Hochsauerland/Usseln. In „Thorstens Käfergarage“ in Usseln kommen nicht nur Nostalgiker ins Schwärmen. Wir suchen ganz persönliche VW-Käfer-Erlebnisse unserer Leser!

Es ist ein Kult-Auto. Es ist d a s Produkt der Nachkriegszeit, das für Neubeginn und Aufschwung steht: der VW-Käfer. Am 19. Januar 1978 – also nächsten Donnerstag genau vor 45 Jahren – endete die Karriere des beliebten Wirtschaftswunder-Autos auf unserem Kontinent. An diesem Tag lief das letzte in Europa produzierte Fahrzeug mit der Nummer 1.182.034.030 vom Band. 2,3 Millionen „Knutschkugeln“ waren damit allein in Emden gebaut worden, mehr als 21 Millionen waren es weltweit. Danach wurde der Käfer noch bis 2003 in Mexiko hergestellt. Wenn es jemanden gibt, dessen Leben das charismatische und charakterfeste Vehikel nachhaltig verändert hat, dann ist das Thorsten Lenzner aus dem benachbarten Willinger-Ortsteil Usseln.

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Thorsten Lenzner in seiner Käfergarage in Usseln: Wer so ein Auto bei ihm kauft, der hat ein Gefühl für Nostalgie, Wertbeständigkeit und Wertschätzung.
Thorsten Lenzner in seiner Käfergarage in Usseln: Wer so ein Auto bei ihm kauft, der hat ein Gefühl für Nostalgie, Wertbeständigkeit und Wertschätzung. © WP | Thomas Winterberg

Eintauchen in eine andere Welt

Tor auf, eintauchen in eine andere Welt. Hier stehen sie. Lauter Oldtimer. In „Thorstens Käfergarage“ scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Ein feuerroter Käfer blinkt und blitzt, als käme er gerade erst aus der Lackiererei. Dabei hat er schon Jahrzehnte auf dem Buckel. Ihm gegenüber erwärmt das runde Scheinwerfer-Lächeln eines aquamarin-blauen Sondermodells die kühle, nach Öl und Schmierstoff duftende Werkstatt-Atmosphäre: Eine „Ultima-Edicion“, die aus Mexiko über Hamburg nach Usseln gekommen ist. Davon gibt es weltweit nur 1500 Stück.

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Noch in Originalfolie verpackt

Die Sitze des Wagens sind noch in Originalfolie eingepackt. Im Innern riecht es unverändert ganz neu - nach luftgekühlter Abenteuerlust auf vier Rädern. Der Wagen wurde noch nie bewegt. „Ich werde ihn auch nicht fahren. Das ist für mich eine Art Heilige Kuh.“

Wir suchen Ihre persönlichen Käfer-Erinnerungen

Der VW-Käfer weckt nostalgische Gefühle. Bei denen, die ihn selbst gefahren haben und bei denen, die auf der Rückbank geschlafen haben, während der Käfer Richtung Gardasee fuhr. Welche Erinnerungen haben Sie an den VW-Käfer? War es ein Cabriolet oder eine geschlossene Variante? Wie haben Sie die Fensterscheiben frei bekommen, wenn mal wieder die Heizung muckte oder Feuchtigkeit ins Innere kam? Zum Jahrestag am kommenden Donnerstag wollen wir Ihre Erinnerungen veröffentlichen. Schicken Sie uns bitte Fotos und schreiben Sie kurz Ihre schönsten oder skurrilsten Momente mit der Knutschkugel auf. Vergessen Sie nicht, uns Ihren Namen und ihren Wohnort zu nennen. Sie können uns mailen an
brilon-wp@funkemedien.de oder ihre Geschichten auf unserer facebookseite erzählen. Wir sind sehr gespannt!

Thorsten Lenzner - Jahrgang 1968 – ist nicht selbst als Autofahrer mit dem Käfer aufgewachsen. Über seine Passion des Modellbaus und durch sein Schrauber-Gen ist er irgendwann völlig fasziniert bei der Kult-Kugel gelandet. „Alles, was man selber machen kann, reizt mich. Das ist doch viel spannender als kaufen. Und ich wollte immer gern ein Auto, das ich nach meinen Vorstellungen stylen und dauerhaft erhalten kann“, sagt der gelernte Einzelhandelskaufmann im Bereich Raumausstattung. Lenzner hat sich darauf spezialisiert, möglichst Fahrzeuge aus erster oder zweiter Hand wieder aufzubereiten und auf die Straßen zu bringen. „Die gibt es kaum noch. Man muss schon gucken.“ Was als pures Hobby begann, ist seit 1995 sein Hauptberuf.

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„Schauen Sie sich den Motor an. Einfach phänomenal“, sagt Lenzner und öffnet die halbrunde Heckklappe, wo bekanntlich der Käfer-Antrieb sitzt. „Vom Prinzip her hat sich an der Technik nie etwas verändert. Die ist in den 30-er Jahren konstruiert worden.“ Man könne alles selber ausbauen, austauschen, reparieren, einbauen. Auch die Qualität der Ersatzteile sei sehr gut, weil man wisse, dass Käfer-Liebhaber bereit seien, für ein gutes Produkt auch einen angemessenen Preis zu zahlen. „Hier zum Beispiel ein Motor mit zwölfhundert Kubik und 30 PS. Der verbraucht vielleicht sechseinhalb Liter“, lässt Lenzner die Motorklappe wieder zuschnacken. „Der Käfer ist für mich der Inbegriff der Nachhaltigkeit. Es geht hier um Wertschätzung. Heutzutage werden Neuwagen bestellt, geleast, finanziert und kaum noch jemand weiß, was das Auto tatsächlich kostet. Und nach wenigen Jahren werden sie wieder verkauft und bald verschrottet. Wenn so ein Käfer dreißig, vierzig Jahre unterwegs ist, dann ist das an Nachhaltigkeit nicht zu überbieten. So etwas hat Bestand.“

Achtung, Motor ist hinten beim Käfer!
Achtung, Motor ist hinten beim Käfer! © WP | Thomas Winterberg

Viele Käfer-Kunden, so die Erfahrungen des Fachmanns, verknüpfen ausgesprochen positive Erinnerungen mit ihrem Auto. Der erste Ausflug mit der Freundin ins Grüne, der erste Urlaub in Italien, der erste Familienurlaub in den Bergen oder an der See. „Ich habe einen Kunden, der ist über 80 Jahre alt. Er fährt noch seinen ersten Käfer. Es ist der dritte Motor und er hat mit dem Auto 500.000 Kilometer gefahren. Eine Familie hat mir neulich geschrieben: ,Wir hatten zweieinhalb Wochen Urlaub, waren vierzehn Tage auf Fernreise. Aber die schönste Zeit waren die drei Tage Spritztour mit unserem Käfer zu Hause. Ein anderer Kunde hat gesagt: Ich will ein einfaches und solides Auto. Mein Neufahrzeug blinkt hier, mahnt und tutet da, hat zig Assistenten und sehr viel Technik. Das macht mich verrückt. Ich will einfach nur fahren‘.“

Verkaufsübergabe ist eine Zeremonie

Wenn Thorsten Lenzner ein Auto verkauft, dann ist die Übergabe eine Zeremonie. „Viele Menschen lernen nicht mehr, ihr Herz an einen Gegenstand, an eine Sache zu hängen. Sie kaufen nicht mit dem Gedanken, etwas lange zu erhalten oder zu vererben. Das ist hier ganz anders. Wer zu mir kommt und einen Käfer haben will, ist ein ganz normaler Durchschnittsbürger, der aber mit den Emotionen dabei ist. Ich weiß: Dieses Auto verlässt die Familie nicht mehr. Manche bekommen eine Gänsehaut, wenn sie hier aus der Garage fahren. Ich dann auch. Und nicht wenige geben ihrem Auto sogar einen Namen. Ich glaube, es ist ein Familienmitglied, das in der Garage wohnt.“

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Wer heute noch (oder wieder) einen Käfer besitzt und gut erhalten hat, konnte sein Geld nicht besser anlegen. „Es hängt natürlich immer vom Zustand ab. Aber ein VW-Cabrio, das einmal 17.000 Mark gekostet hat, ist heute sicherlich gut und gern 30.000 Euro wert – also das Dreieinhalbfache.“

Und läuft, und läuft

Aber wer spricht bei diesen Liebhaberobjekten vom Geld. Für Thorsten Lenzner haben die Autos nicht nur Charakter, sondern auch Seele. „Ein Käfer kann ein Glücksbringer sein – für mich ist das so. Und ich hoffe, dass jeder meiner Kunden und jeder Käfer-Fahrer diesen Spaß ebenso empfindet wie ich.“ Legendär ist übrigens der Slogan „Und läuft und läuft und läuft …“, mit dem der Volkswagen-Konzern jahrelang Werbung für den Käfer machte. Der Hersteller hat recht.