Hochsauerland/Brilon. Wenn die Energieversorgung kollabiert, muss die Justiz handlungsfähig sein. Die Polizeiwache Brilon spielt in Notfallplänen eine tragende Rolle.

Selbst im schlimmsten Fall der Fälle, wenn die Energieversorgung zusammenbrechen sollte, würde die Justiz handlungsfähig bleiben. Der Bezirk des Landgerichts Arnsberg würde dann Krisen-Bereitschaftsdienste einrichten und in drei Bereiche aufgeteilt: in den HSK-Ost, Süd und Nord. Das Teilgebiet „Ost“ wäre für die Amtsgerichtsbezirke Brilon, Marsberg und Medebach zuständig und hätte seinen Sitz in der Polizeiwache Brilon. Die anderen beiden Bezirke würden auch in Polizeiwachen Stellung beziehen: Süd in Arnsberg-Hüsten, Nord in Soest.

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Das Landgericht in Arnsberg. Dort sollen die Sanierungsarbeiten in Zusammenhang mit Asbest im Januar abgeschlossen sein. Wegen Corona hatte es auch zahlreiche Schutzmaßnahmen gegeben, die umgesetzt werden mussten.
Das Landgericht in Arnsberg. Dort sollen die Sanierungsarbeiten in Zusammenhang mit Asbest im Januar abgeschlossen sein. Wegen Corona hatte es auch zahlreiche Schutzmaßnahmen gegeben, die umgesetzt werden mussten. © Thomas Winterberg

Grundaufgaben sicherstellen

„Zumindest die Grundaufgaben könnten so sichergestellt werden, damit zum Beispiel die Rechtspflege nicht ganz zum Erliegen kommt“, sagte Landgerichtssprecher und Richter Dr. Alexander Brüggemeier im Rahmen eines Jahresrück- und Ausblicks. Von der Polizeiwache aus – die technisch entsprechend u.a. mit Notstromaggregaten und Fahrdienst vorbereitet wäre – würde dann ein Notfall-Team arbeiten und sich zum Beispiel um Einweisungen für die Unterbringung von Menschen in einer psychiatrischen Anstalt oder um eilige Haftsachen kümmern können.

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Apropos Strafverfahren: Die Zahl der Verfahren, die 2022 in erster Instanz in den drei Großen Kammern des Landgerichts Arnsberg verhandelt wurden, hat sich mit 70 Prozessen nahezu auf dem Vorjahresniveau eingependelt. 2021 waren es 69, im Jahr 2020 exakt 62 und 2019 lediglich 53. Von diesen Verfahren standen 23 in einem Zusammenhang mit Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz. 13 hatten Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung zum Gegenstand; 11 der Verfahren wurden wegen Raubes bzw. räuberischer Erpressung durchgeführt. Zudem wurden 2022 drei Strafverfahren in Wirtschaftssachen verhandelt. In den 70 Prozessen sind auch noch Fälle aus dem Vorjahr enthalten. Neu eingegangen sind bis Anfang Dezember in 2022 allein 66 erstinstanzliche Strafsachen.

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Versuchter Mord

Verhandlungen vor dem Schwurgericht gab es nur zwei. Was vor dem Schwurgericht landet, hat mit Kapitalverbrechen zu tun: es geht u.a. um Mord, Totschlag oder Körperverletzung mit Todesfolge. Bei einem der beiden Prozesse in 2022 ging es um versuchten Mord. Vielen dürfte der Vorfall vom 7. März 2022 noch in Erinnerung sein. Ein 53-jähriger Angeklagter aus Brilon soll - so die schlussendliche Auffassung des Gerichts - sein Auto absichtlich in den Gegenverkehr gesteuert haben, um seine von ihm getrennt lebende Ehefrau, seinen Sohn und den neuen Lebensgefährten der Frau zu töten. Der Mann wurde zu einer Haftstrafe von 14 Jahren verurteilt. Der andere Fall spielte sich in einem Obdachlosenheim in Warstein ab.

Immer mehr Berufungsverfahren

Deutlich gestiegen ist im ablaufenden Jahr die Zahl der Berufungsverfahren. „Warum das so ist, können wir nicht wirklich erklären“, sagt Dr. Brüggemeier. Vielleicht leisten sich immer mehr Menschen eine Rechtsschutzversicherung und scheuen daher den Gang in eine zweite Runde auch finanziell nicht. Aber das ist lediglich Spekulation. Jedenfalls wurden 2022 insgesamt 217 Berufungsverfahren gegen amtsgerichtliche Strafurteile durchgeführt. Zum Vergleich: 2021 (161 Verfahren), 220 (159). Neu eingegangen sind bis zum 1. Dezember 255 Verfahren.

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Diesel-Skandal

Im Zivilbereich sind die Eingangszahlen der erstinstanzlichen Verfahren rückläufig. Bis zum 1. Dezember sind 1206 neue Verfahren eingegangen. 2021 waren es 2000 und 2020 waren es 1793. Verhandelt wurden in diesem Jahr 1478 (auch hier sind Fälle aus dem Vorjahr darunter). Der Rückgang hat hier einen nachvollziehbaren Hintergrund. Die Zahl der Verfahren im sogenannten Diesel-Skandal geht zurück. Insgesamt waren es von 2015 bis jetzt 2098 Verfahren, von denen jetzt noch 79 anhängig sind. Allein gegen VW waren es in dem Zeitraum 1626 Verfahren; 35 sind übriggeblieben. Dr. Brüggemeier: „Da erfahrungsgemäß zur Wahrung von Verjährungsfristen viele Klagen im Dezember eingehen, ist generell bei Zivilverfahren noch mit einem Anstieg zu rechnen.“