Die Botschaft bleibt

Die Botschaft Jesu von der tabulosen Nächstenliebe schwebt über der Hallenberger Inszenierung. Und wer, wenn nicht jede nächste Generation, muss erneut daran glauben und versuchen, danach zu leben? Daher ist es ein geschickter Schachzug von Uwe Bautz, den 38 Kindern eine eigene Szene zu gönnen: Die Jungen und Mädchen spielen die Erwachsenen in der legendären Episode, in der Schriftgelehrte und Pharisäer über eine Ehebrecherin richten. Niemand wirft den ersten Stein. Und schön, dass der Regisseur auch die Sprache von ihrem antiquierten Sockel stößt: „Gehe fort und sündig nicht mehr!“ heißt es im Evangelium. „Geh und tu es nie wieder!“ sagt Jesus im Kindesalter.

Kindern die Sorge genommen

Apropos Kinder: Sie hatten sich im Vorfeld Sorgen gemacht, dass dem Hauptdarsteller möglicherweise wirklich Schmerzen zugefügt würden. Daher gab es eigens eine Talk-Runde mit Jesus und ihnen. Die Peitschen sind nicht echt, die Striemen nur aufgemalt, die Dornenkrone ist stumpf und trägt innen einen weichen Saum. Das Blut, das vom Kopf rinnt, kommt aus kleinen Beuteln, die bei leichtem Druck aufplatzen. Und am Kreuz gibt es Ringe zum Festhalten. Man muss es nur erklären. Lasst die Kinder zu mir kommen…

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Bleiben wir bei Jesus – einem Menschen mit Zweifeln. Und bei seinem Darsteller Phillip Mause, der sich anfangs für die Rolle gar nicht bewerben wollte. Der 32-Jährige wächst über sich hinaus – körperlich und mental geht er an die Grenzen. Er spielt den Jesus ohne großen Pathos so, wie Phillip Mause sein würde, wenn er als Jesus auf die Welt gekommen und in diese Situation geraten wäre. Das macht die Figur ungemein authentisch und daher durchlebt das Publikum auch alle Höhen und Tiefen so intensiv mit. „Am Ende, als wir alle auf der Bühne standen und der Beifall losbrach, da konnte ich dann doch die Tränen nicht mehr halten. Vorher bist Du einfach so in der Rolle drin...“ So geht es vielen seiner Mitspieler.

Ein Freilufttheater hat keinen Vorhang und daher kommt der Musik eine besondere Bedeutung zu. Der Hildesheimer Komponist und Musiker Stefan Wurz hat eine Art Soundtrack geschrieben, der mit den Bautz’schen Cinemascope-Bildern auf 90 Meter breiter Bühne eine unglaubliche Symbiose eingeht. Mal klingt es wie aus einem monumentalen Sandalenfilm, mal orientalisch schön oder dissonant schrill, aber immer fernab jeder Mystik. Gänsehaut pur ist angesagt, als das ganze Volk bei der Kreuzigung das Passionslied „O Haupt voll Blut und Wunden“ anstimmt, das Wurz während des Kreuzwegs musikalisch unter die Haut gehend durch alle Tonarten und -geschlechter dekliniert.

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Prälat Thomas Dornseifer, während der Bischofs-Vakanz in Paderborn ständiger Vertreter des Diözesan-Administrators, hat die Spielzeit am Sonntag offiziell eröffnet. Man wisse nicht, wie Jesus ausgesehen habe. Die Geschichte von ihm auf einer Bühne zu erzählen, trage dazu bei, sich mit ihm zu beschäftigen, sich ein Bild zu machen und sich zu fragen, was Jesus für jeden einzelnen in seinem Alltag bedeutet. Die Inszenierung in Hallenberg hat ihn sichtlich berührt. „Hier, genau hier hat es mich getroffen“, sagt er und klopft mit der rechten Hand aufs Herz. Dann sagt er lange nichts. Stille.