Brilon/Meschede/Düsseldorf. Die Razzia bei einem HSK-Polizisten schlägt Wellen bis Düsseldorf. Der Beamte soll ein Reichsbürger sein. Nun äußert sich das Innenministerium.
Der Polizei-Beamte aus dem HSK, der im Verdacht steht, der Reichsbürger-Szene anzugehören, war als uniformierter Schutzmann im Streifendienst im Hochsauerlandkreis tätig und hatte keine Führungsverantwortung. Dies teilte am Freitag (19. Mai 2023) ein Sprecher des NRW-Innenministeriums in Düsseldorf auf Nachfrage der Westfalenpost mit. Dazu, wie es zu disziplinarrechtlichen Ermittlungen gekommen ist, berichtete Pressesprecher Sebastian Held von der Kreispolizeibehörde in Meschede im Gespräch mit unserer Redaktion: „Der Beamte ist bei Kollegen aufgefallen, die ihren Verdacht daraufhin gemeldet haben.“
Reichsbürgerverdacht bei HSK-Polizei: Hohe Hürden für Durchsuchungsbeschluss
Die Anhaltspunkte müssen dabei offenbar schon konkret und die Vorwürfe recht massiv gewesen sein, denn sonst hätte die Kreispolizeibehörde Hochsauerlandkreis im Rahmen ihrer dienstrechtlichen Ermittlungen beim zuständigen Verwaltungsgericht in Münster sicherlich keinen Durchsuchungsbeschluss für die Wohn- und Diensträume des Beamten erwirken können.
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Nur wenn als mögliches Ergebnis des Verfahrens die Entfernung des Landesbeamten aus dem Dienst oder eine Degradierung aufgrund des dienstrechtlichen Vergehens in Aussicht stehen, genehmigten die verantwortlichen Richter eine solche Maßnahme, teilte ein Sprecher des Verwaltungsgerichts in Münster mit.
Der Beamte aus dem „Gehobenen Dienst“ sei seit September 2022 bei der Polizeibehörde des Hochsauerlandkreises beschäftigt und in einer der sieben Wachen im Bereich der „Gefahrenabwehr“ eingesetzt gewesen, hieß es seitens des Innenministeriums.
Und weiter wörtlich: „Der Polizeibeamte, der unter dem Verdacht steht, der Reichsbürger-Szene anzugehören, hat über eine einfache Sicherheitseinstufung auf der Ebene ‚Verschlusssache nur für den Dienstgebrauch‘ (VS-NfD) verfügt. Dies ist die unterste von insgesamt vier Geheimhaltungsstufen für Behörden. Damit war ihm allerdings der Zugang zu Standardanwendungen möglich, wie dem Vorgangsbearbeitungssystem. Vertrauliche Angelegenheit, die einer höheren Geheimhaltungsstufe als VS-NfD unterliegen, waren ihm nicht zugänglich.“
Reichsbürgerverdacht bei HSK-Polizei: Bislang keine Anhaltspunkte für Straftaten
Ob der Polizist dadurch Zugang zu sensiblen Informationen für die öffentliche beziehungsweise staatliche Sicherheit hatte, ist damit nicht gesagt. Die diesbezüglichen Ermittlungen laufen noch. So ist nicht klar, ob er eventuell relevante Daten an die Reichsbürger-Szene weitergegeben hat.
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„Anhaltspunkte für eine Straftat im Zusammenhang mit dem Reichsbürger-Verdacht sind zum jetzigen Zeitpunkt nicht erkennbar. Es handelt sich derzeit um ein rein dienstrechtliches Ermittlungsverfahren“, betonte der Sprecher des Ministeriums. Eine Nähe zur Ideologie der Reichsbürger löse allerdings stets „Zweifel an der Verfassungstreue“ aus. Gerade diese gehöre aber zu den elementaren Voraussetzungen, um als Beamter tätig zu sein. Die „Staatsdiener“ müssten sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und zu rechtsstaatlichen Prinzipien bekennen und für deren Einhaltung eintreten.
Zu genauem Dienstgrad, Alter und Wohnort sowie familiären Verhältnissen des verdächtigen Polizisten machten Kreispolizeibehörde und Innenministerium „aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes“ keine Angaben.
Reichsbürgerverdacht bei HSK-Polizei: Übergeordnetes öffentliches Interesse
„Disziplinarmaßnahmen sind rein innerdienstliche Angelegenheiten und es werden daher grundsätzlich aufgrund des Schutzes der Persönlichkeitsrechte und der Fürsorgepflicht des Dienstherrn eigentlich keine Auskünfte hierzu erteilt“, erklärten Innenministerium und Kreispolizeibehörde übereinstimmend. Aufgrund des übergeordneten öffentlichen Interesses in diesem Fall weiche man jedoch etwas von dieser generellen Richtlinie ab. Im Übrigen gelte für den Mann bis zum rechtskräftigen Abschluss des Disziplinarverfahrens auch die Unschuldsvermutung.
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In der Polizeibehörde des Hochsauerlandkreises mit ihren sieben Wachen und den dazugehörigen Dienststellen gäbe es aktuell übrigens rund 370 Vollzeitstellen für Polizeivollzugsbeamte und knapp 80 Stellen für zivile Regierungsbeschäftigte, gab die Pressestelle im Gespräch mit der WP bekannt.
Reichsbürgerverdacht bei HSK-Polizei: Seit 2016 bei NRW-Polizei acht Verdachtsfälle
Seit dem Jahr 2017 werden Straftaten der „Reichsbürger-Szene“ im Rahmen einer bundesweiten Statistik zur „Politisch motivierten Kriminalität“ (PMK) erfasst. Danach wurden in den vergangenen sechs Jahren in Nordrhein-Westfalen insgesamt 393 politisch motivierte Straftaten im Zusammenhang mit der Reichsbürger-Szene verzeichnet (Stand: 9. Mai 2023).
„In diesem Zeitraum wurde lediglich eine politisch motivierte Straftat im Zusammenhang mit der Reichsbürger-Szene im Hochsauerlandkreis statistisch erfasst. Für die Stadt Brilon verlief die Auswertung hinsichtlich der oben genannten Kriterien ohne Ergebnis“, so der Sprecher des NRW-Innenministeriums.
Und weiter: „Nach den hier vorliegenden Informationen sind in der Polizei in Nordrhein-Westfalen seit dem Jahr 2016 insgesamt acht Polizeivollzugsbeamte wegen des Verdachts der Zugehörigkeit zur sogenannten Reichsbürger-Bewegung bekannt geworden.“
Der jetzt verdächtigte Beamte aus der Polizeibehörde des Hochsauerlandkreises sei dabei bereits eingerechnet.
In einem Fall sei ein Polizeibeamter in Nordrhein-Westfalen durch ein rechtskräftiges Urteil eines Verwaltungsgerichts bereits aus dem Dienst entfernt worden.
„In den übrigen Fällen gibt es noch keine rechtskräftige Entscheidung des Verwaltungsgerichts beziehungsweise die Ermittlungen und insbesondere die Auswertung der Beweismittel dauern noch an.“