Brilon. Wir verlosen 3 x 2 Karten für die JazzNacht Brilon. Im Interview reden Thomas Haffner und Uli Lettermann über Musik und ihre große Faszination.

Zum 27. Mal wird die Aula des Schulzentrums an der Briloner Jakobuslinde zum besonderen Jazzclub. Am Samstag, 22. Oktober, ab 20 Uhr stehen mit Quintessence und dem Haffner-Trio zwei ganz besondere Formationen mit ihren fantastischen Musikern auf der Bühne. Wolfgang Haffner und Uli Lettermann sprechen im Interview über Systemrelevanz von Musik und die Probleme einer ganzen Branche nach Corona und mitten in einer Inflation.

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Ein Musikfachmann hat mal gesagt: „Nach Corona wird in der Musikszene nichts mehr so sein wie vorher. Wer ist künftig noch so besessen und lernt ein Instrument bis zur Konzertreife, um dann festzustellen, dass er/sie nicht systemrelevant ist. Wir werden mehr Musiklehrer haben, die auf Nummer Sicher gehen, aber keine Solokünstler mehr, die für Ihr Instrument brennen.“ Sehen Sie das ähnlich?

Uli Lettermann: Ich sehe das nicht so. Vielleicht kann man den kurzfristigen Eindruck haben, dass in Krisenzeiten die Menschen mehr auf Sicherheit setzen. Ich erlebe im Studiengang „Populäre Musik und Medien“, in dem ich an der Uni Paderborn unterrichte, genau das Gegenteil: Gerade in schwierigen Zeiten sind junge Menschen mit überwältigendem Engagement dabei, künstlerisch auf sehr hohem Niveau zu arbeiten, obwohl die Zukunftsaussichten gerade nicht rosig erscheinen. Aber vielleicht haben wir Glück: Corona verschwindet, Putin auch, und die Klimakrise ist in den Griff zu bekommen, dann sieht alles plötzlich ganz anders aus und diese Hoffnung teilen viele Menschen, zumindest diejenigen, die noch Zuversicht haben, und Musik gibt ja Zuversicht.

Das Quintessence Saxophone Quintett tritt bei der JazzNacht auf. Rechts im Bild Uli Lettermann.
Das Quintessence Saxophone Quintett tritt bei der JazzNacht auf. Rechts im Bild Uli Lettermann. © wp | Veranstalter

Wolfgang Haffner: Ich denke das entscheidende Kriterium ist, dass man von Musik völlig besessen ist, daraus ergibt sich dann die Notwendigkeit nichts anderes zu machen, egal ob systemrelevant oder nicht.

Noch einmal das leidige Stichwort „Corona“: Man hört sehr oft, dass maximal höchstens zwei Drittel der früheren Konzertbesucher zurück sind, dass Konzertsäle nicht mehr ausverkauft sind. Machen Sie ähnliche Erfahrungen oder liegt es inzwischen auch daran, dass die Menschen mehr aufs Geld schauen müssen? Stellen Sie das auch fest?

Lettermann: Diesen Eindruck kann ich voll bestätigen. Ob nun bei meinen eigenen Konzerten, oder bei Konzerten, die ich selbst besuche, sehe ich viele leere Stühle. Die Gründe sind vielfältig: viele Menschen müssen sich erst wieder vom Sofa entwöhnen, ihre Bequemlichkeit hinter sich lassen. Aber natürlich spielt auch die finanzielle Möglichkeit eines jeden Einzelnen eine zentrale Rolle. Jetzt halten viele das Geld zusammen. Und da fällt die Kultur als erstes durchs Raster. Aber ich hoffe, dass das Bedürfnis nach Live-Erlebnissen zurückkehrt; die Konzertbesucher, die ich in den Konzerten erlebe, sind jedenfalls mindestens so beseelt wie vor Corona.

Haffner: Die Zuschauerzahlen sind oftmals tatsächlich rückläufig, egal ob bei Konzerten, im Theater etc. Allerdings stelle ich fest, dass die Menschen die kommen auch wirklich total Lust auf das Live Erlebnis haben. Die Konzerte der letzten Zeit waren allesamt sehr intensiv!

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In Zeiten knapper Kassen trennen Kommunen sich gerne von sogenannten „freiwilligen Aufgaben“. Gemeint sind dabei kulturelle Einrichtungen: Musikschulen, Theater, Bibliotheken, etc. Bereitet Ihnen das Sorge?

Lettermann: Ja, das bereitet mir große Sorge. Aber ich hoffe, dass alle Entscheider an einem Strang ziehen und durch kluge Kommunikation verhindern, dass es im Kultursektor zu massiven Einsparung kommt.

Haffner: Das ist in jedem Fall keine gute Entwicklung und es bleibt inständig zu hoffen, dass Bildung auf allen Ebenen wieder mehr und mehr gefördert wird! Kultur ist lebensnotwendig!

3 x 2 Karten

Die WP verlost 3 x 2 Karten für die JazzNacht. Wer bis Donnerstag, 17 Uhr, eine Mail mit dem Stichwort „JazzNacht“ an brilon-wp@funkemedien.de schickt, kann gewinnen (Gewinnkarten können nicht gegen bereits gekaufte Karten eingetauscht werden)

Seit über zwei Jahrzehnten ist „Quintessence“ eines der führenden Saxophonensembles seiner Art weltweit. 13 CDs sind bislang entstanden, aber bei ihren Auftritten sorgen die fünf Ausnahmemusiker für grenzenlose Konzerterlebnisse.

Der zweifache ECHO-Jazz-Preisträger Wolfgang Haffner ist der bekannteste deutsche Schlagzeuger und mit 3500 Konzerten in 100 Ländern weltweit erfolgreich. Seine markanten Beats sind auf 400 Alben zu hören u.a. Al Jarreau, Nils Landgren oder Gregory Porter.

Kaufkarten für die weit über die Grenzen des Sauerlandes hinaus beliebte JazzNacht sind im Vorverkauf bei der BWT in Brilon zum Preis von 29 Euro und online unter www.ticket-regional.de (zzgl. Gebühren) erhältlich.

Vier Fragen an Ulli Lettermann: Paderborn ist nicht aus der Welt. Trotzdem: Ist ein Konzert in der alten Heimat Brilon für einen Jungen aus Bigge etwas Besonderes, oder ist es ein Konzert wie viele?

Lettermann: In Brilon, also ganz nah an der alten Heimat zu spielen, ist für mich natürlich etwas Besonderes, weil ich weiß, dass viele alte Bekannte da sein werden. Und wenn man vor denen spielt, die einem ehrlich sagen, wie sie das finden, was man so macht, ist das natürlich immer etwas aufregender als wenn ich im „Ausland“ auftrete.

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2015 waren Sie und Ihr Ensemble Quintessence schon einmal zu Gast bei der JazzNacht in Brilon. Sieben Jahre gehen auch musikalisch nicht spurlose an einem vorüber. Was wird 2022 beim Auftritt anders sein?

Corona hat auch in unserem Ensemble seine Spuren hinterlassen. Die Besetzung hat sich etwas geändert und ich glaube, dass wir hervorragende neue Spieler bei uns haben, und wir musikalisch noch mal einen draufsetzen können. Unser Erfolgsrezept, klassische „Großwerke“ durch ein aktuelle, auch jazzige Brille zu betrachten, bleibt natürlich. So segeln wir weiterhin irgendwo zwischen Klassik, Jazz und Moderne. In Brilon legen wir unseren Schwerpunkt allerdings auf Jazzkompositionen.

Wie viel Spontaneität gibt es noch bei Ihren Konzerten – und wie eingespielt sind Sie und Ihre Musiker?

Gerade in dieser neuen Besetzung ist ganz viel an feinen musikalischen Varianten möglich. Jedes Stück ist jeden Abend anders. Und die improvisatorischen Anteile sind natürlich erst recht immer individuell und entstehen aus dem Moment.

Neben Ihnen und Ihrem Ensemble steht an dem Abend auch das Wolfgang-Haffner-Trio auf der Bühne. Kennt man sich und werden Sie den Auftritt der Gruppe an dem Abend verfolgen oder ist man zu sehr auf sich und seine Performance konzentriert?

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Ich kenne Wolfgang Haffner nicht persönlich, aber natürlich von der Bühne, ich habe ihn schon oft live gesehen. Und ich bewundere seine spielerischen Fähigkeiten und freue mich sehr auf seinen Auftritt, den ich mir selbstverständlich nicht entgehen lasse! Zumal er auch so geniale Mitmusiker bei sich hat.

Vier Fragen an Wolfgang Haffner: Die Liste der Musiker, mit denen Sie gemeinsam gearbeitet haben, würde diesen Platz sprengen. In der Süddeutschen Zeitung war zu lesen, dass Sie jetzt mit Ihrer Dreamband unterwegs sind. Was zeichnet eine „Dreamband“ aus? Gibt es musikalisch so etwas wie blindes Verstehen/Vertrauen?

Haffner: Mit meiner Dreamband war ich im November 2021 auf großer Tournee, das dabei entstandene Live Album erfreut sich großer Beliebtheit, und hat es bis in die deutschen Popcharts geschafft. Derzeit arbeite ich an meinem neuen Album „Silent World“, 2023 wird dann ganz im Zeichen von weltweiten Konzerten meiner neuen MAGIC BAND stehen.

Erlebe ich als Zuhörer, wenn ich in zwei Ihrer Konzerte gehe, unterschiedliche Abende? Wie wichtig ist Ihnen das Feedback des Publikums?

Das Programm an zwei Abenden unterscheidet sich manchmal in Teilen, doch was herauskommt ist immer hundert Prozent Haffner. Ein gelungenes Konzert ist immer dann, wenn Band, Musik und Publikum verschmelzen, insofern ist das Feedback des Publikums immens wichtig.

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Brilon mussten Sie vermutlich erstmal auf der Landkarte suchen. Und in die Aula passen vermutlich weniger Menschen als in die Hamburger Laeiszuhalle. Haben kleinere Räumen einen anderen Reiz?

Die Größe eines Konzertes finde ich gar nicht so entscheidend, ich spiele genauso gerne für 10 Leute wie auch vor tausenden von Menschen, wichtiger ist die Energie zwischen Band und Publikum, und das hat mit der Anzahl der Zuhörer wenig zu tun.

Neben Ihnen tritt die Formation „Quintessence“ auf. Hören Sie sich deren Performance an dem Abend in Brilon auch an oder ist man zu sehr auf seinen Auftritt konzentriert?

Menschen kommen um mich mit meiner Band zu hören, von daher fokussiere ich mich immer komplett auf meine Auftritte, um dann das bestmögliche Konzert zu spielen. Ich freue mich übrigens sehr auf das Briloner Publikum, das Konzert mit ,4 Wheel Drive ‘ habe ich noch in bester Erinnerung.