Brilon. Da ist noch Luft nach oben: Erst 52 Prozent der Sauerländer haben die Grundsteuererklärung gemacht. Was passiert, wenn die Daten nicht vorliegen?
Anscheinend lautet die Devise „Aussitzen!“ oder „Endspurt auf den letzten Metern!“ Bis zum 31. Januar – und das ist schon die Fristverlängerung – muss auch jeder Sauerländer, der Wohneigentum oder Grundbesitz hat, eine Grundsteuererklärung abgeben. NRW-weit müssen 6,7 Millionen Grundstücke und Betriebe der Land- und Forstwirtschaft auf Grund der Grundsteuerreform neu bewertet werden. Anfang dieser Woche lag die landesweite Rücklaufquote der Erklärungen bei 57 Prozent (3,8 Millionen) – beim Finanzamt Brilon waren es 52 Prozent (26.200), also gerade mal etwas mehr als die Hälfte.
Uralte Einheitswerte
Streng genommen nutzt kein Hinauszögern oder Abwarten: Aus der Nummer kommt kein Hauseigentümer heraus. Wer ein Gebäude oder ein Grundstück besitzt, muss dafür eine Grundsteuer an seine Gemeinde entrichten. Die bisherigen Berechnungsgrundlagen dafür basieren aber auf sogenannten Einheitswerten, die in Westdeutschland aus 1964 stammen und in Ostdeutschland sogar auf Daten von 1935 beruhen. Sehr alt und außerdem ungerecht. Deshalb hat jeder Eigentümer/jede Eigentümerin bereits im Frühjahr von seinem zuständigen Finanzamt die Aufforderung bekommen, Angaben zum Besitz zu machen - auch im Altkreis Brilon. Bis Oktober sollten die Daten vorliegen; doch wegen der geringen Rücklaufquote gab es die Verlängerung.
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Eine Verlängerung der Verlängerung dürfte aber schwierig werden. Dazu Wilfried Apitz, Dienststellenleitung des Finanzamtes Brilon, auf Nachfrage: „Die Frist zur Abgabe der Grundsteuererklärung endet am 31. Januar 2023. Die Voraussetzungen zur Gewährung einer Fristverlängerung sind für alle Eigentümer/innen gleich. Erforderlich ist ein begründeter Antrag bei dem zuständigen Finanzamt. Über die Gewährung einer Fristverlängerung entscheidet das Finanzamt unter Berücksichtigung der vorgetragenen Gründe nach pflichtgemäßem Ermessen.“ Werde der Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht mitgeteilt, werde an die Abgabe der Erklärung erinnert bzw. gemahnt. Sei dies erfolglos, habe die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen. Daneben könne ein Verspätungszuschlag erhoben oder ein Zwangsgeld festgesetzt werden, so Apitz weiter.
Nicht bei Kommunen nachfragen
Es gibt aber auch die „braven“ Bürger, die ihre Hausaufgaben längst gemacht, inzwischen ihren Bescheid bekommen haben, sich aber nun verunsichert an ihre Kommune wenden, weil sie wissen möchten, was sie denn nun tatsächlich künftig an Steuern für Haus und Hof zu entrichten haben. Die Nachfrage macht allerdings wenig Sinn: Wilfried Apitz: „Der von den Finanzämtern neu berechnete Grundsteuerwert sowie der Grundsteuermessbetrag haben noch keine Aussagekraft über die zu zahlende Grundsteuer. Die Kommunen setzen ab 2024 zunächst die neuen Hebesätze fest und berechnen dann mit diesen die zu zahlende Grundsteuer. Grundsteuerzahlungen nach neuem Recht sind erst ab dem 1. Januar 2025 zu leisten.“
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Die Zahl der Widersprüche gegen bereits verschickte Bescheide, so das Finanzamt Brilon auf Nachfrage, sei „überschaubar“. Eigentümerinnen und Eigentümer erhalten von ihrem Finanzamt übrigens zwei Bescheide: einen Grundsteuerwertbescheid und einen Grundsteuermessbetragsbescheid. Gegen beide Bescheide kann Einspruch eingelegt werden. Apitz: „Der Einspruch ist bei dem zuständigen Finanzamt schriftlich einzureichen. Sie können ihn auch elektronisch über www.elster.de übersenden oder zur Niederschrift erklären. Die Frist für einen Einspruch beträgt einen Monat.“
„Aufkommensneutral“
Das Finanzamt betont noch einmal ausdrücklich, es sei beabsichtigt, die Grundsteuer „aufkommensneutral zu reformieren“. Das Ministerium der Finanzen werde daher sämtliche Kommunen öffentlich über den jeweiligen Hebesatz informieren, der zur Aufkommensneutralität in der jeweiligen Kommune führe. So werde Transparenz darüber ermöglicht, ob seitens der Kommune mit den Hebesätzen Steuern gesenkt, erhöht oder gleich gelassen werden. Für den Grundstückseigentümer bedeutet dies, dass die zu zahlende Grundsteuer sinken, steigen oder gleichbleiben kann.
Hotline bei Fragen ist geschaltet
Der Dienststellenleiter des Briloner Finanzamtes, Wilfried Apitz, verweist noch einmal darauf, dass die Finanzämter in NRW die Bürger/innen bei allen Fragen zur Abgabe der Grundsteuererklärung unterstützen: „Die Hotline unseres Finanzamtes ist montags bis freitags von 9 bis 18 Uhr unter 02961 788-1959 erreichbar, die digitale Info-Plattform der Finanzverwaltung unter www.grundsteuer.nrw.de ist rund um die Uhr erreichbar.“
Die Plattform unterstütze jeden mit ausführlichen Klick-für-Klick-Anleitungen und Erklär-Videos, die Schritt für Schritt durch die Eingabefelder in ELSTER führen. Außerdem stehen Check-Listen bereit, die eine Übersicht der benötigten Daten liefern und Hinweise geben, wo diese zu finden sind.
Die digitale Abgabe der Grundsteuererklärung ist über das Online-Finanzamt ELSTER (www.elster.de) möglich.
Ein Tipp: Wer noch kein eigenes Benutzerkonto bei ELSTER hat, kann die Erklärung auch über den ELSTER-Zugang von nahen Angehörigen abgeben. Besitzen beispielsweise die Kinder ein Benutzerkonto, können die Eltern dieses mitnutzen.
Die Abgabe mit ELSTER bietet viele Vorteile: Die Erklärung kann sicher, kostenlos und ganz ohne Papier beim zuständigen Finanzamt abgegeben werden. Außerdem überprüft ELSTER vor Versand ans Finanzamt die fertige Erklärung auf Vollständigkeit und Plausibilität.
Viele Steuerzahler scheinen wirklich auf den letzten Drücker tätig zu werden. Denn immerhin: Die Abgabezahlen haben sich in den vergangenen Wochen vervierfacht“, erklärt Wilfried Apitz. „Wir merken es ganz deutlich, dass der Grundsteuer-Endspurt begonnen hat. Mein Aufruf an alle Grundstückseigentümerinnen und Grundstückseigentümer: Geben Sie jetzt Ihre Grundsteuererklärung ab. Am Dienstag, den 31. Januar 2023, endet die Frist.“