Patientinnen und Patienten schnell versorgen zu können. Das Versorgungssystem ist aber voller Bürokratie und drohender Strafzahlungen an die Krankenkassen.“ Die Arbeit in der Apotheke ist herausfordernd und braucht viel Fachwissen und Verständnis für die Probleme der Menschen, die Hilfe benötigen. „Arzneimittel-Lieferengpässe haben unsere Arbeit noch komplizierter gemacht und kosten Kraft und Zeit. Eine finanzielle Anerkennung für diese Mehrarbeit wird den Apotheken jedoch versagt. Auch hier fordern wir von der Politik eine gerechte Lösung.“, betont Schäfer und argumentiert so ähnlich wie Dietrich-Siebert.

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Zahlreiche Apotheken schließen, Versorgung gefährdet

Das Honorar der Apotheken besteht zu einem wesentlichen Anteil aus einem Festbetrag, der die laufenden Kosten abdecken soll. Dieser Festbetrag sei seit nunmehr zehn Jahren nicht mehr angepasst worden, trotz der zwischenzeitlich immens gestiegenen Kosten. Die Apotheken seien so von der wirtschaftlichen Gesamtentwicklung abgekoppelt. „Dies ist nicht mehr nur ungerecht, sondern inzwischen für viele Apotheken existenzgefährdend. Andere wichtige Versorgungsinstanzen, wie beispielsweise Arztpraxen und Krankenhäuser, haben dafür Extra-Zahlungen erhalten. Zuletzt haben in Deutschland so viele Apotheken für immer schließen müssen, wie noch nie zuvor.“ Apotheken kaputtzusparen, bedeutet, so Schäfer, die flächendeckende, niedrigschwellige und wohnortnahe Arzneimittelversorgung kaputtzusparen. „Wir wissen: Das kann nicht im Sinne unserer Patientinnen und Patienten sein – und deshalb protestieren wir.“

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Akute Fälle können auch am 14. Juni Hilfe erhalten

In akuten Fällen werde die Versorgung der Patienten über die Notdienstapotheken auch am 14. Juni sichergestellt, sagen die Apothekenteams der Briloner Apotheken. „Wir bitten die Patientinnen und Patienten aber, ihre planbare Medikation bereits an den Vortagen abzuholen – oder danach“, empfiehlt Sandra Dietrich-Siebert.

Folgende Notdienstapotheken können Sie am 14. Juni ab 9 Uhr 24 Stunden lang erreichen (für den Kreis Brilon):

Apotheke Adorf Hauptstraße 2, 34519 Diemelsee, Tel.: 05633/91230 Fax: 05633/91232

Hachtor-Apotheke Hochstr. 8, 59602 Rüthen, Tel.: 02952/89222 Fax: 02952/89223

Nord-Apotheke Warsteiner Str. 10, 59872 Meschede, Tel.: 0291/1391 Fax: 0291/9080938

Haarener-Apotheke Adam-Opel-Straße 10, 33181 Bad Wünnenberg, Tel.: 02957/9858990 Fax: 02957/9858999

Rosen-Apotheke Eringerfelder Straße 17, 33142 Büren, Tel.: 02951/5757 Fax: 02951/931510