Altkreis. Horrorvorstellung: Man bereitet sich auf die Abiprüfung vor. Dann ist sie plötzlich abgesagt. Wie Schüler aus dem HSK auf das Desaster reagieren.

Da sitzt man als Schüler/in zu Hause, bereitet sich gedanklich auf seine Abiturprüfung am nächsten Tag vor. Und dann kommt am Abend vorher die Nachricht: Verschoben! So ist es den Abiturienten und Abiturientinnen in ganz NRW ergangen. „Beim Download der schriftlichen Abituraufgaben für das Zentralabitur hat es am Dienstag eine massive technische Störung gegeben“, schreibt das Schulministerium auf seiner Homepage. Betroffen war der Download für die Grund- und Leistungskursfächer Biologie, Chemie, Ernährungslehre, Informatik, Physik, Technik. Die technische Störung konnte nicht mehr rechtzeitig behoben werden, sodass die für Mittwoch vorgesehenen schriftlichen Abiturprüfungen auf den bisher prüfungsfreien Freitag verschoben werden müssen. Noch am Dienstagabend mussten die Betroffenen flugs informiert werden.

Einige Abi-Prüfungen müssen verschoben werden.
Einige Abi-Prüfungen müssen verschoben werden. © dpa | Silas Stein

Über 30 Schülerinnen und Schüler am Petrinum Brilon betroffen

103 Schülerinnen und Schüler stellen sich in diesem Jahr am Briloner Gymnasium Petrinum den Abiturprüfungen. Von der technischen Panne waren knapp über 30 betroffen, die sich auf je einen Leistungskurs Physik und Bio und auf zwei Bio-Grundkurse verteilen. Das Ganze sei ärgerlich, sagt Schulleiter Johannes Droste, müsse aber auch mit Augenmaß betrachtet werden. Wo Technik zum Einsatz komme, könne man solche Störungen nun mal nicht ganz ausschließen. Was ihn ärgert: „Wir Schulen müssen für alle Eventualitäten einen Notfallplan vorhalten oder Alternativen entwickeln. Dass das Ministerium für so einen Fall keinen Plan B hat, ist schwer nachvollziehbar.“Seit 2007 gibt es in NRW das sogenannte Zentralabitur. Vorher mussten die Fachlehrer an jeder Schule selbst die Prüfungsaufgaben erarbeiten. „Das war für alle Pädagogen sehr aufwändig. Man hat in den Weihnachtsferien an den Aufgaben gesessen. Dann mussten bis zu drei verschiedene Prüfungsthemen bei der Bezirksregierung eingereicht werden. Streng festgelegte Kriterien waren zu erfüllen. Eine Fachkommission hat das Ganze geprüft. Und wenn zum Beispiel bei Latein ein Text 134 Wörter hatte, aber nur 132 erlaubt waren, dann kam die Aufgabe zurück“, erinnert sich Droste. Seiner Meinung nach hat das zuletzt angewandte Download-Verfahren durchaus Hand und Fuß, sei durch mehrere schulspezifische Pass- und Kennwörter auch gut geschützt und daher sicher. „Dass es durch diese Panne für die Schülerinnen und Schüler eine gewisse Mehrbelastung gibt, sehe ich ein. Aber wir werden alle emotional unterstützen, wo wir nur können und für eine angenehme Prüfungssituation sorgen.“

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Marsberger Schulleiter über Informationspolitik erzürnt

In Marsberg am Carolus Magnus Gymnasium konnten die Aufgaben zwar runtergeladen werden, aber die Prüfungen können trotzdem noch nicht stattfinden. Mehr als 30 Schülerinnen und Schüler sind von der Verschiebung betroffen, mit den Grund- und Leistungskursen der Fächer Biologie und Physik. „Am schlimmsten daran sind nicht die technischen Probleme, so etwas kann passieren“, erklärt Schulleiter Dr. Markus Bohnensteffen. „Was mich am meisten erzürnt, ist die Informationspolitik.“ Immer wieder sei man per Email vertröstet worden am Vortag, unter Nennung von Uhrzeiten, an denen es mehr Informationen geben sollte und die nicht eingehalten wurden.

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„Abends um 20:30 Uhr wurde man dann endlich per Mail informiert und da hieß es dann direkt auch, dass man unverzüglich alle Betroffenen informieren soll. So geht man doch nicht mit Menschen um.“ Der Organisationsaufwand, den diese Verschiebung verursacht, sei enorm gewesen. „Und dabei sind wir nur eine kleine Schule. Ich denke, ich spreche für alle betroffenen Schulleitungen und das Kollegium, wenn ich sage, dass ich mir von der Informationspolitik etwas anderes gewünscht hätte.“

Silas Nuesken ist Abiturient am Carolus Magnus Gymnasium Marsberg und hätte am Mittwoch seine Abschlussprüfung im Leistungskurs Biologie absolviert: „Ärgerlich ist nur, dass ich morgen die nächste Prüfung schreibe und die Reihenfolge sich nun verschiebt, die war vorher besser. Problematisch ist daran am meisten, dass ich wegen der Terminverschiebung ein Vorstellungsgespräch absagen und verschieben muss. Technische Fehler können immer passieren, viel schlimmer finde ich, dass es keine Alternative gab.“ Aber er gehe damit locker um: „Ändern kann man es ja nicht, das muss man dann hinnehmen.“

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Geschwister-Scholl-Gymnasium

Am Geschwister-Scholl-Gymnasium sind von der Verschiebung 13 Schülerinnen und Schüler aus dem Chemie-Leistungskurs sowie 20 aus drei Biologie-Grundkursen betroffen. Die diesjährige Abiturientia umfasst 85 Schüler. Nach anfänglichen Startschwierigkeiten hatte dort der Download der Abitur-Aufgaben gegen 14 Uhr im Gegensatz zu vielen anderen Gymnasien noch geklappt, berichtet Schulleiter Ulrich Cappel. Die weiteren Vorbereitungen wie Auswahl und Vervielfältigung konnten somit planmäßig laufen. Es hätten sich dann jedoch die landesweiten Probleme abgezeichnet, so dass ab ca. 15.30 Uhr diverse Mails vom Schulministerium gekommen seien, dass an der technischen Störung gearbeitet werde und eine Entscheidung hinsichtlich der Prüfungen noch offen sei. Diese Unsicherheit hielt bis in den Abend an, bis um 20.32 Uhr die Mail mit der Absage des Prüfungstages und der Verschiebung einging. Ulrich Cappel informierte daraufhin direkt die Abiturienten über die Lernplattform Webuntis und das Lehrer-Kollegium per eMail: „Für die Schülerinnen und Schüler tut es mir leid, da sie sich zeitlich auf den heutigen Termin eingestellt und entsprechend vorbereitet haben; jetzt sind sie vermutlich einen Tag mehr aufgeregt ... deshalb drücke ich die Daumen doppelt so fest!“

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Aufsichtspläne erneuert

Heute stehen im Gymnasium nun erst einmal die Vorbereitungen und auch der neue Download für die Prüfungen am morgigen Donnerstag an. Für Freitag mussten die Aufsichts- und Vertretungspläne erneuert werden. Sofern es nicht kurzfristig noch andere Aufgaben für diesen Tag geben sollte, seien die Vorbereitungen für diesen Ersatztag abgeschlossen, so Cappel. „Technische Probleme können auftreten“, sagt er, „ärgerlich ist allerdings die späte Entscheidung, die dann den Schülerinnen und Schülern noch mitgeteilt werden musste. Gut, dass wir digital so aufgestellt sind, dass ich alle per WebUntis schnell informieren konnte. Vor einigen Jahren hätten wir vermutlich noch eine Telefonkette bilden müssen.“

Für Lara Welticke aus Deifeld wären heute mit Biologie als drittem Abi-Fach die Abitur-Prüfungen gestartet. Die Verschiebung hat sie sehr getroffen, schildert sie ihre momentane Gefühlslage: „Normalerweise bin ich vor Klausuren oft sehr nervös. Aber gestern war ich entspannt, weil ich das Gefühl hatte, alles gemacht zu haben und auf den Punkt gut vorbereitet zu sein. Heute gucke ich dauernd auf die Uhr und überlege, wie es wäre, jetzt in der Klausur zu sitzen. Ich hätte sie gerne heute hinter mich gebracht, um den Kopf für die nächsten Fächer frei zu bekommen.“

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Ab Dienstagnachmittag häuften sich Nachrichten, dass es Probleme mit dem Download der Klausuren geben sollte. Aber dass sie wirklich verschoben werden könnten, haben Lara Welticke und ihre Mitabiturienten da noch nicht geglaubt. Abends wurde es jedoch Gewissheit, als Schulleiter Ulrich Cappel persönlich alle betroffenen Schüler informierte, dass das Schulministerium die Verschiebung angeordnet habe. Die meisten Klassenkameraden ärgern sich über die unvorhergesehenen Turbulenzen, hat Lara Welticke den Eindruck.

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Für einige steht zudem am morgigen Donnerstag die erste Leistungskurs-Klausur an, so dass sie sich jetzt erst darauf konzentrieren und am Freitag den Fokus wieder auf Biologie richten müssen. Einige andere Mitschüler würden sich jedoch auch über die zwei unerwarteten Tage freuen. Sie selber will die Zeit nutzen, sich in Biologie nochmal alles durchzulesen und Musteraufgaben zu lösen, aber sich parallel auch auf ihre anderen Fächer Mathe, Englisch und Geschichte vorzubereiten: „Ich muss jetzt eben das Beste aus der Situation machen.

Zuckerfest am Freitag

Ein Klassenkamerad aus dem Chemie-Leistungskurs hat die Nachricht der Klausur-Verschiebung dagegen sehr entspannt aufgenommen: „Ich habe erst vor vier Tagen angefangen zu lernen und gemerkt, dass ich noch nicht ganz fit bin. Von daher freue ich mich über die zwei zusätzlichen Tage und werde sie nutzen. Leid tut es mir für die muslimischen Schüler, die am Freitag Zuckerfest haben.“