Brilon/Hochsauerland. Wie sich steigende Energiekosten auf den Personennahverkehr auswirken und warum man beim Busfahren im Winter die Temperatur nicht senken kann.
Das 9-Euro-Ticket hat auch den heimischen Verkehrsbetrieben zu vielen neuen Kunden verholfen. Gezeigt hat sich außerdem: je einfacher die Tarifstruktur, desto größer die Akzeptanz. Mittelfristig wird auch die Regionalverkehr Ruhr-Lippe GmbH immer mehr Augenmerk auf alternative Antriebe ihrer Verkehrsmittel legen. All das hat André Pieperjohanns, Geschäftsführer der RLG, im Kreis-Ausschuss für Wirtschaft, Struktur, Digitalisierung und Tourismus erläutert.
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Mehr als 17.000 Tickets verkauft
Das 9-Euro-Ticket war ein einmaliges und auf die Monate Juni, Juli und August begrenztes Sonderangebot, das deutschlandweit in Bussen und Bahnen im Nah- und Regionalverkehr galt. Bund und Länder haben sich mittlerweile auf ein monatlich kündbares 49-Euro-Ticket geeinigt - der Startpunkt ist noch offen. Allein im Geschäftsbereich der RLG wurde das 9-Euro-Ticket 17.100 Mal verkauft. „Nicht zuletzt in Anbetracht der Energieknappheit wird der Öffentliche Personennahverkehr auf Dauer eine ganz andere Bedeutung bekommen“, ist sich Hauke Möller, Abteilungsleiter Verkehrsmanagement bei der RLG, sicher und glaubt an einen Bewusstseinswandel.
In Sachen 9-Euro-Ticket hatte die Westfälische Verkehrsgesellschaft mbH (WVG), zu der auch die RLG gehört, eine Umfrage durchgeführt, bei der es um Art und Intensität der Nutzung, um Fahrtzweck und Zufriedenheit ging 4.838 Fragebögen wurden vollständig ausgefüllt, darunter allein 1403 Befragte bei der RLG. Wichtig: Unter allen waren relativ wenige Über-60-Jährige, weil die Erhebung ausschließlich online und via Social Media stattgefunden hatte.
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Vom Einzelpreis zur Pauschale
Für die RLG kam dabei heraus: Der Großteil der Befragten hatte vor Einführung des 9-Euro-Tickets überhaupt kein Abonnement und war nur gelegentlich z.B. mit Einzeltickets unterwegs. 26 Prozent der Befragten nutzten das Ticket zu beruflichen Zwecken, zu Freizeitzwecken kam das Ticket bei 35 Prozent zum Zuge. Berufstätige stellten mit 48 Prozent die größte Nutzergruppe dar. Diese legte mit dem 9-Euro-Ticket am häufigsten Wege zur und von ihrer Arbeit zurück. Als positive Aspekte wurden als erstes der Preis, dann die deutschlandweite Gültigkeit und die Einfachheit im Handling (keine Tarifkenntnisse) genannt. Möller: „Das haben wir auch schon bei Tarifen wie 60-plus-Abo oder dem Azubi-Abo gespürt.“ Bei den Aspekten Verkehrsangebot/Fahrtenhäufigkeit herrschte allgemeine Zufriedenheit. Was Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit sowie Fahrplanauskunft anbelangt, war diese beim Busverkehr etwas höher als mit der Bahn. Möller ist davon überzeugt, dass die Abkehr vom Einzelpreis hin zu einer Pauschal-Lösung auf Dauer der richtige Weg ist.
Diesel um 32 Prozent teurer
Mit bangem Blick verfolgen auch die Verkehrsbetriebe die Entwicklung bei den Spritpreisen. Die Kosten für Diesel stiegen in diesem Jahr um 32 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Aber auch die Strompreise kletterten nach oben: ein Plus von 76 Prozent.
Trotzdem muss auch die RLG langfristig auf alternative Treibstoffe umsteigen. Möller: „Von den RLG-weit aktuell 100 Fahrzeugen sind die ersten vier Zweiachser mit Elektroantrieb bestellt. Wir haben schon ab 2013 den Einsatz der E-Mobilität mit Fahrzeugen verschiedener Hersteller getestet. Der Langerberg war immer eine besondere Herausforderung, die nicht ganz einfach zu meistern war. Von der Reichweite her war jedoch alles überzeugend.“ Aber mit der Anschaffung eines Elektrobusses allein ist es nicht getan. In Sachen Aufladung bedarf es sogenannter Mittelspannungsstationen. Auch das Thema Wasserstoff-Antrieb ist in dem Zusammenhang schon lange keine Zukunftsmusik mehr.
Um im Winter Energie zu sparen, wird es in den Bussen übrigens nicht kälter werden. Hauke Möller: „Wir können die Temperatur in den Bussen nicht herunter regeln. Das würde zu Lasten der Abgaswerte gehen. Das sind alles sehr durchoptimierte Systeme. In den Gebäuden der RLG heizen wir auf maximal 19 Grad; für die Werkstätten wird 16 Grad diskutiert. Unsere Fahrer/innen werden immer wieder auf energiesparende Fahrweise geschult. Mehr geht nicht.“
Eine bundesweite Marktumfrage des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), wonach bundesweit 52 Millionen 9-Euro-Tickets verkauft wurden, ergab, dass dadurch zehn Prozent der Freizeitfahrten mit Pkw ersetzt wurden. Die Verkaufszahlen im ländlichen Raum waren allerdings auch nur halb so hoch wie in städtischen Gebieten. Hauke Möller: „Die Großstadt ist einfach ein Raum, der ÖPNV-affiner ist. Da sind aufgrund der Struktur und der Nachfrage ganz andere Taktungen möglich. Ein richtig großer Wurf ist auf dem Lande nicht finanzierbar.“ Dennoch gebe es ständig weitere Bestrebungen, wie zum Beispiel die Anbindungen an schienenferne Räume zu verbessern und dort kleine Schritte zu machen, wo die Auslastung entsprechend groß ist. Das passiert zum Beispiel zurzeit von Sundern nach Neheim oder von Warstein nach Lippstadt mit Taktverdichtungen und Angebotsausweitungen abends und am Wochenende.
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Auch in Sachen „On-demand-Angebot“ (also ein Angebot auf Abruf) bewegt sich die RLG in Richtung Taxibus 2.0. „Das testen wir zurzeit unter dem Motto „Hellmo“ – also Hellweg mobil. Von 8 bis 12 und von 14 bis 19 Uhr kommt der Taxibus auf Bestellung. Allerdings fährt er nicht bis vor die Haustür; die Fahrgäste müssen dann schon noch an der Haltestelle stehen“, erklärt Möller.
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Tarifanpassungen gibt es immer im August jeden Jahres. Für dieses Jahr hatte es eine Erhöhung um 1,8 Prozent gegeben; für 2023 sind 3,2 Prozent geplant. Das würde für die RLG im Jedermannverkehr Mehreinnahmen von 150.000 Euro und im Ausbildungsverkehr 220.000 Euro bedeuten.